Silen
- [211] Siehe, da sitzet Silen bei der wohlgebildeten Nymphe.
- Gern entleert er den Krug, was er schon öfters getan.
- Endlich aber jedoch erklimmt er den nützlichen Esel,
- Wenn auch dieses nicht ganz ohne Beschwerde geschah.
5 [212] Fast vergißt er den Thyrsus, woran er sein Lebtag gewöhnt ist;
- Käme derselbe ihm weg, wär’ es ihm schrecklich fatal. —
- Also reitet er fort und erhebt auf Kunst keinen Anspruch;
- Bald mal sitzet er so, bald auch wieder mal so.
- [213] Horch, wer flötet denn da? Natürlich, Amor der Lausbub;
10 Aber der Esel erhebt äußerst bedenklich das Ohr.
- Schlimmer als Flötengetön ist das lautlos wirkende Pustrohr;
- Pustet man hinten, so fliegt vorne was Spitzes heraus.
- [214] Ungern empfindet den Schmerz das redlich dienende Lasttier;
- Aber der Reiter hat auch manche Geschichten nicht gern.
15 Leicht erwischt man den Vogel durch List und schlaue Beschleichung;
- [215] Wenn er es aber bemerkt, flieget er meistens davon.
- Mancher erreichet den Zweck durch täuschend geübte Verstellung;
- Scheinbar schlummert der Leib, aber die Seele ist wach.
- [216] Schnupp! Er hat ihn erwischt. Laut kreischt der lästige Vogel,
20 Während der handliche Stab tönend die Backe berührt.
- Übel wird es vermerkt, entrupft man dem Vogel die Feder;
- Erstens scheint sie ihm schön, zweitens gebraucht er sie auch.
- [217] Heimwärts reitet Silen und spielt auf der lieblichen Flöte,
- Freilich verschiedenerlei, aber doch meistens düdellütt!
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