Die Kettenschifffahrt auf der Elbe 1869

Textdaten
Autor: unbekannt
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Titel: Kettenschifffahrt auf der Elbe
Untertitel:
aus: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins zu Hannover, Band XV, Heft 1, S.171–173
Herausgeber: Architekten- und Ingenieurverein zu Hannover
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Schorl S von Seefeld
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Erscheinungsort: Hannover
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Kurzbeschreibung:
siehe auch: Tauerei
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[171/172]
Die Kettenschifffahrt auf der Elbe.

Mit Abbildungen. Die seit Entstehung der Eisenbahnen auf den beiderseitigen Elbufern stattgehabte große Unproductivität des Schifffahrtsverkehres hat die Magdeburger Dampfschifffahrts-Compagnie nach stattgehabter genauer Informirung über den schon seit Jahren betriebenen Kettenschifffahrtsdienst auf der Seine veranlaßt, versuchsweise die schwierige und 3/4 Meilen 5,6 Kilometer lange Flußstrecke von der Neustadt bis Buckau, wo zwei Brücken zu passiren sind und starke Strömung vorhanden ist, für Kettenbetrieb einzurichten, und ist dieser Versuch über Erwarten gelungen.

Die bei den ersten derartigen Unternehmungen Anfangs dagegen offenbarte Abneigung der Schiffer nahm eine schnelle Wendung, als sie sich überzeugten, daß dabei

1) für die Bedienung eines Kahnes statt 8 Mann nur 2 Mann nöthig wurden,
2) weder Masten, noch Segel, noch Takelage nöthig waren,
3) die Kähne um das Gewicht dieser Gegenstände schwerer beladen werden konnten,
4) die Concurrenz der Dampfschiffe (Remorqueurs und Porteurs) für sie aufhöre,
5) die Hälfte der Kähne durch die raschere Beförderung entbehrlich werde und
6) endlich der Schiffer bei Beginn der Fahrt zu berechnen wußte, was ihm nach Abrechnung des Schlepplohnes übrig blieb.

Der Magdeburger[WS 1] Kettendampfer ist mit Benutzung der in Paris mit ähnlichen Fahrzeugen gemachten Erfahrungen construirt. Es schien nothwendig, das Elbschiff mit möglichst geringem Tiefgange herzustellen, damit auch bei ganz schlechtem Wasserstande mindestens leere Fahrzeuge geschleppt werden konnten. Es erhielt demnach das Schiff große Dimensionen, während Maschine und Kessel sehr leicht hergestellt wurden. Die Trommelwellen des Kettendampfers werden durch ein festes Vorgelege betrieben und können somit nur durch veränderlichen Gang der Maschine rascher oder langsamer bewegt werden. Die Maschine macht durchschnittlich bei der Bergfahrt 50, bei der Thalfahrt 70 Umgänge pro Minute. Da nun Maschinen- und Trommelwellen wie 49 : 89 vorgelegt sind und der Kettentrommelumfang 12 1/3 Fuß engl. (3,68 m) beträgt, so ist die Geschwindigkeit des Schiffes pro Minute:

= circa 340 Fuß (104 m) bei der Bergfahrt und
= circa 475 Fuß (145 m) bei der Thalfahrt oder

pro Stunde: 5/6 deutsche Meilen (6,25 Kilometer) bei Bergfahrt und 7/6 deutsche Meilen (8,75 Kilometer) bei Thalfahrt.

Das Schiff hat 170 Fuß (51,3 m) Länge bei einer größten Breite von 22 Fuß englisch (6,7 m) und geht vollständig ausgerüstet 17 Zoll engl. (177 mm) tief. Es ist mit Ausnahme des Deckes ganz aus Eisen gebaut. Das Schiff trägt an jedem Ende ein Steuerruder und daselbst auf Deck einen beweglichen, um circa 90° horizontal drehbaren und mit Rollen versehenen Arm, der zur Unterstützung der empor resp. herabsteigenden Kette dient. Durch die Drehbarkeit dieser zwei Arme wird die Steuerbarkeit des Schiffes in gewissen Grenzen gesichert.

Die Maschine hat zwei im rechten Winkel schräg liegende Cylinder von je 13 Zoll (355 mm) Kolbendurchmesser und 27 Zoll (656 mm) Hub, welche direct die Vorgelegswelle treiben. Diese Zwillingsmaschine arbeitet mit Condensation und hat eine vertical stehende, gemeinschaftliche und durch Winkelhebel von dem einen Kreuzkopfe der Maschine aus bewegte Luftpumpe und Coulissensteuerung. Die zwei Lenkstangen der Zwillingsmaschine fassen an derselben Kurbel an. Für die zwei Coulissen sind nur zwei Excentrikscheiben vorhanden, deren jede 2 Stangen treibt, von denen die eine am Bügel der andern (festen) mittelst eines Bolzens befestigt ist.

Das Schiff trägt einen Kessel, welcher bei circa 900  Fuß (84  m) Heizfläche zu 4 Atmosphären Ueberdruck concessionirt und so eingerichtet ist, daß er möglichst wenig über Deck ragt. Maschine und Kessel sind in 1/28, das Schiff selbst in 1/150, resp. 1/48 d. w. Gr. gegeben.

Die im Strome versenkte Kette ist eine englische Ankerkette gewöhnlicher Construction, bester Qualität und von 7/8 Zoll engl. (22 mm) Eisenstärke; sie besteht zur leichteren Ermöglichung einer Verkürzung oder Verlängerung aus einzelnen Längen, welche mit Schloßgliedern verbunden sind.

Der Kettendampfer schafft die ihm angehängten Lastkähne, gleichviel ob dies 2 oder 6 und mehr sind, mit Leichtigkeit durch die Stromschnellen der Brücken und alle Windungen des Flusses und hat dabei einen geringen Kohlenverbrauch erfordert. In der Zeit vom 15. Aug. bis zum 23. Octbr., woselbst der Kessel täglich im Feuer, das Schiff jedoch nicht fortwährend in Bewegung war, sind nur 22 Last (871 Hektoliter) Steinkohlen verbrannt, was pro Tag 4 Tonnen (8,5 Hektoliter) ausmacht. Es würde aber daselbst kein Raddampfer von gleicher Leistungsfähigkeit mit weniger als 4 Last (48,4 Hekt.) Kohlen pro Tag unter Anhängung von nur einem beladenen Kahne vorwärts zu treiben sein. Auch das Schiffspersonal ist ein namhaft geringeres, da [173] das Kettenschiff im Ganzen nur 5 Personen gebraucht, während die anderen Schiffe 10 Mann erfordern, was monatlich 100[WS 2] Lohndifferenz ausmacht. Dazu gesellt sich noch der wesentliche Umstand, daß kein Flußdampfer Güterconvois von 50,000 Centner fortbewegen kann, was auf der unteren Seine vielfach stattgehabt hat, wenn auch auf der Elbe noch nicht versucht ist.

Die Gesellschaft der oberen Seine berechnet 1/2 Pfennig pro Centner und Meile (1,4 Pfennig pro 1000 Kilogramm und 1 Kilometer) Schlepplohn. Es würde sich solcher Satz also auf 2 Silbergroschen für 48 Meilen (361 Kilometer), d. i. die Wasserentfernung von Hamburg nach Magdeburg, belaufen, was nur die Hälfte des für Kohlen bestehenden Eisenbahn-Pfennigtarifs beträgt. Es würde indeß hierbei der Führer des Frachtkahnes für sein Fahrzeug noch Nichts erübrigen; es bleiben ihm jedoch noch 100 %, also Spielraum genug, um auskömmlich concurriren zu können, zumal Niederwärtsladungen ihm gar kein Schlepplohn verursachen.

Für die bis jetzt mit dem Magdeburger Kettendampfer befahrene Strecke von 3/4 Meilen (5,6 Kilometer) hat die Regierung einen Tarif festgesetzt, dessen Durchschnittssatz circa 5 1/2 für ein beladenes Fahrzeug beträgt, und wobei die Gesellschaft und Kahnführer sich recht gut stehen.

Es sei schließlich erwähnt, daß der der Compagnie du touage de la haute Seine gehörige Kettendampfer unter Lieferung von Zeichnungen in der „Publication industr.“ von Arengaud beschrieben, jedoch in jeder Beziehung nicht so solide und einfach ist, wie der hier näher beschriebene Magdeburger Kettendampfer, und daß auch die von Cail & Co. für die Gesellschaft der Basse-Seine (Strecke: Havre — Rouen) erbauten Maschinen dieselben Mängel, wie diejenigen der Gesellschaft der Haute-Seine zeigen. (S. 205.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Mageburger
  2. Das Zeichen bedeutet Taler