Die Kunst (Zerstreute Blätter)

Textdaten
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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Die Kunst
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aus: Zerstreute Blätter (Dritte Sammlung) S. 20-22
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Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
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                    Die Kunst.

     Aus der Schaar der Götterfreuden,
Stahl die jüngste Freude sich:
Und der Fleiß, ein Sohn der Leiden,
Nahte zu ihr jugendlich.

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Unschuld war in ihren Mienen,

Treue war in seinem Blick:
Und die Liebe zwischen ihnen
Stiftete der Beiden Glück.

     Ich ermatte, sprach die Schöne,

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Gib mir deine sichre Hand.

Nimm sie, sprach er, Eintracht kröne
Unser Beider treues Band.
Also wohnten sie im Schatten,
Unter aller Götter Gunst;

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Und das Kind, das Beide hatten,

War ein schönes Kind, die Kunst.

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     Von der Mutter lebte Fülle,
Götterfüll’ in ihrer Brust;
Und der Vater gab ihr Stille,

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Fleiß und Emsigkeit zur Lust.

Sorgsam hat er sie erzogen,
Zärtlich hat sie sie gesäugt:
Götter waren ihr gewogen,
Menschen waren ihr geneigt.

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     Aber als sie zu vermählen

Nun die frohe Zeit erschien;
Wer der Götter wird sie wählen?
Wem der Menschen wird sie blühn?
Zwischen Erd’ und Himmel schwebet

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Sie der Einsamkeit geweiht:

Denn der Mutter Gottheit lebet
In des Vaters Sterblichkeit.

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     Mit belohnend-holden Blicken
Schaute Jupiter hinab.

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„Unsern Himmel soll sie schmücken,

Sie, die nur der Himmel gab.
Wär’ aus unsrer Götterjugend
Emsig-schöne Kunst verbannt?
Nein o Weisheit und o Tugend

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Holet sie in unser Land.“


     Weisheit und die Tugend stiegen
In der Schwester Einsamkeit;
Und aus ihrer beider Zügen
Schuf sie selbst sich Göttlichkeit.

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Unabtrennlich stets von beiden

Ward sie wie die Anmuth schön,
Und im Chor der Götterfreuden
Tanzen jetzt drei Grazien.