Textdaten
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Autor: Fr. Schl.
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Titel: Die Perle der Nordsee
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 734–737
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Über die Insel Helgoland
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[734]
Die Perle der Nordsee.
Eine Sommer-Erinnerung.

Wie mächtig wir auch die Anziehungskraft des Südens auf uns einwirken lassen, der Hochsommer, unsere eigentliche Reisesaison, läßt uns dennoch Schatten in den Wäldern, Kühlung in den Fluthen suchen, die wir im schönen Süden kaum finden würden.

„In’s Seebad!“ Das ist zur Sommerszeit das einmüthige Losungswort so Vieler unter den Reiselustigen, daß nur etwa noch die Frage: „In welches Seebad?“ zu entscheiden bleibt.

Helgoland ist doch die Perle unter den Seebädern, und besäße es auch keinen andern Vorzug als seine isolirte Lage mitten in der Nordsee,“ rief ein alter Enthusiast, mit welchem ich an einem sehr unfreundlichen Regentage zu Anfang August dieses Jahres auf dem Verdeck des Dampfers „Cuxhaven“, Capitain Röhrs, die Elbe hinabfuhr. „Kein anderes Seebad bietet uns die Seeluft so rein, so ungemischt, – lesen Sie nur die neue Broschüre des Badearztes Dr. Zimmermann über den Ozongehalt der Helgolander Seeluft!“

Ich lieh dem alten Enthusiasten ein williges Ohr, als er mir diese und noch andere Vorzüge von Helgoland herzählte, als er mich versicherte, daß er seit fast zwanzig Jahren Stammbadegast dort sei, daß sich auf der Insel so Vieles verändert, verbessert und verschönert habe, daß es jetzt schon fast überfüllt dort sein solle, daß aber Herr Müller, der liebenswürdige Besitzer des Hôtel de Krüß, gewiß noch ein kleines Zimmer für ihn und für mich übrig haben werde.

Bald goß der Regen in Strömen vom Himmel. Der Wind blies tüchtig aus Nordost, und noch bevor am äußersten Ende des linken Elbufers das Städtchen Cuxhaven in Sicht kam, wurden von den Stewards, den Schiffskellnern, jene verhängnißvollen Blechgeschirre rings umhergestellt, deren bloßer Anblick schon manche nervenschwache Dame veranlaßt haben soll, dem Gotte Neptun, bevor sie noch seine Domaine – das Meer – erreichte, ein erstes Magenopfer darzubringen.

Achtzig Passagiere befanden sich mit uns am Bord. Einigen war das Wasser schon bei Cuxhaven allzu bewegt; sie verließen das Schiff, um bei ruhigem Wetter mit nächster Gelegenheit die Reise fortzusetzen. Das auf dem Schiffe selbst für den Preis von fünf Thalern gelöste Billet behält in solchem Falle seine volle Gültigkeit.

Die Schilderung der nun folgenden Meeresfahrt mit obligater Seekrankheit möge mir erlassen bleiben! Bald sah man in weitester Ferne den ersehnten Felsen auftauchen; bald schon erkannte man die rothe Farbe des Gesteins, die grünen Grasflächen und Kartoffelfelder des Oberlandes, das blendende Weiß des Dünensandes – roth, grün und weiß, das sind ja die Landesfarben auch dieses Ländchens.

Ein Dutzend Fischerboote umschwärmen den zwischen Fels und Sanddüne ankernden Dampfer, um uns an’s Land zu bringen, wo eine dicht gedrängte Menge unter den Klängen der eben im Musikpavillon am Strande concertirenden Curcapelle uns erwartet. Unvergeßlicher Moment für Jeden, der ihn erlebte, diese Ankunft in Helgoland mit ihrer obligaten „Lästerallée“! So heißt ja das durch stramm gespannte feste Schiffstaue zwar räumlich in Schranken gehaltene, aber im „Lästern“ der Ankommenden nur allzu schrankenlose lebendige Spalier der Curgäste, durch welches jeder neu Ankommende gleichsam Spießruthen laufen muß. Je deutlicher die kaum überwundene Seekrankheit noch aus den trostlosen Zügen des neuen Ankömmlings spricht, um so lebhafter fällt die lästernde Begrüßung aus. „O, wie seekrank!“ ruft man mit wenig Witz und viel Behagen einer alten blassen Dame zu. – „Droschke gefällig?“ rief mir ein „juter“ Berliner entgegen. – „Gewiß, wenn Sie sich vorspannen,“ war meine rasche Antwort.

„Was kommt dort von der Höh’?“ etc., hebt ein Jünger Thaliens an, und in diesen Chor stimmt zum Theil selbst die weibliche Gesellschaft mit ein, um eine über die Landungsbrücke

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Ankunft auf der Düne bei Helgoland.
Nach der Natur aufgenommen von H. Lüders.

[736] noch immer schwankend und wankend dahertaumelnde lange Gestalt zu begrüßen, die von einigen für einen Professor aus Berlin, von Anderen für einen Schauspieler aus Wien gehalten wird.

Ist dieses Fegefeuer der Ankunft überstanden, so sind wir damit zeitweilig eingebürgert unter der Badegesellschaft, und da unsere Siebensachen noch lange nicht, vielleicht erst mit einbrechender Dunkelheit, vom Bord an’s Land geschafft werden, so haben wir die herrlichste Muße, zunächst ein Stübchen zu miethen – für zwei bis drei Thaler die Woche – und alsdann im Restaurant zum „Fremden-Willkomm“ den opferwilligen Magen für die überstandenen Leiden der Seereise durch ein gutes Diner zu entschädigen. Nach dem Mahle credenzt uns „Doris“ im Strandpavillon eine Tasse schwarzen Mocca, und zeitiger als sonst suchen wir heute das Lager auf, um – von der Seekrankheit zu träumen.

„Was für Wetter heute, was für Wind, wann ist Hochwasser?“ das sind folgenden Morgens die ersten Fragen. Gebadet wird gegenüber der Insel, auf der Sanddüne, die bei gutem Weiter mit Segeln in zehn bis fünfzehn Minuten, bei widrigem Winde auf Umwegen, lavirend oder rudernd, in einer halben oder dreiviertel Stunde zu erreichen ist. Die Ankunft daselbst hat unser Zeichner recht hübsch auf einem Bilde veranschaulicht, welches von der Insel selbst freilich nur zur Rechten die äußerste Südspitze erkennen läßt.

In’s Seebad geht man nie mit nüchternem Magen, sondern etwa eine Stunde, oder anderthalb, nach eingenommenem Morgenkaffee. Zwischen neun und elf Uhr ist der größte Andrang, und es gehört oftmals die größte Geduld dazu, das Freiwerden eines noch besetzten und schon wieder auf’s Neue belegten Badekarrens zu erwarten.

Nach dem Bade Strandpromenade oder, lang hingestreckt im warmen Dünensande, ein Luft- und Sonnenbad, wie es schöner und molliger sich nicht denken läßt, und zum Beschluß des Vormittages im Pavillon der Düne ein Gabelfrühstück mit Porter, Ale, oder sonstiger Anfeuchtung auch des inneren Menschen. Bis zur Mittagstafel um drei Uhr fällt dann auch für ein Schläfchen noch Zeit genug ab, wenn etwa bei starkem Wellenschlage die kräftige Wirkung des Bades sich einschläfernd äußern sollte.

Nachdem die Curpflichten den Vormittag absorbirt haben, gehört der Nachmittag und der Abend der Geselligkeit, der Erholung und dem Vergnügen. Die unscheinbaren Morgen-Negligés sind den mannigfaltigsten Toiletten gewichen, und der Anblick einer Table d’Hôte von etwa fünfhundert bis sechshundert Gedecken, an fünf langen im großen Parterresaale des Conversationshauses gedeckten Tafeln, ist an sich schon ein Genuß, ganz abgesehen von der trefflichen Bewirthung daselbst. – Man sitzt volle zwei Stunden zu Tische. Die Zeit hat man ja dazu. Die erste Flasche „Cabarus“ – aller Rothwein, der auf Helgoland verzapft wird, trägt diesen Phantasienamen! – ist manchmal so trinkbar, daß die Sitzung durch eine zweite Flasche verlängert wird; – nur dann nicht, wenn gegen fünf Uhr der erste der drei Signalschüsse ertönt, durch welche die an der Südostseite des Oberlandes aufgepflanzte Batterie uns das einzige Ereigniß des Tages, das Herannahen des Hamburger Dampfers, meldet, wo wir ja mit dabei sein müssen.

Wenn man dann spät Abends auf dem Oberlande, nahe der Kirche, Papa Janssen’s hübschen grünen Garten betritt und die zahlreichen Gäste, um den liebenswürdigen Münchhausen der Insel versammelt, an delicatem neuem Hering mit Pellkartoffeln sich laben und Kulmbacher Bier dazu trinken sieht, so vergißt man einen Augenblick ganz, daß man sich nicht auf dem Festlande befindet, und erst der insulare Bierpreis von sechs Schillingen oder vier und einem halben Groschen für ein sehr kleines Seidel gemahnt uns an die Wirklichkeit, die trotz alledem keine rauhe, sondern eine höchst gemüthliche ist.

Mein Enthusiast auf der Fahrt von Hamburg hierher hatte Recht gehabt: es hatte sich hier Vieles verändert, verbessert und verschönert seit den zwölf Jahren, wo ich die Insel nicht gesehen, und alle diese Veränderungen waren meist erst in neuester Zeit, unter der Aegide des jetzigen Gouverneurs, vor sich gegangen. Wie oft auch das originelle Eiland mit seinen Bewohnern in Monographien und Journalartikeln geschildert worden ist, und wie wenig Neues ich dem Leser bieten würde, wenn ich eine Beschreibung der Insel nach der üblichen Schablone unternehmen wollte: Eines läßt sich nicht todtschweigen, wenn man heutzutage von Helgoland spricht, und das ist die neue Aera dieser Insel, die mit der Person des jetzigen Gouverneurs innig zusammenhängt.

Sie datirt aus dem Jahre 1868. Früher eine dänische Besitzung, kam bekanntlich Helgoland im Jahre 1814 an England. In der dänischen Zeit war die Insel von einem Landvogt und sechs Rathmännern regiert gewesen, und eine kleine Anzahl von Soldaten hatte die executive Macht gebildet. Die Gefängnisse von Schleswig hatten zur Aufnahme der seltenen Verurtheilten gedient. Mit der englischen Besitzergreifung änderte sich Dieses. An die Stelle des dänischen Landvogtes ward einer der sechs Rathmänner als Bürgermeister beeidigt, der die ganze innere Regierung der Insel führte und dem ein englischer Officier als Statthalter oder Lieutenant-Gouverneur und als Appellationsinstanz vorgesetzt war.

Die alte friesische Biederkeit der Einwohner von Helgoland ließ dieses Verhältniß eine Zeitlang bestehen; gar bald aber fingen die Rathmänner an, despotisch aufzutreten; das Volk dagegen verweigerte ihnen den Gehorsam. Die ärgsten Schreier unter den Einwohnern wurden in die sogenannte Vorsteherschaft der Insel gewählt, die Schulden des Landes vergrößerten sich mit jedem Jahre; die Pachtgelder des Roulettespieles bildeten – traurig, aber wahr! – das alleinige sichere Einkommen der Insel; die Ausübung des Strandrechtes, früher, unter dänischer Herrschaft, wenigstens noch mit einiger Ehrenhaftigkeit gehandhabt, bildete einen Schandfleck der Insel – es war eben die reine Strandräuberei.

Das Jahr 1864 schaffte einen Wandel in diese unhaltbaren Verhältnisse: England verlieh der kleinen Insel am 7. Januar 1864 die freieste Verfassung; die Bewohner durften sich ihre eigenen zwölf Vertreter wählen, je auf ein Jahr; die Krone ihrerseits ernannte zwölf, anstatt der bisherigen sechs Rathmänner, und diese Letzteren im Vereine mit jenen Ersteren, zusammen also vierundzwanzig, bildeten das „Gemeindehaus“, welches das alleinige Recht hatte, Steuern auszuschreiben und über die Verwendung der öffentlichen Gelder Beschlüsse zu fassen. Dagegen verlangte England von der Insel, außer einer Revision der Strandrechtsordnung, der Aufhebung des Hazardspieles und der allmählichen Deckung des Deficits mittelst genügender Steuern, gar nichts, weder Geld, noch Militär, noch Marinedienste, im Gegentheil: England gab und giebt noch heute zwölfhundert Pfund Sterling Zuschuß zur Deckung der öffentlichen Ausgaben.

So lange sie blos auf dem Papier stand, ließ man sich diese neue Verfassung gefallen, als sie aber thatsächlich in’s Leben treten sollte, da ging Empörung durch die Bevölkerung der Insel; ein sogenanntes Bürgercomité petitionirte nach England um schleunige Wiederherstellung der „alten Rechte und Privilegien“, d. h. auf deutsch: „um Beibehaltung des Strandrechtes und der Spieltische im Conversationshause“.

Die Zustände auf der Insel waren schlimmer denn je, so schlimm, daß endlich der englische Minister für die Colonien es für nöthig fand, aus eigener Anschauung sich ein Bild von der Sachlage zu verschaffen. Dies hatte denn zur Folge, daß im Jahre 1868 die Volksvertretung und das bisherige System der Selbstregierung aufgehoben und die ganze executive Gewalt in die Hände des jetzigen Gouverneurs, Seiner Excellenz des Herrn Oberstlieutenant Fitz-Maxe[WS 1], gelegt ward, welcher seinerseits nur allein dem englischen Ministerium des Auswärtigen verantwortlich ist.

Sehr angenehm mag seine Stellung anfangs nicht gewesen sein. Sie ist es in mancher Hinsicht vielleicht heute noch nicht. Seine Verantwortlichkeit ist eine große, und seine pecuniären Einkünfte sind kaum der Rede werth. Gleichwohl hat der Gouverneur durch Alles Das, was er geschaffen, sich die Anerkennung, wenn nicht seiner Untertanen, doch der zahlreichen Badegäste und der ganzen gebildeten Welt in hohem Grade zu gewinnen gewußt, und wir bewundern hier, wie ein hochgebildeter, thatkräftiger, seine Stellung richtig erfassender Mann durch eine verständnißvolle Initiative den öden Felsen, den ihm das Geschick als Wohnsitz und als Wirkungskreis zugewiesen hat, sich selber und der Mitwelt zu verschönern vermochte. [737] Was von den neuen Schöpfungen auf Helgoland zuerst unser hohes Interesse beansprucht, ist Telegraph und Post. Die jetzige Regierung hat endlich die Mittel gefunden, das langersehnte Kabel zwischen Helgoland und dem Festlande – Cuxhaven – herzustellen; der Sitz der Hamburg-Helgoländer Telegraphencompagnie ist Berlin. Ein semaphorisches Observatorium steht mit dem Telegraphen in Verbindung und vermittelt gegen eine geringe Vergütung durch optische Signale Telegramme an die im Gesichtskreise der Insel sich bewegenden Seeschiffe.

Mit der deutschen Reichspostverwaltung hat die Regierung im Laufe dieses Jahres einen Vertrag abgeschlossen, welcher Helgoland an den Vortheilen des deutschen Reichspostgebietes in seinem ganzen Umfange theilnehmen läßt, so daß also der deutsche Brief, wie im Inlande, nur einen Groschen Porto kostet.

Das Seebad der Insel, früher eine Art Privatactiengesellschaft unter den Einwohnern mit nicht allzureichlich ausgefallenen Dividenden, ist jetzt mit großen Geldopfern für die „Landschaft“ käuflich erworben und wird von einer königlichen Badedirection verwaltet. Ein neues Badehaus mit großem Schwimmbassin zur Benutzung bei schlechtem Wetter ist erbaut worden, und dadurch Helgoland der einzige Badeort in ganz Europa, welcher außer den Strandbädern auch den Vorzug eines gedeckten Seewasserschwimmbassins bietet, fortwährend durchströmt von 15,000 Kubikfuß frischen Wassers.

Eine Landungsbrücke ward mit großen Kosten sowohl am Strande der Insel, wie auch auf der Düne erbaut. Die bisherige Schutzwehr der Düne gegen Sturm und Meeresfluth, seit Jahren aus Buschwerk und Pfählen construirt, ward durch ein starkes Bollwerk aus Balken ersetzt, welches aus Mangel an Geldmitteln nicht ganz vollendet und auch theilweise durch eine der heftigsten Sturmfluthen wieder zerstört ward.

Ein kleiner Schleppdampfer ward für den Preis von etwa dreitausend Pfund Sterling angeschafft, um nothleidenden Schiffen zu Hülfe zu kommen, und so sehr erwünscht diese Neuerung den Assecuranzgesellschaften nur sein konnte, der Helgoländer, alter Sitte gedenkend, blickt noch jetzt auf jedes durch diesen Dampfer als gerettet weggeschleppte Schiff als auf ein ihm von Gott und Rechtswegen gebührendes, ihm nun entgehendes Strandgut.

Ein nicht geringes Interesse nimmt das kleine Theater der Insel in Anspruch. Der Gouverneur, welcher, Engländer von Geburt, deutsches Wesen und deutsche Sprache sich in hohem Maße zu eigen gemacht hat, ist ein eifriger Beschützer der Kunst, der er auf der Insel eine Stätte bereitet hat. War doch auch einst seine jetzige Gemahlin eine hochgefeierte Größe der deutschen Schaubühne! Das freundliche Theater am Unterlande öffnet an drei Abenden der Woche seine Pforten dem Publicum, und die liebenswürdigen Mitglieder des Anhalt-Dessauischen Hoftheaters wissen durch ein gewähltes Repertoire, Oper, Lustspiel und Posse umfassend, das Publicum dauernd zu fesseln. Im letzten Sommer war überdies die gefeierte Anna Schramm längere Zeit ein gern gesehener, vielfach ausgezeichneter Gast dieser Bühne, die am 21. August zum ersten Male eine interessante Novität zur Aufführung brachte, betitelt: „Roger Dumenoir, Volksdrama in drei Aufzügen von F. Martine.“ Unter diesem Pseudonym führte sich kein Geringerer, als der Gouverneur selbst, beim Publicum ein; sein Drama fand verdienten Beifall und wird, wie ich vernehme, eben am Residenztheater in Berlin zur Aufführung vorbereitet.

Wie also auf Helgoland nichts verabsäumt wird, den Anforderungen der Zeit Rechnung zu tragen, wie man jetzt sogar den Gedanken zu verwirklichen trachtet, die bekannte, fast zweihundert Stufen hohe und gar Manchem so beschwerliche Treppe, welche zum Oberlande hinaufführt, durch eine Hebemaschine, wie sie in den großen Hôtels Englands und Amerikas gebräuchlich ist, zu ersetzen, das Conversationshaus erheblich zu vergrößern und mit einem Hôtel ersten Ranges zu verbinden, so unterliegt auch die innere Verwaltung der Insel einer steten Vervollkommnung. Am 8. Juli 1868 ward eine Einfuhrsteuer auf Wein, Spirituosen und Bier eingeführt. Noch im nämlichen Jahre regelte eine Verordnung des Gouverneurs vom 28. Juli 1868 das Schulwesen der Insel. Das Strandrecht ward durch eine weitere Verordnung vom 23. November auf gesetzliche Bestimmungen über Strandungs- und Bergungsfälle zurückgeführt, und durch eine neuere Verordnung vom 17. Juli 1871 wurden Bestimmungen festgestellt, um von den Insulanern im Auslande contrahirte Schulden gerichtlich belangen zu können. Wie kräftig die früher so mangelhafte Polizei gehandhabt wird, das zeigten noch in diesem letzten Sommer die gegen das Ueberhandnehmen der sogenannten „Lästerallee“ ergriffenen Maßregeln und die seiner Zeit in den Blättern vielfach besprochene öffentliche Verbrennung einer Roulette, welche von einigen Jüngern der höheren Bauernfängerei in einem Saale des „Sonnenunterganges“, eines beliebten Tanzlocales, nächtlicher Weile heimlich aufgestellt worden war.

Möge der freundlichen Insel eine schöne und gesegnete Zukunft bevorstehen! In diesen Wunsch wird Jeder mit einstimmen, der in ihren Fluthen Heilung und Stärkung fand, oder der auch nur einige Tage oder Wochen lang ihre herrliche Seeluft einathmen durfte.

Fr. Schl.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Fitz-Morse (nach Berichtigung)