Die Maschinenfabrik von Theodor und Ernst Wiede in Chemnitz
Unter den Maschinenfabriken in Chemnitz nimmt die von Theodor und Ernst Wiede, sonst Götze u. Co., eine bedeutende Stelle ein, sowohl in Hinsicht ihrer Erzeugnisse, als auch in Großartigkeit des Betriebs.
Dieses Etablissement wurde im Jahre 1842 von den jetzigen Herren Besitzern in Gemeinschaft mit Herrn August Götze gegründet. Es führte die Firma Götze u. Co. und befand sich eine lange Reihe von Jahren in dem Borchardt’schen Lokale auf der Zwickauer Straße, wurde aber 1852 in die neuerbauten eigenen Gebäude vis-à-vis dem Niedererzgebirgischen Hauptbahnhof verlegt, wo es sich jetzt noch befindet. Am 24. Juli 1856 ging das Geschäft in den alleinigen Besitz der beiden zeitherigen Mitassocies, Herren Wilhelm Theodor Wiede und Ernst Wiede über, welche es unter obengenannter Firma ganz in früherer Weise fortführen.
[85] Das Etablissement umfaßt zwei Hauptgebäude und sechs Nebengebäude. Hier wird in den
- zwei Hauptgebäuden – in deren einem sich auch das Comptoir befindet – und in zwei Nebengebäuden der Maschinenbau betrieben; in
- einem Nebengebäude befindet sich die Schmiede; in
- einem Nebengebäude die Dampfmaschine nebst Kesselhaus und
- die letzten zwei Nebengebäude enthalten die Hausmannswohnung, so wie Stallung und Wagenremise.
Die Fabrik liefert Dampfmaschinen, Turbinen, treibende Zeuge, Mühlwerke, Maschinen für Baumwollenspinnereien, Kammgarnspinnereien und Streichgarnspinnereien, Zwirnerei-Maschinen, Hydraulische Pressen, Walzwalken, überhaupt Tuchfabrikations- und Hilfsmaschinen für Maschinenbau u.s.w. Haupterzeugnisse sind aber die Spinnerei-Maschinen.
Die Maschinen werden zum Theil nach den besten ausländischen Mustermaschinen, größten Theils aber nach eigenen Constructionen und patentirten Erfindungen ausgeführt. Zu diesen Letzteren gehören namentlich die Vorspinnkrämpeln (Continues), Cilindersteinspinnmaschinen (Mulejennys), Walzwalken, Pluswölfe für Wollfabrikation, so wie mehrere Constructionen für Baumwollenspinnereien, wodurch die frühere Firma Götze u. Co., sowie die jetzige Firma Theodor und Ernst Wiede fortwährend Lieferungen in die entferntesten Gegenden zu machen hatte und noch hat.
Diese Maschinen finden ihren Hauptabsatz nach allen Fabrikterrains des mittleren und östlichen Europa, nämlich: nach den Staaten des Zollvereins, Oesterreich, Italien, Schweden, Rußland u.s.w.
Das Etablissement besitzt 150 Maschinen, bestehend in Hobelmaschinen, Nathstoßmaschinen, Räderschneidemaschinen, Schraubenschneidemaschinen, Drehbänke, Bohrmaschinen, mechanische Schleiferei u.s.w., welche durch eine Dampfmaschine von fünfundzwanzig Pferdekraft in Bewegung gesetzt werden.
Beschäftigt sind hier 20 Beamtete und 500 Arbeiter in und außer der Fabrik.