Die Internationale Gartenbau-Ausstellung zu Dresden

Textdaten
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Autor: Franz Koppel-Ellfeld
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Titel: Die Internationale Gartenbau-Ausstellung zu Dresden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 373–374
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Vgl. Die Internationale Gartenbau-Ausstellung in Dresden
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Die Internationale Gartenbau-Ausstellung zu Dresden.
Von Franz Koppel-Ellfeld.

Wenn irgend eine Stadt im Reich, so hatte Dresden ein Recht darauf, die Koryphäen der Gartenbaukunst zu sich zu entbieten. Die schöne sächsische Residenz ist eine Gartenstadt allerersten Ranges; der Dresdener, der nicht gerade in der rußigen Altstadt wohnen muß, wohnt sicher zwischen Gärten, sieht auf grüne Rasenflächen mit Blumenbeeten, und von Blüthenbäumen lacht der Lenz ihm ins Zimmer. Dresden ist aber auch eine Stadt, die einen gärtnerischen Ruf hat. Wie seine Kunstschätze, so verdankt es diesen Vorzug Anregungen, die vom Thron ausgingen.

Wenn Leipzig durch seiner Bürger Fleiß ein klein Paris geworden ist, Dresden ward durch seine Fürsten groß. Aus eigener Initiative berief seiner Zeit König Friedrich August, selbst Botaniker von wissenschaftlicher Bedeutung, den berühmten Gelehrten Professor Reichenbach in seine Hauptstadt. Hier hat derselbe vor zahlreicher Zuhörerschaft befruchtende Vorlesungen über Pflanzenkunde gehalten, Studenten und Gärtner begleiteten ihn mit der Botanisirtrommel auf seinen Exkursionen. So wurde in aller Stille an der Hand der Wissenschaft einem neuen Erwerbszweig, der Handelsgärtnerei, praktisch Bahn gebrochen. Und die diesjährige internationale Ausstellung hat den Beweis erbracht, daß der von königlicher Hand ausgestreute Samen auf fruchtbaren Boden gefallen ist: die namhaften Gärtnereien in Elbflorenz werden heute zu den besten der Welt gezählt. König Albert hat ganz im Geist seines erlauchten Oheims gehandelt, indem er das Protektorat übernahm und der Ausstellung den herrlichen Platz anwies.

Wer Dresden besucht hat, kennt den mit Recht so genannten „Großen Garten“, die größte Gartenanlage Sachsens. Damit das unaufhaltsame Wachsthum der Großstadt nicht zum verderblichen Korsett für diese Lunge Dresdens werde, sind vor Jahren schon ansehnliche Ankäufe zu Erweiterungen vom Landtag bewilligt worden. Dem von Berlin nach Dresden berufenen königlichen Gartendirektor Bouché ist es vortrefflich geglückt, die neuen Anlagen mit alten Reizen moderner Landschaftsgärtnerei auszustatten, unter Anderem hat er die unmittelbar an die städtischen Bürgerwiesenanlagen sich anschließenden Felder zwischen Dammweg (Zoologischer Garten) und Lennéstraße in einen reizenden Wiesenpark umgewandelt, [374] und auf diesen Neuland hat die Gartenbau-Ausstellung einen Platz erhalten, wie sie ihn anderwärts so leicht nicht wieder finden dürfte.

Die Dresdener Ausstellung von den verschiedensten Ländern Europas beschickt, mit den hervorragendsten Sachverständigen des In- und Auslandes als Preisrichtern, bot wie alle Fachausstellungen natürlich zunächst nur den Fachmännern und gelehrten Dilettanten eigenste Förderung ihrer wissenschaftlichen und praktischen Zwecke. Von ihnen allein auch kann sie nach ihrem positiven Werth gewürdigt und verstanden werden. Dem Urtheil dieser Männer zufolge ist die Ausstellung als eine interessante und gelungene zu bezeichnen. Die Beschickung derselben hätte jedoch viel stärker ausfallen können; sie macht sicher immer noch bedeutende Schwierigkeiten. Die großen Erfurter Firmen, Berlin, Oesterreich und die Schweiz waren schwach vertreten, Frankreich und Rußland fehlten vollends: im Ganzen waren allerdings über 500 Firmen auf dem Platz, darunter aber nur etwa 50 Ausländer. England kommt bei Gartenbau-Ausstellungen gar nicht in Betracht, es hat sich von der Reblauskonvention ausgeschlossen, darum darf kein lebendes Pflänzchen von dort importirt werden, was aber bekanntlich die berühmte Firma Sander u. Komp. (St. Albans) nicht abhält, in Hamburg Auktionen zu veranstalten, und zum Glück auch nicht abgehalten hat, in Dresden Orchideen auszustellen, wie man sie überhaupt noch nie bei einander gesehen hat, unschätzbare Prachtexemplare. Diese englischen Orchideen haben unbedingt den Vogel abgeschossen, und der Preis Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta wurde ihnen zuerkannt. Man sagt, daß einzelne dieser kapriciösen Blüthenexemplare, die von Schmetterlingsflügeln kaum zu unterscheiden sind, mit mehreren tausend Mark bezahlt werden.

Im Mittelpunkt des Interesses standen ferner: der Rosenflor (in der Haupthalle) von Mietzsch-Dresden, welcher als beste größere Gesammtausstellung blühender Rosen den Ehrenpreis des Königs Albert davontrug, und die Obstkulturen von Gaucher-Stuttgart, welche Palmetten, Kordons und Spaliere aufwiesen, wie man sie sonst kaum sehen dürfte. Dem Herrn Aussteller wurde für die hervorragendste Gesammtleistung auf dem Gebiete der Obstbaumzucht der Ehrenpreis des deutschen Kaisers zu Theil. Zu dem Hervorragendsten und Lieblichsten zugleich gehörten die Azaleen- und Rhododendrengruppen von Liebig-Blasewitz, welchem für eine Sammlung Azalea indica der Ehrenpreis des Kaisers von Oesterreich verliehen wurde, ferner die von Seidel, Olberg, Richter, Schreiber und Knöfel, die, sämmtlich aus Dresden, respektive Striesen-Dresden mit Ehrenpreisen des Prinzen Wilhelm von Preußen, der Stadt Dresden und anderen prämiirt wurden. Dresden zeigte sich nicht nur als Rosenstadt (die hochstämmigen Rosen Rüschpler’s erregten Sensation), es glänzte auch durch Kamelien und trat auf dem Gebiet der Koniferen in Konkurrenz mit den Holländern und Belgiern. Von diesen hatten D’Haee, Veylstecke, van Houtte, de Kock und Delarye-Cardon (vertreten namentlich durch eine prächtige Riesenpalme) allerdings Einziges in ihrer Art ausgestellt.

Einen hervorragenden Schmuck der Ausstellung bildete der Lorbeer in allen Größen und Formen, hier konkurrirten Hanisch (Leipzig) und Mietzsch (Dresden) mit D’Haee aus Gent (Belgien). Der blühende Laurustinus, Eugenia und Myrthen von Hanisch-Leipzig dürfen neben dem Besten der Ausstellung genannt werden. Der Salon Hanisch, ein Wintergarten, der sich an ein reich ausgestattetes Boudoir anschloß, war ein Muster von eleganter und geschmackvoller Blüthendekoration. Ehrenpreise der Stadt Dresden erhielten unter Anderem auch Engelhardt-Striesen für bunte Pelargonien, Bouché-Poppelsdorf für Projektirung des botanischen Gartens bei Dresden und Hoffmann-Berlin für den Entwurf einer Gartenanlage des Kaiser-Wilhelm-Platzes zu Dresden. Die Bouquetts- und Blumengruppen von Rülcker-Strehlen (mit seinen entzückend frischen Hyacinthen) und Günther-Dresden erregten die Bewunderung von Hoch und Nieder; sie hatten im Verein mit Hanisch-Leipzig aber auch keine Kosten gescheut, ihre Pavillons mit dem Besten auszustatten, was unsere Blumenbinderei (nicht gerade unsere Stärke) zu leisten vermag. Reizvoll waren auch die Cycelamen von Haubold-Striesen, sowie Pelargonien von demselben, von Degenhardt (Stadtgärtnerei-Dresden, die auch prächtige Cinnerarien ausstellte), von Porscharsky und Meisel-Zittau. In der Freilandausstellung glänzten. Koniferen und Arancarien von Mietzsch-Dresden, Weise-Kamenz, Hanisch-Leipzig und Engelhardt-Striesen.

Wer den Ausstellungsplatz überblicken wollte, der that am besten daran, zu dem auf einer kleinen Anhöhe in maurischem Stil errichteten Litteraturpavillon (vergl. die mittlere Ansicht auf unserer Illustration) hinanzusteigen. Hier hatte man den besten Ausblick auf die von Thürmen flankirte stattliche Haupthalle, deren Vestibul im Haupteingang die oberste Zeichnung unserer Illustration andeutet, die von Leinwandbogendächern überwölbten Nebenhallen, die verschiedenen Blumenpavillons, den Königspavillon, die Blumenparterres und Teppichbeete mit ihren Vasen und Statuen und die ganze übrige vom Großen Garten im ersten Maiengrün umrahmte bunte Scenerie. Der Regen, welcher unaufhörlich niederströmte, hatte freilich den Eindruck stark beeinträchtigt. Nur wer das Glück hatte, einen Sonnenblick zu erhaschen, dem bot sich ein zauberhafter Anblick. Aber nur Wenige waren so glücklich, meistens glich der von Regenschirmen in allen Größen und Farben überspannte Ausstellungshauptplatz einer wandelnden Riesenpilzausstellung. Dresden wimmelt jahraus jahrein von Fremden aller Art; man hat gesagt, daß Europa sich auf Brühl’s Terrasse Rendez-vous gebe, Amerika nicht zu vergessen; die Fremden, die der Gartenbau-Ausstellung wegen an die Elbe kamen, konnten darum dem belebten Elbflorenz nicht gerade eine wesentlich andere Physiognomie verleihen. Allenfalls fielen die gerade von der Leipziger Ostermesse über Dresden-Gartenbau-Ausstellung heimreisenden zahlreichen Vertreter des deutschen Buchhandels ins Auge.

Ein charakteristisches Merkmal für Dresden sind die bunten, mit lautem Unterhaltungsgezwitscher spazierengehenden Mädchenpensionate, wandelnde Blumen, lachende Kinder des Lebensfrühlings, aus allen Zonen; sie fehlten natürlich in der Ausstellung nicht und bildeten einen reizenden Kontrast zu den bäuerischen Söhnen und Töchtern aus der Provinz und deren älteren Sippen, pfiffig unter der Schirmmütze hervorlugenden Vertretern der wendischen Türkei. Einen komischen Kontrast aber bildeten die Besucher und Besucherinnen der Ausstellung, die sich eben in der Dampfbindemaschine ein Bouquett hatten binden lassen und sich dann vor dem Wurstzelt um die populären Hanns-Würstchen förmlich schlugen ... in der einen Hand die blühende Blume, in der andern die dampfende Wurst: mein Liebchen, was willst du noch mehr? Doch warum sollte der Humor fehlen, wo die Grazien walten, wo Flora und Abundantia (die Göttin des Stilllebens) aus ihrer Fülle spenden?

Uebrigens so heiter eine Gartenbau-Ausstellung auch aussieht, selbst bei acht Tagen Regenwetter, eine so ernste Sache ist und bleibt sie doch. Hier birgt sich nicht hinter Blumen die Schlange, sondern das ernste Haupt der Arbeit. Die Dresdener Ausstellung hat zur Blüthezeit des Frühlings und in einer Zeit der Blüthe des Deutschen Reichs rühmlich Zeugniß gegeben von deutschem Fleiß und deutschem Wissen, besonders von der Höhe sächsischer Leistungsfähigkeit. König Albert hat ihr die Ehre erwiesen, sie zu eröffnen, und am letzten Tag der Woche erwies der deutsche Reichstag ihr die Ehre, sie vor dem Schlusse zu besuchen. Der Gesammtvorstand des Reichstags traf am Sonnabend zum Besuch der Gartenbau-Ausstellung in Dresden ein und besuchte unter Führung des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Stübel, sowie des früheren Reichstagspräsideuten Geh. Hofraths Ackermann und der Mitglieder der Ausstellungskommission die Gartenbau-Ausstellung, über deren gelungenes Gesammtarrangement wie außergewöhnliche Schönheit die Herren lauten Lobes voll waren. Die Kommission gab ihnen ein Frühstück in der Großen Gartenwirthschaft, die Stadt ein Diner auf dem Brühl’schen Belvedere. Dieser Besuch beschloß auf würdige Weise die aufs Würdigste eröffnete Dresdener Gartenbau-Ausstellung. Wie sie international war und zu den Geistesthaten gehört, die nur im Weltfrieden gedeihen, so hat sie doch auch das deutsche nationale Bewußtsein mit neuem Vertrauen zu sich selbst gestärkt und uns ermahnt, nicht zu erkalten in der Liebe zur Natur, zum Vaterland, zur treuen Pflege der höchsten Güter, die uns durch Fleiß und Arbeit erschlossen werden und durch die wir unsere große Heimath, das Deutsche Reich, immer mehr seiner wahren Aufgabe entgegenführen, allen andern Reichen der Welt voranzustreben und zu leuchten.

Vivat, crescat, floreat!