Die Nonne zu Dallau
„Leb wohl, du Treugeliebte!
Ich ziehe fort von hier
Nach dem gelobten Lande,
Dort fleh’ ich Sühnung mir.
Für meine Seel’ gebetet habe.
Dann kehr’ ich treu zurück zu dir.“
Und fort zog er mit Eile,
In einem härnen Kleid,
Und seufzt’: „Ich arme Maid!
Was blinket ihr, o holde Sterne?
In seinem Aug’ sah ich euch gerne,
Doch jetzt ist er so fern, so weit!“
Vor dem Madonnabild:
Maria, schütz’ den Waller,
Er ist so fromm, so mild!
Er zieht dahin am Pilgerstabe,
Will beten er von Reu’ erfüllt.“
Es sicheln sich die Monde,
Zwei Jahre wohl vergehn;
Sie schaute von dem Söller,
Sie steigt so bang und traurig nieder:
„Wann kehrest du, Geliebter, wieder?
Willst deine Maid du nimmer sehn? –“
Einst in des Traums Gefilden
„Dein Ritter ist gefallen;
Der Tod hat ihn vereint
Mit Jesu, für das höh’re Leben
Hat er sein Heldenblut gegeben;
Und als sie drauf erwachte,
Rief sie: „Was weil’ ich hier
Auf dieser Erd’ alleine?
Nimm mich hinauf zu dir!
Will, ach! so gern um dich erblassen,
Hier traur’ ich einsam für und für. –“
Im Kloster sie sich schließet
In eine Zelle ein,
Ein Engel mild und rein:
„Laß ab, lass’ ab, dich so zu grämen,
Dich will der Herr jetzt zu sich nehmen,
Zu enden deine lange Pein.“
„Ich sterb’, Geliebter mein!“
Sie starb und in den Himmel
Bracht’ sie das Engelein.
Das Kloster ist schon längst zerfallen,
Es uns erzählt’ der Leichenstein.
Neben dem friedlichen Dörfchen Dallau erhebt sich ein mäßiger Berg, auf welchem vor Zeiten ein Frauenkloster stand. Da dieses schon längst zerfallen, würde man die Stelle, auf der es erbaut war, kaum mehr erkennen, bezeichnete diese nicht der Name Kapell, den des Berges oberste Spitze noch trägt.
Mancherlei redet die Sage von diesem Frauenkloster. Weiße Gestalten sollen in der Mitternachtstunde dort umwandeln und melodische Sangesweisen von der Höhe niederklingen.
Obige Sage mag dem Meister Uhland den Stoff zu seinem zarten Gedichte geliehen haben, das wir hier anschließen: