Die Ottendorfersche Freie Volksbibliothek in Zwittau in Mähren

Textdaten
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Autor: Dr. J. L.
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Titel: Die Ottendorfersche Freie Volksbibliothek in Zwittau in Mähren
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 372
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[372] Die Ottendorfersche Freie Volksbibliothek in Zwittau in Mähren, die vor kurzem ihr drittes Verwaltungsjahr abschloß, liefert einen glänzenden Beweis, welche Erfolge man von einer mit hinreichenden Mitteln ausgestatteten und zweckmäßig eingerichteten Volksbibliothek erwarten darf. Herr Oswald Ottendorfer, der Eigentümer der New Yorker Deutschen Staatszeitung, hat das große Verdienst, mit der Bibliothek, die er seiner Vaterstadt Zwittau zum Geschenk machte, in einer von Deutschen bewohnten mährischen Stadt eine deutsche Volksbibliothek großen Stiles begründet und durch diese Musteranstalt die Sache der Volksbibliotheken in Deutschland und Oesterreich überhaupt hervorragend gefördert zu haben. Mit einem Kostenaufwand von 190 000 Gulden hat er das Gebäude für die Bibliothek aufführen und zweckentsprechend und behaglich einrichten lassen. In jedem Jahre spendete er zu ihrer Unterhaltung weitere bedeutende Summen, im letzten Jahre allein 11500 Gulden. Die Bibliothek weist nach dreijährigem Bestehen die stattliche Zahl von 9680 Bänden auf, die ein nach praktischen Gesichtspunkten geordneter, auch für den einfachen Mann leicht verständlicher gedruckter Gesamtkatalog verzeichnet.

Die Bürger der Stadt Zwittau wissen dieses außerordentliche Geschenk wohl zu schätzen; der rege Besuch des Lesezimmers und die ungemein hohe Ziffer der Entleihungen beweisen, wie viel den Zwittauern an ihrer Volksbibliothek gelegen ist. In dem dritten Verwaltungsjahre hatte das Lesezimmer 18625 Besucher, und außerdem sind 55021 Bände aus der Bibliothek entliehen worden.

Die Stadt Zwittau hat 8000 Einwohner; es entfallen also, abgesehen von der Benutzung im Lesezimmer, auf jeden Einwohner rund 7 entliehene Bände. Eine so hohe Benutzungsziffer ist selbst in England und Amerika, wo die Volksbibliotheken in höchster Blüte stehen, nicht erreicht worden.

In verschiedenen deutschen Städten, wie Berlin, Freiburg i. B., Schweidnitz, Frankfurt a. M., hat man in den letzten Jahren, freilich nicht immer mit so glänzenden Mitteln, wie sie Herr Ottendorfer in Zwittau zur Verfügung stellte, Volksbibliotheken mit Lesezimmern und günstigen Ausleihebedingungen errichtet, überall mit einem guten Erfolge. Möge darum diese Art, die Volksbildung zu fördern, auch in unserem Vaterlande immer weitere Verbreitung und viele neue Freunde und Gönner finden! Dr. J. L.