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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1894
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[37]

Nr. 3.   1894.
      Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Die Martinsklause.
Roman aus dem 12. Jahrhundert.
Von Ludwig Ganghofer.
(2. Fortsetzung.)


4.

Sigenot hatte die Angelrute und das hölzerne Lägel, welches schwer war und von Wasser troff, von der Erde aufgenommen. Da stand Eberwein vor ihm. „Du bist Sigenot der Fischer?“

Sigenot nickte nur; seine Brauen zogen sich zusammen, sein Auge hing mit forschendem Blick an Eberweins Zügen. Bruder Schweiker kam herbeigegangen, neugierig mit gutmütigem Lächeln – der Fischer schien ihm zu gefallen.

„Ich habe schon gehört von Dir!“ sagte Eberwein. „Und Gutes! Hier, meine Hand zum Gruß!“

Sigenot rührte keinen Finger; es zuckte nur um seine Lippen, dann entgegnete er: „Ich biet’ meine Hand nur einem, mit dem ich gut bin. Von Dir weiß ich nicht: bist mir Feind oder Freund?“

„Ich bin aller guten Menschen Freund, also auch der Deine.“

Der Fischer schüttelte den Kopf. „Ich kenn’ Dich nicht, und bei mir macht eine linde Red’ noch keine Freundschaft.“

Schweiker bekam einen roten Kopf. „Laß Dir raten, Fischer: red’ ein lützel sanfter! Und nimm die Hand! Der sie Dir bietet, ist Dein neuer Herr!“

Sigenot trat einen Schritt zurück und maß den Bruder vom Kopf bis zu den Füßen. „Ich versteh’ Deine Red’ nicht.“ Schweiker wollte erwidern, doch Eberwein legte die Hand auf seinen Arm und winkte ihm zu schweigen. „Wie kann da ein neuer Herr sein, wo kein alter gewesen ist?“ sagte der Fischer. „Ich sitz’ auf einem Haus, das nie gezinset und gesteuert hat, und die Fischenz ist mein freies Eigen – ich hab’ keinen Herrn.“

Lächelnd blickte Eberwein in Sigenots Augen. „Das mag ich nicht glauben, Fischer.“

„Ich sag’, ich hab’ keinen Herrn, und meine Red’ ist wie Stein.“

„So wär’ auch jener Dein Herr nicht, der aller Menschen Herr ist, alles Lebens Schöpfer und Erhalter – jener Eine dort oben?“

„Der?“ Mit sinnendem Blick hob Sigenot die Augen empor zum blauen sonnleuchtenden Himmel. „Wohl wohl, den laß’ ich mir schon gefallen als Herrn – wenn’s derselbig’ ist, den der alte Hiltischalk in der Ramsau meint. Aber ich glaub’ schier, es müssen Zwei sell droben hausen: dem Hiltischalk der seinig’ und der ander’ … derselbig’, den der Schwarze mit dem Kreuz gemeint hat.“ Sigenot winkte mit dem Kopf gegen die Bäume, in deren Schatten Waldram verschwunden war. „Derselbig’, der die Pferd’ scheu macht und die Weiber zornig, wenn von ihm gered’t wird, der gehört schon Euch – wenn ich denk’, ich müßt’ da droben einen Herrn haben, so halt’ ich zu dem, den der Hiltischalk meint. Und jetzt laß’ nach in Fried’, ich muß meiner Fischweid nach!“ Er nickte einen stummen Gruß, ließ die Angelschnur durch die Finger gleiten und schritt dem Ufer der Ache zu.


Der zerstörte Liebesbrief.
Nach einem Gemälde von M. Stocks.

[38] „Ist das ein Lümmel, ein unguter!“ brummte Schweiker; aber es war in seinen Augen zu lesen, daß er den Fischer ungerne scheiden sah. „Soll ich ihn wieder holen?“ fragte er den Pater. Und ohne eine Antwort abzuwarten, rief er dem Fischer nach, der zwischen den Büschen verschwand. „He, Du, noch ein Wörtl …“

Doch Eberwein hielt ihn zurück. „Laß ihn! Um diesen zu gewinnen, bedarf es einer besseren Stunde.“ Er wandte sich ab, und seine Blicke folgten der Richtung, nach welcher Waldram gegangen war. „Sein erstes Wort …“ sprach er leise vor sich hin, „und schon liegt ein Schatten auf meinem hellen Weg!“

Schweiker stand noch immer inmitten der Wiese, mit seitwärts hängendem Kopf, und schaute in die Büsche, hinter denen Sigenot verschwunden war. Da hörte er Bruder Wampos Stimme. „He, Schweiker, komm her da, tummel’ Dich!“ Er ging zum Feuer, bei welchem sich Wampo nach dem überstandenen Schreck schon wieder häuslich mit Spieß und Braten eingerichtet hatte.

„Komm her, dreh’ noch ein’ Weil’, er wird bald gar sein. Ich hab’ ein Wörtl mit dem Fischer zu reden.“

„Du? Mit dem Fischer?“

„Ja. Sein Lägel hat Wasser …“ Wampo kniff die Augen ein und schnalzte mit der Zunge, „es muß auch Fisch’ haben!“ Mit beiden Händen hob er die Kutte und sprang über die Steine davon; hurtig durch die Büsche schlüpfend, erspähte er den Fischer, der gerade das Lägel niedersetzen wollte, um die Angel zu werfen. Geschäftig die Hände reibend, lächelnd und nickend, ging der Bruder auf ihn zu. „Gottes Segen über Dich, mein Sohn!“

Sigenot machte große Augen. „Was willst?“

Wampo zwinkerte, fast bis zu den Ohren verzog sich sein lachender Mund, und während er mit dem Fingerknöchel an das Lägel pochte, fragte er: „Hast heut’ schon was gefangen, mein Sohn?“

„Ich bin meines Vaters und meiner Mutter Sohn, nicht der Deinige. Aber gefangen hab’ ich, denn ich hab’ gefischt.“

„Gefangen? So? So? Schöne Fische?“

„Gering’ Zeug fang’ ich nicht!“

„Freilich, freilich, bist halt ein echter Fischer, gelt? Gefangen also? So? So? Laß doch einmal sehen.“ Wampo wollte nach dem Lägel greifen, aber Sigenot streckte die Angelrute vor. Seufzend legte der Bruder die Hände über das Bäuchlein und blickte den Fischer an mit Augen voll tiefer Kümmernis. Da mußte Sigenot lächeln. „So schau halt!“ sagte er und öffnete den Deckel des Lägels. Hurtig fuhr der Bruder mit der Nase bis dicht an die Lücke. „Ei, ei, ei, da wimmelt ja ein Buckel neben dem andern!“ Er richtete sich auf und sein Gesicht strahlte. „Jetzt sag’, mein Sohn ....“ Da erinnerte er sich der abweisenden Rede Sigenots. Zutraulich klopfte er ihn auf die Schulter. „Schau, von mir kannst Dir’s schon gefallen lassen, daß ich Dich so heiß’! Bin ich nicht so alt, daß ich Dein Vater sein könnt’ … und bist Du nicht so jung, wie mein Bub’ wohl sein möcht’, wenn ich einen hätt’? Gelt, ja? Also, jetzt sag’, mein Sohn, wie wär’ denn das’ wenn Du mir für Gottes Lohn und freundlichen Dank von Deinem Fang ein paar Schwänzlein ablassen thätst? Hm?“

„Fisch’ willst haben? Das hättest kürzer auch sagen können.“

„Kurz oder lang … was meinst dazu?“

„Nichts mein’ ich!“ sagte der Fischer lächelnd; je länger er den Bruder betrachtete, desto fröhlicher wurde sein Gesicht. „Auf die Fisch’ da wartet Herr Waze, ich hab’ ihm die Ferchen zugesagt zum Mahl auf die Nacht.“

„Herr Waze? Ei, ei, ei!“ Wampo spitzte die Lippen wie zum Pfeifen. „Herr Waze? Von dem hab’ ich schon gehört! Der also, der soll die schönen Fisch’ alle haben zum Mahl auf die Nacht? Aber schau, wir haben ein Mahl zu Mittag … und haben nichts dazu als einen großen Hunger und ein kleines Stückl Fleisch. Und Mittag kommt vor Abend, Mittag ist jetzt! Also, thu’ eine gescheite Red’, sag’ Ja!“

„Du red’st Dich aber leicht! Wer bist denn eigentlich?“

„Wer ich bin?“ Wampo legte die Hände ineinander. „Ich bin der gute fromme Bruder Wampo, ein braver Knecht der Kirche.“ Breit legte der Bruder die Hände auf den Gürtel und machte die freundlichstem Aeuglein, die er zustande brachte. „Schau mich an, Fischer … wenn ich Dich gar schön bitt’, kannst da noch Nein sagen?“

„So nimm halt!“ lachte Sigenot. „An mich hat noch keiner eine Bitt’ umsonst gethan.“ Er drehte das Lägel um, und mit einem dicken Wasserguß flossen an die zwanzig der herrlichsten Forellen in das Moos und hüpften silberschimmerig durcheinander.

Bruder Wampo wußte nicht mehr, wohin er mit seinen Händen greifen sollte. „Ei, ei, ei!“ Das war der ganze Ausdruck seiner Freude. Er sah nicht, daß Sigenot sich lachend entfernte, und dachte nicht an Gruß und Dank. Mit beiden Knien warf er sich auf die Erde nieder, höhlte die Kutte zu einem Sack, und schlipp, schlupp, verschwanden die zappelnden Fischlein eines nach dem andern in seinem Schoß. Dann sprang er auf, rannte dem Feuerplatz entgegen, und breit vor Eberwein sich aufpflanzend, mit strahlendem Gesicht, zog er eine pfündige Forelle aus der Kutte und rief lachend. „Schauet, Herr, das ist die erste Steuer, die unser Kloster gehoben hat im Berchtersgadem.“

Eberwein lächelte, und hinter ihm ließ sich eine rauhe Stimme vernehmen. „Ein guter Anfang! Nur lustig fortgehoben! Und wohl bekomm’ Euch, was Herr Waze und seine Buben noch übrig gelassen!“ Während Bruder Wampo hurtig zum Feuer rannte, um die Forellen ihrem Schicksal zu überliefern, ließ sich der Sprecher dieser Worte, ein stämmiger Kriegsmann, neben Eberwein auf einen Steinblock nieder. Es war Herr Friedrich von Haunsperg, der erzbischöfliche Kastellan der Salzaburg. Ein grauer Spitzbart verlängerte das harte knochige Gesicht, darin zwei graue scharfblickende Augen funkelten; am Gürtel trug er ein breites Schwert, einen Dolch an eisernem Kettlein, und unter dem grüngefärbten Lederwams klirrte das Ringhemd. „Ich bin um Euretwillen schön in die Irre geritten,“ sagte er lachend zu Eberwein. „Draußen beim Rotemannsbach wurde mir das Warten zu lang, ich wollt’ Euch ein Stücklein den Berg hinauf entgegenreiten, im dichten Gehölz hab’ ich den Pfad verloren, und wär’ der Knecht nicht gekommen und hätt’ nach mir geschrien wie ein Jochgeier, wer weiß, ob ich den Weg so bald wieder gefunden hätt’.“

„Ich beklage die Uebermüh’, die ich Euch durch mein Zögern verursacht habe,“ sagte Eberwein. „Doch wüßtet Ihr, was alles ich erfahren und gesehen – Ihr würdet mich entschuldigt halten.“

„Entschuldigt seid Ihr für alle Fälle. Aber nun leget los, Herr Pater … oder …“ Die Augen des Kastellans wurden kleiner, und über seine schmalen Lippen zuckte ein kaum merkliches Lächeln, „oder muß ich schon sagen: Herr Propst? Also, erzählet, wie hat Euch das Ländlein gefallen, das Ihr Euch angesehen von oben herab?“ Eberweins Augen leuchteten; er hatte kein Ohr für den versteckten Spott dieser Worte, und in fließender Rede begann er zu erzählen …

Inzwischen schaffte Bruder Wampo drüben am Feuer mit brennendem Eifer und blitzschnellen Händen; bald sprang er zum Bratspieß, bald wieder zum Kessel, in welchem er die Forellen sott. Dabei wußte er für jeden der Knechte ein Geschäftlein; sie mußten durcheinandersurren wie die Hummeln. „Schwitzet nur, heut’ hab’ ich noch gute Zeit!“ kicherte Wampo. „Steht die Klaus’ einmal, dann muß ich alles selber schaffen!“

Nah im Walde klangen wuchtige Beilhiebe; Bruder Schweiker hantierte mit der Axt, und wo er hinschlug, sprangen die Splitter und sanken die jungen Bäume. Nach einer Weile kam er, ein Dutzend dicker Stangen auf dem Rücken schleppend; vier trieb er in den Grund und legte über die Stangen eine Felsplatte als Tisch; daneben errichtete er zwei kleine Bänke. Als sein Werk zu Ende gediehen war, kam Bruder Wampo herbeigeschossen, deckte den Tisch, brachte eine hölzerne Platte mit Fisch und Braten herbei und lief dann, um die Herren zu rufen, die er in heftigem Gespräche fand, auf Eberweins Zügen brannte die Erregung und Herr Haunsperg schien übler Laune zu sein. Der Bruder machte eine Verbeugung, die einem Koch des herzoglichen Hofes zur Ehre gereicht hätte, und sagte: „Das Tischlein ist gedeckt, wohl bekomm’s den Herren!“

Herr Haunsperg sprang auf. „Das erste gescheite Wort, das ich höre!“ Und zu Eberwein sich wendend, meinte er lachend: „Kommt, Pater, lassen wir jetzt die Zungen ruhen und dafür die Zähne arbeiten!“ Er ging zum Tisch.

„Wo ist Waldram?“ fragte Eberwein.

Bruder Wampo rannte davon, daß die Kutte flatterte. Nach kurzer Weile kam er zurück und schüttelte gar bedenklich den Kopf. „Ihn hungert nicht, hat er gesagt – ihn speiset die Gnade Gottes.“

[39] Schweigend wandte sich Eberwein zum Tisch, faltete die Hände und sprach mit leisem Flüstern das Gebet. Herr Haunsperg lächelte kühl, doch er entblößte das Haupt. Auch die Brüder und mit ihnen die Knechte standen betend abseits. Man hörte nur das Murmeln der Ache, das Knistern des erlöschenden Feuers und die sachte Plauderstimme, die der leichte Windhauch in den Wipfeln der Bäume weckte. Dann saßen sie alle und aßen; die Herren am Tisch, Schweiker und Wampo neben dem Feuer, die Knechte tiefer im Wald. „He, Bruder!“ rief Herr Haunsperg. „Mich dürstet, gieb zu trinken her!“

Wampo lief und kam mit einer schweren Bitsche. Herr Haunsperg öffnete den Deckel. „Wasser? Damit bleib’ mir vom Leib, Bruder! Laß Wein anfahren! Ich hab’ doch bei der Ladung ein Fäßlein gesehen. Zapf’ an!“

Bruder Wampo machte ein verlegenes Gesicht, und hustend schielte er nach dem Pater. „Der Wein ist für Gottes Tisch bestimmt,“ sagte Eberwein. „Ach so,“ brummte Herr Haunsperg und hob die größte Forelle von der Platte.

Der Bruder kehrte zum Feuer zurück und nahm die unterbrochene Arbeit seiner Zähne wieder auf. Als die letzte Forelle und das letzte Restlein des Bratens verschwunden war, wischte er die Finger über die Kutte und seufzte.

„Was hast denn?“ fragte Schweiker.

„Ach, Bruder, mir schwant, als hätten wir heut’ auf lang’ hinaus zum letztenmal gegessen, wie’s einem Menschen wohlthut – mir schwant, als käm’ eine böse Zeit für uns!“

Lächelnd zuckte Schweiker die Schultern. „Es kommt halt, wie Gott will! Thu’ Dich trösten, Bruder, und laß den Mut nicht sinken! Laß uns gut und fromm bleiben und laß uns fest halten am lieben Herrn – so schickt er uns wohl in der höchsten Not einen Engel mit Himmelsbrot.“

Bruder Wampo seufzte abermals.

„Himmelsbrot!“ Schweikers Augen blickten träumend ins Blau. „Ich wär’ mit einem Bröserl schon zufrieden. Das thät’ bei mir reichen fürs ganze Leben.“ Leise, als spräche er die Worte eines anderen nach, mnrmelte er vor sich hin: „Wer gespeiset aus Gottes Hand, wer gegessen des Himmels Brot, siehe, der fühlt sein Herz erhoben in Freud’ und reiner Süßigkeit, ihn quälet nimmer Sorg’ und Kummer, und seine Seel’ ist voll des Glückes, das ihr Gott gegeben!“ Er atmete tief, und langsam strich er mit der schwieligen Hand über die Stirne.

Wampo sah ihn von der Seite an; dann erhob er sich, um den Tisch der Herren zu räumen, welche ihre Mahlzeit beendet hatten. Solange der Bruder zugegen war, schwieg das Gespräch; dann sagte der Kastellan mit kühlem Lächeln. „Ich will Euch meinen Rat nicht aufdrängen, aber wenn Ihr ebenso klug seid als fromm, dann richtet Ihr Euch nach meinen Worten. Ich kenne Herrn Waze. Er ist nicht besser und nicht schlechter als alle sind, die an solcher Stelle sitzen. Sein Graf war immer weit und hat sich um Land und Leut’ im Gadem den Teufel gekümmert.“

„Ihr redet derb, Herr Haunsperg!“ mahnte Eberwein in mühsam bekämpfter Erregung.

„Ich rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Ich wollte nur sagen: Herr Waze hat in seiner Einöd’ nie einen Druck von oben gespürt, und das hat ihn übermütig gemacht. Ich rate, findet Euch im guten mit ihm ab! Ueber die vierzig Jahre sitzt er als Spisar im Berchtersgadem …“

„Und das ist sein einziges Recht?“

„Ihr meinet, nach dem Landgesetz? Wenn ich die Wahrheit sagen soll – ja! Aber muß denn ein Recht immer ein geschriebenes sein? Das Herkommen, Pater, wenn es graue Jahr’ auf dem Buckel hat, ist auch ein Recht – und das hält oft besser als Eure geschriebenen Gesetze.“

„Ich will das Recht des Herkommens, auf das sich Herr Waze stützen mag, nicht verneinen. Ich hab’ es heute schon einmal gesagt, er soll in meinem Lande sein, was er bisher gewesen, er soll seinen gerechten Teil haben an Zins und Steuer und den Wildbann will ich ihm nicht beschränken. Doch soll er meinem Land ein guter Walter sein, nicht ein Wolf in der Herde.“

Herr Haunsperg verzog die Lippen. „Ach was, Wolf! Wen reißt er denn am Fell? Den Bauer! Mit Euch wird er zechen und jagen!“ Eine dunkle Röte flog über Eberweins Züge. „Mich lüstet nicht nach solcher Kurzweil. Mag Herr Waze Unbill über Unbill wider mich begehen, ich will es dulden. Aber das Wohl meiner Bauern, die Unschuld und das Recht in meinem Land werd’ ich vor ihm und seinen Söhnen zu wahren wissen.“

„Man merkt Euch an, Herr Pater, daß Ihr noch niemals Land und Leute in der Hand gehabt! Sonst würdet Ihr anders reden und den Bauer ein wenig billiger schätzen. Aber ich hab’ keine Sorg’ um Euch! Werdet nur erst warm auf dem Herrensessel und Ihr werdet bald hinter das Sprüchlein kommen: Bauernbutter ist Herrenfutter! Ich erleb’s noch!“

„Das glaub’ ich kaum, Herr Haunsperg, und wenn Euch der Himmel auch Methusalems Alter schenkt!“

„Dafür wär’ ich dem Himmel dankbar. Aber genug jetzt! Ich hab’ Euch meinen Rat gegeben, Ihr schlagt ihn in den Wind – über Jahr und Tag wollen wir uns wieder sprechen. Ich meine, Ihr werdet bald dahinterkommen, wie mit Herrn Waze am besten zu fahren ist. Mit Gewalt geht’s nicht, ich sag’s Euch noch einmal voraus!“ Herr Haunsperg lachte spöttisch. „Und ich meine, gerade Ihr hättet die geringste Ursache, seine Art zu schelten. Denn hätten die im Grafengadem nicht seit lang’ gespürt, wie schlecht sich mit Herrn Waze die Kirschen essen, so hätte Frau Adelheid von Sulzbach das fromme Gelübde ihrer Mutter wohl kaum erfüllt.“

Auf Eberweins Lippen schien ein zorniges Wort zu liegen; doch es wurde nicht laut. Ein tiefer Atemzug schwellte die Brust des Mönches, und ruhig klang seine Stimme: „Ihr redet übel, Herr Kastellan, und Euer bischöflicher Herr möchte solche Rede mit Zürnen vernehmen.“

„Meint Ihr?“ war die lachende Antwort.

„Ihr habt so scharfblickende Augen! Aber wie trüb und unklar sieht Euer Blick in dieser Sache! Wollten die frommen Frauen dem Himmel eine Freude machen, welch ein besseres Geschenk hätten sie wählen können als gerade dieses unwirtbare Thal mit seinen armen, von Unrecht und Gewalt bedrückten Menschen, denen noch kaum ein Schimmer des Heils geleuchtet, denen vom Brot des Himmels nur verstreute dürre Brosamen zugefallen sind. Daß zwischen dieser Menschen Hütten ein Gotteshaus sich erheben möchte, von dessen kreuzgeschmücktem First das Licht hinausstrahlt in die Dunkelheit, einen neuen freundlichen Tag erweckend – das, Herr Haunsperg, war der fromme Sinn der Schenkung, welche das Schicksal dieses Landes in meine Hand gelegt.“

„Gut, Herr Pater! Reichet das Himmelsbrot mit vollen Händen – Ihr scheint ja Ueberfluß zu haben. Ich meine nur, es wird Euch die Erfahrung nicht erspart bleiben, daß Eure neuen Herzenskinder den gewohnten Sterz und Sauerkäs besser vertragen als Euer feines Klostergebäck!“ Herr Haunsperg blickte nach der Sonne. „Die Zeit verrinnt, wir müssen an den Aufbruch denken.“

„Für diese Mahnung dank’ ich Euch! Wir haben mit Reden eine kostbare Stunde verloren. Ich könnte das offene Thal schon erreicht haben und Ihr auf dem Heimritt schon das Walser Feld.“

Betroffen blickte der Haunsperger auf. „Was heißt das? Ich reite mit Euch und wähle den Platz, auf dem die Klause stehen soll.“

„Ich danke für Euer Geleit. Reitet heim, Herr Kastellan, ich wähle selbst!“

„Das geht nicht an, Pater! Ihr seid ein Fremder im Land. Und mein Bischos will …“

„Hier gilt mein Wille!“ unterbrach Eberwein die grobe Rede; stolz richtete er sich auf. „Es ist mein Land, auf dem wir stehen.“

Dem Kastellan blieb das Wort in der Kehle stecken; mit eingekniffenen Augen maß er die Gestalt des Mönches. Dann lachte er „Ach so!“ und wandte sich gegen den Wald „He, Ruppert!“ Einer der Kriegsknechte kam gelaufen. „Die Pferde her! Wir reiten heim!“ Ohne Gruß und Abschied folgte Herr Haunsperg dem Knechte. Eberwein legte die Hände auf die Brust und atmete, als hätte er eine drückende Last von sich abgewälzt. „Bruder Schweiker!“ rief er. „Laß die Saumtiere beladen, wir brechen auf!“

Ein geschäftiges Treiben begann. Eberwein selbst überwachte die Ladung und griff mit kundigen Händen zu.

Herr Haunsperg war zu Pferd gestiegen; als er unter den Bäumen hervorritt auf den offenen Weg, trat ihm Waldram entgegen. Vom Pferd herunter reichte ihm der Kastellan die Hand. „Lebt wohl, Pater, wir reiten heim!“

[40] Waldram furchte die Brauen. „Seid Ihr schon müd’ geworden im Dienste Gottes?“

„Ich und müde?“ Herr Haunsperg lachte. „Wenn Ihr mich ungern scheiden seht, so müßt Ihr mit dem Propst vom Berchtersgadem rechten. Ihm ist der ‚Herr‘ zu Kopf gestiegen wie junger Wein – er hat mir bedeutet, wo die Grenzen seines Landes liegen.“ Der Kastellan gewahrte den finsteren Blick, der aus Waldrams Augen zu Eberwein hinüberfunkelte; er neigte sich im Sattel und dämpfte die Stimme. „Er ist mit dem Herrenspielen flink bei der Hand, Euer Propst, das werdet auch Ihr noch fühlen!“

„Ich werde tragen, was Gott mir auferlegt.“

„Eurer Frömmigkeit alle Ehre, Pater! Aber ich meine fast, die frommen Väter zu Raitenbuch hätten besser wählen können.“

„Sie wählten, wie es ihnen gut schien,“ sagte Waldram mit verlorenem Blick.

„Freilich, freilich! Aber ich rede, wie mein Bischof redet. Er hat Euch liebgewonnen, Pater! Gestern vor Schlafengehen sagte er zu mir: ‚Wenn ich zu walten hätte in dieser Sache – und wer weiß, ob die Zeit nicht kommen wird – dieser Waldram hätte mein Vertrauen! Ist das ein Mann! Göttliche Glut jeder Gedanke, göttliche Kraft jedes Wort!‘ Ja, Pater, so sagte er.“

Waldram schwieg; aber eine dünne Röte färbte seine bleichen Wangen, und heißer brannten seine Augen. Herr Haunsperg lächelte. „Ich weiß, Euer frommes Gemüt kennt die Eitelkeit nicht. Doch die Meinung meines hohen Herrn soll Euch Freude machen und Euren Mut heben. Ihr geht einem schweren Kampf entgegen. Und wann bei Eberwein die gähe Hitze verflogen ist, und es kommt bei ihm die Zeit der ratlosen Schwäche …“

Waldram hob mit geballten Fäusten die hageren Arme. „Dann will ich ihn stützen mit meiner Kraft.“

„Das ist ein Wort! Und nun lebt wohl, Pater; Ihr habt mich guten Mutes gemacht!“

„Gottes Geleit auf Euren Weg! Und bringet Eurem Herrn den Gruß seines frommen Knechtes!“

„Das will ich, Pater! Gott befohlen!“ Herr Haunsperg gab dem Pferd die Sporen und folgte den beiden Knechten, die schon ein gut Stück Weges vorausgeritten waren. Bei einer Wendung des Pfades blickte er noch einmal zurück und lächelte. „Geht nur! Rodet und pflanzet, pflüget und säet … wenn die Aehren stehen, komm’ ich wieder und lege meines Herrn große Hand auf Euren Schweiß.“




5.

Hochbeladen standen die vier Saumtiere inmitten der Wiese, jedes von einem Knecht am Leitzaum gehalten. Bruder Wampo, schon den Stab in der Hand, machte ein verdutztes Gesicht, als er den Kastellan davonreiten sah. Er trat zu Eberwein. „Der Haunsperger reitet heim nach der Salzaburg? Wer soll uns denn führen jetzt?“

„Eigel, der Kohlmann. Wo ist er?“

Keiner wollte ihn gesehen haben. Wampo und Schweiker riefen den Namen des Alten nach allen Richtungen, umsonst, es ließ sich keine Antwort hören. „Er ist nimmer da, Herr,“ jammerte Wampo, „jetzt hat uns der auch noch sitzen lassen, der weißhaarige Tropf!“ Aus Eberweins Augen traf ihn ein vermahnender Blick. „Verzeihet das schieche Wort, Herr,“ stotterte der Bruder, „es ist mir halt so herausgerutscht! Aber wer soll uns denn führen jetzt?“

„Einer, ohne dessen Wissen kein Schritt geschieht. Es liegt der offene Weg vor uns, wir wollen ihm folgen.“

Die Fahrt begann, Eberwein aber stand noch, den Stab in der Hand, und wartete auf Waldram; als der Pater kam, hafteten Eberweins Augen mit sorgendem Blick an dem bleichen Gesicht des Mönches. „Waldram, erzählte Dir der Haunsperger, daß wir in Unmut schieden?“

„Nein!“ sagte Waldram mit kaltem Wort und schritt vorüber.

Ein bitteres Lächeln glitt über Eberweins Lippen. Er wollte langsam folgen. Da stockte schon der Zug, und von der Spitze her hörte man die lauten Stimmen Wampos und Schweikers. „Herr, wir wissen nimmer weiter,“ sagte der letztere, als Eberwein hinzutrat, „da scheidet sich der Weg! Welcher ist der richtige?“

Man fragte die Führer der Saumtiere; sie waren Salzaburger Leute, doch keiner von ihnen hatte den Berchtersgadem je betreten. Eberwein lauschte nach der Richtung, aus welcher das Gemurmel der Ache sich hören ließ, und spähte in das dichte hohe Gestrüpp, das jeden weiteren Ausblick verwehrte. Schweiker zupfte ihn am Aermel und flüsterte: „Herr, ich mein’, wir müssen nach links hinaus. Dort auf der Linkseit’ geht eine Furt durchs Wasser.“

Eberwein nickte, und der Zug setzte sich nach der Linken in Bewegung. Sie erreichten die Ache und überschritten den Bach in seichter Furt. Zwischen hohem dichten Gestrüpp von Erlen und Weiden wand sich ein schmaler Pfad; der Boden war feucht, und zuweilen sperrten trübe Pfützen den Weg. Eine Stunde währte die Wanderung; es wurde immer schwieriger, einen Pfad noch zu unterscheiden, denn häufiger und dichter traten die Büsche aneinander, so daß nur schmale Lücken verblieben, durch welche die Saumtiere mit ihrer Ladung sich nur mühselig hindurchzwängten. Und schließlich verschwand jede Spur eines Weges.

Waldram, der den Zug geführt, stand eingekeilt zwischen wirrem Gezweig und suchte sich vorwärts zu kämpfen. Bald versagten seinem erschöpften Körper die Kräfte. Wo er stand, ließ er sich niedersinken. Eberwein drang zu ihm. „Was ist Dir? Hat eine Schwäche Dich befallen?“

Bleich und zitternd richtete Waldram sich auf. „Geh’! Ich habe Dich nicht gerufen zu meiner Hilfe!“ Er faßte das Kreuz an seinem Gürtel und warf sich in die Büsche.

Eberwein hielt ihn zurück. „Ich bitte Dich, Waldram, bleib’ und raste! Wir wollen den verlorenen Pfad wieder suchen.“ Er wandte sich um und rief die beiden Brüder; der eine sollte nach rechts, der andere nach links durch das Buschwerk dringen, er selbst gedachte in gerader Richtung zu suchen.

Bruder Wampo seufzte, blies die Backen auf und fuhr mit dem Kuttenärmel vom Nacken bis zur Stirn. „In Gottes Namen!“ murmelte er und begann, den einen Arm als Wehr über das Gesicht haltend, sich zwischen dichtem Gezweig hindurchzuwinden. Es war eine harte Arbeit, durch Geschling und Ranken und Sumpf sich durchzuarbeiten. Endlich gewahrte er im Schlamm Spuren von Dritten. „Da müssen doch Leut’ gegangen sein! Oder Küh’? Oder Geißen?“ Seufzend schüttelte er das runde, von Tropfen überronnene Köpflein und arbeitete sich weiter. Wieder geriet er in Sumpf und rettete sich auf einen Stein, der wie eine kleine weiße Insel aus dem Schlamm hervorragte. Aber wie nun weiter? Aus einem Wuste dürrer Blätter lugte ein schwarzer Klotz – es war wohl ein vermoderter Baumstrunk? Mit beiden Händen faßte Wampo zwei hängende Aeste und gab sich einen kühnen Schwung. „Hopsa!“ Glücklich erreichte er mit den Füßen den Klotz – aber das schwarze Ding unter ihm wurde jählings lebendig, sprang auf und rannte grunzend davon, während Bruder Wampo rücklings niederpurzelte in den Schlamm, Arme und Füße in die Höhe streckte und mit zeternder Stimme schrie. „Rette mich, Herr – unter mir thut die Höll’ sich auf und will mich schlingen! Hilfe! Hilfe!“

Da ging ein Rascheln, Knacken, Surren und Grunzen los in allen Büschen, überall ward es lebendig unter den welken Blättern, und nach allen Richtungen stoben die aus ihrem Mittagsschläfchen aufgescheuchten Wildschweine durcheinander in wirrer Flucht, mit breiten borstigen Rücken und dicken Köpfen, Alte und Junge. Schreiend raffte Wampo sich auf und überkollerte sich wieder … zwei Frischlinge waren ihm zwischen die Beine gefahren. Quieksend rannte das eine Tierchen davon, während Wampo mühsam sich aufrichtete, triefend von Schlamm. Im fernen Gebüsch verstummte das Brechen und Rauschen, und der Bruder stand da, zum Himmel aufblickend, mit seitwärts gestreckten Armen und gespreizten Fingern. „Herre, Herre! Deine Straf’ hat flinke Füß’ … schön hast mich eingetaucht für meine Sünden!“ Da rührte sich etwas vor seinen Füßen, ein ganz klein wenig nur, dann war’s wieder ruhig. Mit starren Augen blickte Wampo zu Boden und sah eine behaarte Ohrmuschel aus dem Schlamm hervorlugen. „Ei, ei, ei!“ stotterte er, griff mit beiden Händen zu und hob einen Frischling auf, den er im Sturz erdrückt hatte mit seines Leibes Gewicht. Nur einen Augenblick besann er sich, dann schwang er das Tierchen hurtig über die Schulter. „Das giebt einen guten Braten auf die Nacht!“ Und freundlich zwinkerte er zum Himmel auf. „Er schickt halt doch mit aller Not auch allweil einen Trost!“

Es rauschte in den Büschen. „Bruder, Bruder!“ klang die

[41]

Photographie im Verlage von Braun, Clément u. Cie. in Dornach, Vertr. H. Grosser in Leipzig.

Sappho.
Nach einem Gemälde von H. Coomans.

[42] Stimme Eberweins, der mit zwei Knechten kam, von Wampos jammervollem Geschrei herbeigerufen. Es hatte weithin durch Gebüsch und Wald geklungen.

Auch bis an Schweikers Ohr. Der hatte in lichterem Gebüsch einen Hügel erstiegen, als er das Geschrei vernahm. In Besorgnis lauschte er und wollte schon zurückkehren, da hörte er das laute Gelächter der Knechte und meinte: „Hat’s ein Unglück gegeben … arg kann’s wohl nicht sein, wenn die Leut’ so lachen mögen!“ Und beruhigt schritt er weiter. Immer lichter standen die Büsche auf dem steiler werdenden Gehänge, über das er emporstieg. Er hoffte, eine Höhe zu erreichen, die ihm einen freien Ausblick über das dicht bewachsene Thal gewähren möchte.

Da hörte er vom höheren Hang herab einen Jodelruf, der hell und rein wie ein Geigenstrich über das Thal hinweg klang, und dann setzte eine helle Mädchenstimme mit einer Weise ein, so flink und munter, so leicht und gaukelnd wie ein Schmetterling über sonniger Wiese:

„Ein Wassert, ein hell’s,
Huliö dilio,
Ein lustig’s und schnell’s,
Huliö dilio,
Das treibet im Bacherl
Die Steiner und Fels’,
Huliö dilijuchhaha ho!

Ein Trumm, so ein Glach[1],
Huliö dilio,
Liegt mitten im Bach,
Huliö dilio,
Der stemmt sich und wehrt sich
Und giebt nimmer nach,
Huliö dilijuchhaha ho!

Das Wasserl, das hupft,
Huliö dilio,
Und grabelt und schupft,
Huliö dilio,
Geh’ weiter! Kommst wieder,
So hat’s ihn derlupft,
Huliö dilijuchhaha ho!

Und da liegt er im Eck,
Huliö dilio,
Thut nimmer so keck,
Huliö dilio,
Ein Wasserl, ein richtigs,
Bringt alles vom Fleck,
Huliö dilijuchhaha ho!“

Dem Klang der singenden Stimme folgend, hatte Schweiker den Saum der Büsche erreicht und einen freien, von Geröll halb überschütteten Hang betreten. Da stand er nun, machte einen schiefen Kopf und riß die blauen Augen auf. Das heitere Lied und die fröhliche Weise, der frische jugendliche Laut der Stimme, über ihm die warme Sonne und der helle Himmel, und noch irgend etwas in ihm selbst … das alles hatte in Schweiker die Erwartung eines freundlichen Anblicks erweckt. Und was fand er? Im spärlichen Schatten eines kümmernden Dornstrauchs saß eine kleine schmächtige Gestalt, mit einer grauen Kotze dürftig bekleidet. Wie von einem Reisigbüschel war der Kopf von wirrem dick verfilzten Haar umstarrt, das keine Farbe zu haben schien. War es blond, braun oder grau? Und das Gesicht, war es hübsch oder häßlich? Schweiker grübelte, aber eine Lösung dieser Frage wollte ihm nicht gelingen. Denn Gesicht und Arme des Mädchens, alles an ihm, was die Kotze zu sehen gab, war dick überkrustet von veraltetem Schmutz. Neben dem Mädchen lag ein zottiger Geißbock und hielt den bärtigen Kopf mit dem krummen Gehörn an die Hirtin angeschmiegt; weiter draußen auf dem Hang, zwischen sonnigem Geröll, weideten vier gefleckte Ziegen.

Langsam hatte sich die Hirtin erhoben; sie schien erschrocken, denn der Stecken in ihren Händen zitterte, und die Augen waren weit aufgerissen, daß man rings um die Sterne das Weiße sah.

„Grüß’ Dich Gott, Kindl!“ sagte Schweiker und streckte zum Gruß die rechte Hand hin. Aber die Hirtin stand nur und zitterte und schaute. „Grüß’ Dich Gott, Kindl!“ wiederholte Schweiker und machte ein Gesicht, so freundlich, als er es mit aller Müh’ zuwege brachte. „Grüß’ Dich Gott!“ Die Hirtin schwieg. „So gieb mir den Gruß doch heim!“ Keine Antwort. „Aber so red’ doch! Mußt ja doch reden können … ich hab’ Dich ja singen hören.“

Keine Antwort.

Schweiker kraute sich hinter den Ohren. „Da muß ich halt selber schauen, wo ein Weg geht.“ Einen stummen Blick noch warf er auf den sprachlosen Schmutzfleck, schüttelte den Kopf und stieg über den freien Hang hinauf. Langsam drehte die Hirtin das Gesicht und folgte jedem Schritt des Mönches mit staunenden Blicken. Nun stand er, auf seinen Stab gestützt, in heller Sonne; sein Haar und Bart schimmerte wie Silber. Lauschend spähte er in das Thal hinunter, hörte die Stimmen Wampos und der Knechte, und am Schwanken der hohen Buschwipfel erkannte er die Stelle, an der sie sich befanden. Nun sah er auch, daß ein Ausweg aus dem Gestrüpp nicht schwer zu finden war. Schief gegen den ansteigenden Hügel mußte der Zug sich halten; so konnte man eine kleine Blöße erreichen, von welcher ein deutlich sichtbarer Weg hinausführte gegen einen lichteren Hochwald. Dem freien Hang, auf welchem Schweiker stand, lag dieser Wald noch näher; so dachte er, daß es am besten wäre, wenn er durch den Wald hinunterstiege und seinen Leuten auf dem Weg entgegenkäme, den sie zu nehmen hatten. Kaum hatte er die ersten Bäume erreicht, da hörte er hinter sich ein Knacken und Brechen, als er sich umblickte, stand die Hirtin vor ihm, und die Ziegen kamen ihr nachgerannt.

Schweiker lachte, spreizte den Stab vor sich hin und legte das Kinn auf die Hände. „Ja Kindl, warum laufst mir denn nach?“

„Hast ’was fragen wollen?“ sagte die Hirtin mit hellem und weichem Stimmlein.

„Schau, schau, jetzt kannst ja auf einmal reden! Aber was ich hab’ fragen wollen, weiß ich schon.“ Der Struwwelkopf senkte sich, und die grauen Hände drehten den Stecken. „Aber sag’, Kindl, wer bist Du? Und wie heißt Du denn?“

„Hinzula heiß’ ich.“

„Uuh! Das ist aber ein schöner Nam’! Der gefallt mir besser als …“ Schweiker hatte sagen wollen: „besser als Du“, doch er verschluckte das Wort. „Und wem gehörst denn, Kindl?“

„Dem Greinwalder.“

„Und wo hauset denn der?“

„Sell droben,“ sagte die Hirtin und deutete mit dem Stecken durch den Wald hinauf.

„Gelt, Kindl, hast wohl keine Mutter nimmer?“

„Freilich hab’ ich eine. Warnm fragst denn so …“ Jetzt verschluckte sie ein Wort.

„Ich hab’ halt gemeint … weißt … sag’, Kindl, wie lang’ hast Dich denn nimmer gewaschen?“

„Vier Jahr’,“ sagte sie, so kurzweg, als wäre das eine selbstverständliche Antwort.

Bruder Schweiker brach in helles Gelächter aus. Die Hirtin schien verlegen zu werden; sie stotterte: „Weißt, ich darf halt nicht!“

„Ja wer verbietet’s denn?“

„Die Mutter!“

Schweiker hörte zu lachen auf und schüttelte bedenklich den Kopf. „Kindl, Kindl, Du bist ein kleines Saubartele, aber Deine Mutter ist ein großes!“

„Warum thust denn schelten drüber? Es muß doch sein. Und … und warum sagst denn allweil ‚Kindl‘ zu mir?“ Die Hirtin hob zögernd das Gesicht. „Ich bin doch schon eine Dirn’!“ Sie atmete tief und streckte sich; unter der mürben Kotze verrieten sich schüchtern die sprossenden Formen des jungen Körpers.

Bruder Schweiker wurde rot bis unter die Haarwurzel. „So? So? Eine Dirn’?“ stotterte er. „Schau, das ist halt schwer zu merken gewesen. Bist ja schier noch so klein wie ein Kindl. Mußt halt noch ein lützel wachsen, gelt? Wohl wohl! Und jetzt – behüt’ Dich halt Gott jetzt!“ Schweiker nickte zum Gruß und ging davon. Aber Hinzula sprang ihm nach und hielt ihn am Aermel fest. „Und Du? Wer bist denn Du?“

„Ich?“ Bruder Schweiker machte ein ernstes Gesicht. „Ich bin ein Gottesmann. Wohl wohl! Und jetzt bauen wir im Berchtersgadem eine Klaus’ und ein Kirchl daneben. Paß nur auf, wirst das Glöckl schon läuten hören! Nachher komm’ nur und bet’ für Deine junge Seel’!“ Er machte mit der Hand das Kreuzzeichen über Hinzulas Gesicht und schritt dem Thal entgegen.

Als er zwischen den Bäumen schon die Helle der nahen Lichtung gewahrte, blickte er über die Schulter zurück. Dort oben, immer noch auf dem gleichen Fleck, stand die Hirtin wie angewurzelt. „Eine Dirn’, und hat sich vier Jahr’ lang nimmer gewaschen!“ Er schüttelte den Kopf und begann zu grübeln. Was hatte sie nur sagen wollen mit dem Wort: „Es muß doch sein?“

Schweiker blickte auf. Er mußte irrgegangen sein. Richtig, dort drüben lag die Blöße. Nun schritt er eilig aus und hörte auch bald die Stimmen der Seinigen. Durch das wirre Buschwerk kämpfte er sich zu ihnen. „Ich hab’ einen guten Weg gefunden!“

Bruder Wampo that einen tiefen Seufzer. „Gott sei Dank!“

Da fielen Schweikers Blicke auf ihn. „Ja mein, Bruder, wie schaust denn Du aus! Wie der Hinzula aus dem Gesicht geschnitten!“

„Wen Du meinst mit der Hinzula, weiß ich nicht. Aber wenn sie ausschaut wie ich, dann kann einem grausen vor ihr!“

Nun lachten sie alle.

„Aber red’ doch,“ fragte Schweiker, „was ist denn geschehen?“

Mit sprudelnden Worten erzählte Wampo sein Abenteuer; [43] den erbeuteten Frischling von der Erde hebend, sagte er: „Einen Weg suchen bin ich ausgegangen und hab’ ein Ferkel gefunden!“

Schweiker schmunzelte. „Da haben wir es allbeid’ gleich getroffen! Aber komm’, jetzt heißt’s schaffen!“

Er suchte aus der Ladung die Axt hervor und begann, im Gestrüpp einen Pfad für die Saumtiere auszuhauen. Die Arbeit ging ihm flink von statten, jeder Hieb gab aus; aber es währte doch eine Stunde, bis der Zug die Blöße erreichte und den Wald gewann. Eine Strecke zogen sie den Saum entlang und gerieten in eine kleine freundliche Thalmulde. Schweiker, der den Zug geführt, blieb stehen und blickte um sich. „Was suchst Du?“ fragte Eberwein.

„Ich schau mir das Platzl an und mein’, wir könnten ein besseres nicht finden für die Nachtrast. Die Sonn’ geht hinter die Berg’ … und ein Wetter steigt auf!“

„So laß uns bleiben!“

Der Platz war gut gewählt, nach allen Seiten gegen Wind und Sturm geschützt: im Rücken der ansteigende Wald mit riesigen Bäumen, hohes Gestrüpp zur Rechten und Linken, und im Vordergrund die von blühendem Heidekraut überwucherte Mulde, an welcher die rauschende Ache vorüberfloß.

Nun gab es Arbeit. Man nahm den Saumtieren die Ladung ab, und während die Knechte sich anschickten, zwei Reisighütten aufzuschichten, ging Schweiker mit der Axt in den Wald, um feste Stangen für die Zelte zu holen. Als er zurückkam, die langen Hölzer schleppend, zog Wampo aus einem der Ballen eine frische Kutte hervor. „So, Bruder, jetzt reit’ ich mich in die Schwemm’! Und nachher wird fein aufgekocht. Wenn die Zelt’ stehen, so sei so gut, mach’ ein Feuer an und such’ mir ein Eisen heraus, mit dem ich das Ferkel brennen kann. Das soll Dir ein Brätlein werden, daß Dir das Wasser auf der Zung’ zusammenlauft, wenn Du nur dran hinriechst.“

Er nickte, zwinkerte mit den Aeuglein und sprang mit flinken Beinen durch das blühende Heidekraut. Vor dem Ufer der Ache blieb er stehen und schnitt eine bedenkliche Miene; wohin er blickte, überall sah er im Bach nur Schaum und Wirbel. Einen ruhigen Tümpel suchend, folgte er dem Ufer und verschwand in dichten Büschen.

(Fortsetzung folgt.)




Die Kometenfurcht einst und jetzt.
Von M. Wilhelm Meyer.

Entthronte Herrscher, gefallene Größen könnte man die Kometen nennen, wenn man die Rolle, die sie im Leben der Menschen spielen oder gespielt haben, durch die Geschichte rückwärts verfolgt. Wenn heute ein solcher geschweifter Fremdling am Firmament auftaucht, so bildet er wohl den Gegenstand lebhafter Neugier bei den Laien, emsiger Beobachtung bei den Astronomen, aber nicht leicht wird sich mehr jemand beikommen lassen, ihm einen Einfluß auf das Wohl und Wehe unseres Erdballs und seiner Bewohner zuzuschreiben. Früher freilich war dieser Einfluß ohne allen Zweifel sehr bedeutend und wenn damals, etwa im fünfzehnten oder sechzehnten Jahrhundert, ein großer Komet erschien, so erzitterte die ganze Menschheit bis zu den gelehrtesten Leuten hinauf vor der schrecklichen Strafe Gottes, welche dieser Komet mit Sicherheit voraus verkündete.

Wie kommt es nun, daß der erschreckende Einfluß dieser himmlischen Sonderlinge so ganz erloschen ist? Ich gebe darauf die auf den ersten Blick unglaublich klingende Antwort: weil die Kometen früher wirklich Unglück über die Menschheit brachten, heute aber nicht mehr. Man erlaube mir zur Erklärung einige allgemeine Gedanken über den Glauben und den Aberglauben vorauszuschicken.

Es ist vollkommen richtig, daß der Glaube „Berge versetzt“. Ist in einer Person die Ueberzeugung fest begründet, daß irgend ein geplantes Unternehmen gelingen müsse, so wird diese Ueberzeugung sich leicht und oft mit Blitzesschnelle auf andere Personen begeisternd übertragen; die genügenden Kräfte sind bald vereinigt und der Berg wird versetzt. Doch der Aberglaube, die Kehrseite des rechten Glaubens, ist leider ebenso stark und zum Unglück, wenigstens in augenblicklicher Wirkung, oft sogar noch viel stärker, als es der gute Glaube ist. Aberglaube wirkt so lange als echter Glaube, bis eben seine Unechtheit allgemein anerkannt ist, was oft erst nach großen Kämpfen geschieht. Der feste Glaube aber, daß die Kometen Unglück prophezeien, mußte durch die allgemeine Aufregung und Verwirrung, welche beim Erscheinen eines solchen in früheren Zeiten durch alle Schichten des Volkes hindurch entstand, auch wirklich Unglück hervorbringen. Daß solche Unglücksfälle, wie sie damals in unserem Sinne durch das Erscheinen der Kometen thatsächlich zu Hunderten hervorgerufen wurden, heute nicht mehr geschehen, verdanken wir ganz allein der Kraft der aufklärenden Wissenschaft, welche eben beweisen konnte, daß die Kometen selbst an all diesem Unglück ganz unschuldig sind, daß vielmehr die Menschen es waren, welche dasselbe in ihrer Verblendung auf sich herabbeschworen. Es mag deshalb von Interesse sein, diesen Kometenaberglauben und seine allmähliche Vertilgung von jenem angedeuteten psychologischen Standpunkte aus zu betrachten, und in dieser Hinsicht möchte ich eine Stelle aus einer 1665 erschienenen Schrift des damals sehr geachteten Basler Professors der Mathematik, Peter Megerlin, anführen, welche betitelt ist „Astrologische Muthmaßungen von der Bedeutung des jüngst entstandenen Cometen“. Diese Schrift, welche von der Gelehrtheit und gut geschulten Denkfähigkeit des Verfassers eine treffliche Probe ablegt, steht dennoch ganz auf dem Boden des astrologischen Aberglaubens, der eben, so lange man nichts Besseres wußte, echter Glaube war. Das mag uns ein Beispiel sein, wie auch bei uns gewiß vieles für lautere Wahrheit genommen wird, um derentwillen unsere Nachkommen mitleidig über uns lächeln werden. In jener Schrift heißt es unter anderem:

„Nun ist es an dem, daß ich meine besondern speculationes und gedanken von der bedeutung dieses noch jetzt stehenden Cometen kurzlich eröffne; Solche aber, bedunckt mich, müße aus der Harmonia Naturae oder übereinstimmung der himmlischen und jredischen Geschöpffen hergenommen werden, da man von vihlen Seculis hero beobachtet, wann etwas newes, als Cometen und andere dergleichen phaenomena am Himmel entstanden, daß auch die Natura sublunaris (die Natur unter dem Mond) mit ungewohnlichen zufällen in ihren ordinarj lauff turbiert und verstört worden seyn; Es sollen aber solche zufäll nicht so fast an dem Himmel, als auff der Erden selbsten gesucht werden; Dann gleich wie bey einer Mahlzeit ein starker trunck bey einem das Podagram, beym andern das Grieß, beym dritten das Grimmen, beim Vierdten das Haubt, Augen, oder Zahn-weh kan erwecken, nicht daß der Wein an ihm selbst so schädlich, als welcher den gesunden kein hinderung bringt, vihlwehr aber erfrischt und auffmuntert; Sondern ihr schwache Natur einen so starken trib nicht erleiden mag: Also auch wird die Elementarische Natur durch entstehung eines Cometen dermassen stark bewegt oder (wie man allhie pflegt zu reden) ergelstert, daß sie hernach in solche ungewohnliche zufäll außbricht, nach dem an einem oder anderm Ort die disposition oder zuneigung zuvor vorhanden war: Wann man nun von einem Cometen judicieren solle, ob er übermäßige Hitz oder Kälte, Dürre oder Gewäßer, Wind oder Erdbidem, Pest oder andere Seuchen, Item ob er eusser- oder jnnerliche Krieg, Auffruhr, Regiments- oder Religions Enderung, und zwar in welchem Lande er solches bedeutte, so wird zu einem guten Prognosticanten nicht nur ein tiefsinniger Physikus oder Natur-kundiger, sondern auch ein weitaussehender Politicus oder Welt-weiser Mann erfordert, welcher den jetzigen zustand underschiedlicher Länder eigendlich wisse zu erkennen.“

So wunderlich diese Worte auch klingen, so liegt in ihnen doch der Schlüssel zu der Erklärung, wie damals vollkommen logisch denkende Leute an den wirklichen Einfluß der Kometen auf unsere menschlichen Geschicke glauben konnten, und es steht uns nach besserer Erkenntnis nicht mehr an, über unsere Vorfahren gar vornehm zu lächeln, wie wir es doch nur zu gern thun. Ein praktisches Beispiel einer Prophezeiung aus derselben Schrift mag den Gedankengang damaliger Sterndeuter noch näher erläutern.

„Als Anno 1652 in einer Löblichen Eydgenoßschafft die Landleuth wegen einiger geringen beschwerden einen großen unwillen gegen ihren Oberkeiten von sich verspüren liessen, da entstund ein Comet ..... als hab ich den des folgenden Jahrs darauff entstandenen Bauren-Krieg darauß prognosticirt, massen solches vihlen [44] und theils vornehmen Persohnen alhie bekandt: Es wurde aber diese empörung, wann der Comet nicht were darzu kommen, villeicht bis zu den Waffen nicht außgebrochen, sondern auf ein ringere manier gestillt worden sein. Darbey zu notieren, daß dieser Comet zu Zürich wegen beständig trüben Wetters niemahle hat können gesehen werden ....: Also ist auch ihre Baurschafft Anno 1653 still gesessen.“

Um zu zeigen, wie solche aus alten Scharteken hervorgezogenen Betrachtungen gelegentlich Bedeutung für die Gegenwart erlangen können und wie der Glaube an die überirdischen Einwirkungen der Gestirne auf die Geschicke der Menschheit in der That heute noch wirklich solche Bewegungen hervorruft, setze ich hierunter sofort eine Stelle aus der „Bromberger Zeitung“, welche im Jahre 1886, als gerade zwei Kometen am Himmel sichtbar waren, die Runde durch verschiedene Blätter machte.

„Unter unserer ziemlich abergläubischen polnischen Landbevölkerung hat die schon seit Jahr und Tag von gewisser Seite geflissentlich verbreitete Prophezeiung von einem in diesem Jahre stattfindenden Weltuntergange die Gemüter in heftige Aufregung versetzt, welche sogar Ausschreitungen befürchten ließ. Die Polizeibehörde von Pakosch hat deshalb auch um Verstärkung der Polizeimannschaft gebeten.“

Aber meine Beispiele der Kometenfurcht sollen sich nicht auf die polnische Landbevölkerung beschränken. Ich will einen Fall anführen, der sich vor hundert Jahren in einem Centrum der Civilisation, nämlich in Paris, ereignete, wo ein Komet, und noch dazu ein eingebildeter, recht viel Unheil angerichtet hat.

Damals hatte man wohl durch die vereinigte Geisteskraft vieler aufgeklärter Köpfe eingesehen, daß die Kometen, so lange sie noch von aller Welt am Himmel gesehen werden, uns kein Leid zufügen können. Denn es wurde bekannt, daß man sie in den verschiedensten Ländern zugleich an ein und derselben Stelle des Himmels sah, woraus hervorging, daß sie sehr weit von uns entfernt sein müssen und jedenfalls nicht mehr unserer irdischen Dunsthülle angehören, wie man es bisher immer dem Aristoteles nachgebetet hatte. Als dann bald darauf Hevel, Dörfel, Bernoulli, Newton zeigten, daß die Kometen ebenso wie die altbekannten Planeten Bahnen um die Sonne beschreiben, welche sich nur in ihrer Form voneinander unterscheiden, da schwand allerdings bald der Nimbus des Wunderbaren von den Kometen, wenigstens insoweit, als man in ihnen Naturwesen erkennen mußte, die sich den Naturgesetzen fügen wie alle übrigen Mitglieder der Sonnengemeinschaft.

Aber ein Punkt blieb hier doch höchst bedenklich. Während nämlich die Planeten uns notwendig immer hübsch weit vom Leibe bleiben müssen, weil ihre Bahnen einander dauernd in weiten Abständen umschließen, so hatte die Rechnung in Bezug auf die Kometen unzweideutig gezeigt, daß ihre Bahnen gelegentlich dem Wege unserer lieben Erde um die Sonne sehr nahe kommen konnten. Wenn also einmal ein Komet und die Erde zugleich an solch einem heiklen Knotenpunkte eintreffen würden, so müßte das allerdings einen Zusammenstoß abgeben, dessen Folgen ohne nähere Kenntnis davon, was ein Komet denn eigentlich sei, gar nicht abzusehen waren. Da aber die unglückseligen Kometen nun einmal in möglichst schlechtem Rufe standen, so konnte man natürlich auch nur das Allerschlimmste, nämlich den Weltuntergang, von solch einem Zusammenstoß erwarten. Als nun der berühmte Astronom Lalande im Frühjahr 1773 einen Vortrag über „Kometen, welche sich der Erde nähern können“ halten wollte, hatte sich vorher, man weiß nicht durch welches hasenfüßige Klatschweib, von denen es, nebenher gesagt, auch recht viele männlichen Geschlechtes giebt, das Gerücht in ganz Paris verbreitet, Lalande habe auf den 12. Mai den Weltuntergang durch Zusammenstoß der Erde mit einem Kometen ankündigen wollen, sei aber von der Polizei daran verhindert worden – und dieses bloße Gerücht reichte hin, einen so panischen Schrecken zu verbreiten, daß nicht nur ganz Paris diesem Tage entgegenjammerte, sondern sogar infolge der Angst Erkrankungen, Todesfälle u. s. f. eintraten und unwürdige Geistliche, welche um schweres Geld Absolution anboten, die besten Geschäfte machten. So zu lesen in der „Geschichte der Astronomie“ von dem kürzlich zu Zürich verstorbenen Rudolf Wolf, Seite 706.

Diese neue Gestalt des Kometenaberglaubens ist selbst heute noch keineswegs vollständig erloschen. Man kann sich immer noch nicht von dem uralten Gedanken trennen, daß diese ungeheuerlichen Zeichen am Himmel auch etwas Ungeheuerliches bedeuten müssen, und da man an vielen so wunderliche und von dem gewöhnlichen Laufe der Natur abweichende, auch bis jetzt unerklärte Dinge beobachtete, so will es dem Laien nur zu leicht scheinen, als wüßten die Astronomen überhaupt noch nicht recht, was eigentlich ein Komet sei, und folglich auch nicht, was wir von einem solchen möglicherweise zu befürchten haben. Wollte ich nun an dieser Stelle alle die hieran geknüpften grundlosen Befürchtungen wieder erzählen und widerlegen, so möchte ich leicht damit einen Jahrgang der „Gartenlaube“ vollständig ausfüllen. Ich begnüge mich aber damit, zu sagen: wir wissen genau, daß der Schweif der Kometen mindestens mehrere millionenmal leichter und luftiger ist als unsere Luft und daß das ganze Gewicht des Millionen von Meilen langen Schweifes vielleicht ein paar Centner nicht übertrifft; ja, sehr vielfach neigt man heute der Ansicht zu, daß der ganze Schweif nichts als eine elektrische Erscheinung sei, ähnlich der in den bekannten Geislerschen Röhren, die desto stärker hervortritt, je leerer die Röhren gemacht werden. Der hellleuchtende Kern der Kometen allerdings enthält jedenfalls etwas festere Stoffe: Meteorsteine und kleine Sternschnuppenkörperchen, von denen auch gelegentlich verlorene Stücke auf unsere Erde herabfallen, ohne irgend welchen Schaden anzurichten. Jener Steinkern der Kometen ist immer von einer ausgedehnten Dunsthülle aus Kohlenwasserstoff-, Natrium- und Wasserdämpfen umgeben, und das Ganze hat im Durchmesser selten eine Ausdehnung von mehr als dem fünften Teile unseres Erddurchmessers. Ueber diesen „Kern“ lagern allerdings noch andere Dunsthüllen, die „Hauben“ des Kometen, welche indes so durchsichtig sind, daß unsere Atmosphäre als ein dicker Herbstnebel dagegen erscheinen würde.

Nun kann die Wissenschaft zwar nicht bestreiten, daß solch ein Kometenkopf gelegentlich einmal so unhöflich sein könnte, geradeswegs gegen die Erde loszufahren. Durch einen Teil eines solchen sind wir in der That am 27. November 1885 und ein anderes Mal genau dreizehn Jahre vorher hindurchgeflogen. Glänzende Sternschnuppenfälle waren beide Male die wundervolle Wirkung dieses seltenen Ereignisses. Sonst ist durchaus nichts vorgefallen. Dies ein praktisches Beispiel. Wenn man aber der ohnehin übermütigen Phantasie die Zügel schießen lassen will, so könnte man ja behaupten, einmal könnte auch ein so gewaltig großer Komet kommen, daß er kleine Planeten als Meteorsteine in seinem Bauche heranschleppte, und wenn er uns mit solchen Steinen bombardierte, könnte das am Ende der Erde doch nicht gar wohl bekommen. Verschiedene Löcher in ihrem Leibe würden ihr glühendes Lebensblut fließen lassen, die Meere würden aus ihren Becken überlaufen, um mit den glühenden Fluten zischend und schäumend einen furchtbaren Kampf zu beginnen. Alles das – meint wenigstens ein Herr Graf von Pfeil in einem Buche, das „Kometarische Strömungen“ heißt und, 1879 zuerst erschienen,[WS 1] seither sogar mehrere Auflagen erlebt hat – sei in der That schon zu verschiedenen Malen passiert und die Sintflut wie auch alle geologischen Umwälzungen seien die Folge dieser Zusammenstöße gewesen. Vorläufig sind zwar solche große Kometen noch niemals sichtbar geworden. Von den kleineren, die uns zu Tausenden bekannt sind, deren es aber unzweifelhaft in nicht allzu großer Entfernung im Sonnensystem viele Millionen giebt, von diesen ungefährlichen kleinen Weltbummlern hat bis jetzt unzweideutig nur ein einziger den luftigen Mantel der Erde so ganz obenhin gestreift. Das kann ja indessen auch einmal besser kommen; wenn es aber einmal so kommen wird, nun dann, dann wird es allerdings auch nichts schaden. Darum wird der Leser auch vor dem Falbschen Zusammenstoß am 13. November 1899 keine allzugroßen Befürchtungen hegen.

Es ist den Astronomen längst bekannt und auch in alle populären Bücher übergegangen, daß die Ursache der regelmäßigen Sternschnuppenfälle am 12. und 13. November jeden Jahres ein sich auflösender Komet ist, der zuletzt 1866 erschien und eine Umlaufszeit von 33 Jahren besitzt, wodurch in diesem zeitlichen Zwischenraum die sogenannten „Leoniden“-Sternschnuppen immer besonders glänzend auftreten. Falb addierte nun zu 1866 diese 33 Jahre und prophezeite nach dieser rechnerischen That, was alle schriftstellerischen Astronomen vor ihm gethan haben, daß der Komet 1899 wieder kommen müsse. Unter welchen näheren Umständen dies geschehen wird, ist rechnerisch weder von ihm noch von anderen näher festgelegt worden. Die Bahn dieses ganz unscheinbaren Himmelskörpers durchschneidet die Erdbahn; die Folge davon wird eben wieder ein prächtiger Sternschnuppenregen sein, der vor Thorschluß des Jahrhunderts uns, wenn wir’s erleben, alle entzücken wird.


[45]
Die Perle.
Roman von Marie Bernhard.
(2. Fortsetzung.)


Baron Doßberg ritt zuerst die alte Parkmauer entlang, wo riesige Eichen und Buchen mit ihren grünen Armen über das alte Gemäuer griffen. Aus dem Dickicht tiefer im Park, wo grüngoldene Dämmerung webte, lockte in leidenschaftlichen Tönen die Nachtigall. Der Reiter zog die Zügel an und lauschte entzückt, wie er’s als kleiner Knabe so oft gethan hatte. Um das alles schwebte für ihn ein eigener Zauber. Wo anders gab es dies machtvolle Wipfelbrausen, wenn der Sturm sich aufmachte und wie auf einer Riesenharfe zu spielen anhob? Wo anders traf man einen so stolzen Eichenbestand wie hier? Konnten die Vögel anderswo ebenso süß singen? Und die prachtvollen Wiesen im Park, der rasche Bach dazwischen mit krausen Wellen und buntgestickten Ufern – kein Fluß, der im Geographiebuch seinen stolzen Namen hat, immer aber ein silberhelles, köstlich mundendes Wasser, das recht wie eine klopfende Ader der lieblichen Gegend Leben verlieh! Noch war dies Paradies sein Heimatboden, noch war das Erbe seiner Väter ihm zu eigen – wie lange noch?

Schritte, die sich nahten, schreckten den Baron aus seinem Sinnen auf. Vom Felde kam ein alter Mann mit schwerfälligem Gang daher; sein faltiges braunes Gesicht war von spärlichen weißen Haaren umrahmt, sein kurzer dicker Körper steckte in einem grauen Leinenanzug, an den Füßen trug er stark gethrante Schmierstiefel, die nicht den angenehmsten Duft ausströmten. Das war der alte Hinz, früher Kämmerer auf dem Hof, jetzt zum Inspektor vorgerückt.

„Mahlzeit, Herr Baron!“ Anders grüßte Hinz nie; er war der Meinung, diese Bezeichnung passe zu jeder Stunde, denn irgend eine Mahlzeit habe der Mensch doch immer einzunehmen.

„Morgen, Hinz!“ Dem Baron war die Begegnung sichtlich unangenehm, der Alte kam ihm stets mit Klagen, und er selbst hatte die Macht nicht, zu helfen. Richtig! Heute wieder!

„Das is man bloß wegen dem Schafstall, Herr Baron! Wenn wir da nicht endlich ’n neues Dach aufsetzen, denn stürzt uns die ganze Geschichte überm Kopf zusammen. Flicken is nun nicht mehr, is schon an zehnmal gemacht, hält von heut auf morgen! Und der Schmied liegt einem auch alle Tag’ in den Ohren – es regnet ihm in die Ess’ und auf den Ambos und auf den Herd – und was weiß ich, wo’s ihm überall hinregnet! Soll ich man den Dachdecker bestellen?“

Doßberg nagte an der Unterlippe. „Nein, Hinz, das – das lassen Sie lieber. Flicken Sie nur noch einmal aus!“

„Na, denn man zu! Aber wenn das einmal so bei Nacht ’n tüchtigen Wolkenbruch setzt, denn kann uns die ganze Schafsgesellschaft versaufen, oder wir schwimmen frischweg wie die Arche Noäh! Und dann der Schmied – der kann eklig grob werden! Und den Kälberstall, den haben wir jetzt so oft gestützt, daß beinah’ mehr Stützen als Kälber drin sind. Wenn der Herr Baron das bloß ’mal ansehen möchten! Kommt ’n gehöriger Sturm von der See ’rauf, so fällt der olle Kasten den kleinen Kreaturen auf die Köpfe – na, und denn?“

Das Schloß in Bernburg vor dem Brande am 6. Januar 1894.
Nach einer Originalzeichnung von O. Günther-Naumburg.

„Ja, Hinz – ich würde schon – aber – stützen Sie nur noch weiter!“

„Und unsere Futterschneidmaschin’ is kaputt und der Schmied und der Stellmacher sagen, da is nichts mehr zu machen, muß ’ne neue kommen, und denn: Jungvieh haben wir viel zu wenig – was sagen Sie, Herr Baron?“

Der Baron hatte nichts gesagt, nur schwer geseufzt und mit der Hand abgewinkt, als sei das seine ganze Erwiderung. Als er dann aber in das ehrliche Gesicht des alten Inspektors sah, der mit abgezogener Mütze treuherzig zu ihm aufschaute, da entschloß er sich doch, zu antworten. „Ja, sehen Sie, Hinz, ich weiß, was Sie mir da sagen, ist richtig, und die Verbesserungen, die Sie vorschlagen, sind notwendig. Aber zu dem allen gehört Geld – und ich habe keines. Ich muß zusehen – jetzt ist nichts zu thun, Hinz!“

Der Alte kratzte sich nachdenklich den Kopf. Ihm that der Baron leid, aber er verstand sich nicht darauf, seine Gefühle zu äußern. „Ja, denn is das schon so. Wenn einer nicht kann – ich sag’ immer: wenn einer nicht kann, na, zu was ihn denn auch quälen? Mahlzeit, Herr Baron!“

„Morgen, Hinz!“

Der Braune bekam einen Schlag, daß er erschrak, der Reiter ließ die Zügel locker, und nun ging es zuerst in einem etwas aufgeregten Galopp, dann in schlankem Trabe weiter. Links schimmerten die arg verwahrlosten Wirtschaftsgebäude durch das junge Laub – gottlob, nun hatte er sie im Rücken! Zur Rechten tauchte das Dorf auf mit seinem alten Kirchlein und dem kleinen Schulhaus, drüber auf stattlicher Höhe die Wolframskapelle mit dem in der Morgensonne flimmernden Goldkreuz. Auf bequemem Feldweg über eine alte Steinbrücke hinüber – dort wurde ein breiter Abzugsgraben für das Wasser gezogen, das sich bei Regengüssen an dieser Stelle staute und Schaden anrichtete. Der Baron sprach mit den Leuten, besichtigte ihre Fortschritte und lobte sie; sie antworteten auf ihre Art freundlich, denn sie hatten ihn gern und sagten oft unter sich: „Ja, uns’ Baron – wenn der man könnt’! Aber man – er kann nicht!“ Und nun hinein in den Wald auf dem sanft bergan steigenden Waldweg! Ein frischer Wind bewegte die Kronen der Bäume und ließ das Flüstern der Blätter zum Rauschen anschwellen; aber noch etwas anderes kam dazwischen, ein regelmäßig wiederkehrender rhythmischer Laut … Eine letzte kleine Steigung noch, dann eine Waldblöße; die Bäume traten auseinander und da lag das Meer hingebreitet in ernster Bläue wie ein stolzer Königsmantel.

Am Rand dieser hohen Waldblöße war ein Pavillon erbaut, von dem aus der Blick nicht nur über das Meer schweifte, sondern auch rechts hinab über das schöne Gut, das wie ein funkelndes Kleinod an der Meeresküste lag, über Park und Schloß.

[46] Das Herz des Mannes, dessen Augen dieses mächtige Landschaftsbild umschlossen, schwoll auf in leidenschaftlicher Heimatliebe, in leidenschaftlichem Schmerz. In seinen Zügen arbeitete und zuckte es; ein unnennbares Mitleid mit sich selbst stieg in seiner Seele empor, wuchs riesengroß an und legte sich ihm wie ein grauer Nebel vor die Augen. Er schauerte zusammen, ließ die Zügel auf den Hals seines Pferdes sinken und schlug die Hände vor das Gesicht. Doch nicht lange. Mit einem plötzlichen Ruck richtete er sich auf und sah sich verstört und furchtsam um, ob ihn auch niemand beobachtet habe. Nein, nichts war zu sehen, kein Laut zu hören als das eintönige Rollen der Brandung. Still, wie aus Erz gegossen, hielten Reiter und Pferd eine Weile da oben; der frische Seewind umspielte sie und bewegte leise die Blätter der Rose, die der Mann an der Brust trug.

Da hob der Braune den Kopf und stieß ein helles Wiehern aus – er hatte einen guten Kameraden gewittert. Im Unterholz des Waldes knackte und rauschte es – Doßberg hatte sich im Sattel zurückgewandt und sah jetzt einen zottigen, etwas altersmüden Pony dahertrotten, auf dessen Rücken ein junger schlank gewachsener Bursche saß, ungefähr sechzehnjährig, blond und dunkeläugig gleich seiner Schwester Ilse, und hübsch, sehr hübsch. Der junge Reitersmann zog die Mütze vor dem Papa und lachte ihm freundlich entgegen.

„Nun Junge, guten Morgen! Du bist schon lange unterwegs, wie Ilse mir sagte.“

„Guten Morgen, Papa! Ja, ich bin in aller Frühe weggeritten, habe das Gut inspiziert“ – das kam sehr gesetzt und wichtig heraus – „aber jetzt hab’ ich einen fürchterlichen Hunger! Es war dumm von mir, kein Frühstück mitzunehmen. Hast Du zufällig etwas zum Essen hei Dir?“

„Gewiß hab’ ich! Wir wollen absitzen und im Pavillon frühstücken!“

Armin sprang ab und hielt den Braunen des Vaters diensteifrig beim Zügel. Die beiden Pferde wurden an eine Birke gebunden, Vater und Sohn setzten sich auf die halbrunde Bank im Pavillon, tranken leichten Rotwein aus der Feldflasche des Barons und aßen einige belegte Butterbrote, die für Armins Hunger nur zu rasch verschwanden. –

„Schau’ nur, Papa, welche Aussicht!“ unterbrach der junge Bursche das Schweigen und sah mit leuchtendem Blick zuerst rechts hinüber, wo das Schloß lag, dann geradeaus über das Meer. „O, etwas so Schönes wie unser Gut giebt es gar nicht mehr in der Welt!“

Der Baron erwiderte kein Wort, Armin beachtete das weiter nicht, sondern plauderte unbefangen weiter, ganz erfüllt von den Eindrücken, die er bei seinem Morgenritt empfangen hatte. „Die Wintersaat drüben beim Wilhelmsbühl steht vorzüglich und auch mit der Sommerung hinten beim Park wird es gehen … aber wie sieht das Feld rechts von der Wolframskapelle aus! Hast Du Dir das angesehen, Papa? So, als ob seit endloser Zeit gar nichts dafür geschehen wäre! Und unser Schafstall schreit zum Himmel – der Kälberstall, der fällt Dir ’mal zusammen, Du sollst es sehen! Und daß der Viehstand bei uns gar nichts taugt, das giebt sogar der alte Hinz zu! Freilich, Du hast der Ilse und mir letzthin gesagt, daß Du ein bißchen in Verlegenheit seiest – na ja, das kann bei dem besten Landwirt vorkommen – aber wie lange soll denn dieser halbe Zustand noch dauern?“

Armin hatte sich ganz rot und heiß gesprochen, er langte sich die Feldflasche herüber und that einen kräftigen Zug. Sein Verhältnis zum Vater, das immer sehr gut gewesen war, hatte sich seit einiger Zeit in ein beinahe freundschaftliches verwandelt, er hatte sich daher keinen Augenblick besonnen, eine so offene Sprache zu reden, im Gegenteil er hielt sich sogar für verpflichtet dazu. Papa hatte vielleicht andere Gedanken im Kopf, andere Sorgen … da mußte doch er, Armin, auf das Gut aufpassen, an dem er mit jeder Faser seines Herzens hing!

Der Baron sah seinen Sohn aus den großen Augen kummervoll an und strich ihm mit der Hand liebkosend über das weiche blonde Haar. Armin nickte wohlgemut. „Du glaubst gar nicht, Papa, wie ich mich danach sehne, von der Schule weg- und hier herauszukommen. Wär’ es nicht Dein bestimmter Wille, daß ich das ganze Gymnasium durchmachen soll, ich ginge lieber heut’ als morgen ab. Das Zeugnis für Prima bekäm’ ich schlankweg, und ob ich mich noch durch ein paar alte Griechen und Römer durcharbeite … was hilft mir das für meine landwirtschaftlichen Kenntnisse? Ich komme mir in der Schule so überflüssig vor – daran muß wohl auch unser Direktor gedacht haben, als er neulich mit mir sprach. Wirklich ein anständiger Mensch, wir sind sehr zufrieden mit ihm! ‚Also, Doßberg,‘ sagte er zu mir, ‚Sie wollen endgültig Landwirt werden?‘ ‚Jawohl, Herr Direktor!‘ ‚Hm!‘ machte er. ‚Ich möchte, sobald ich nur irgend kann, meinem Vater bei der Bewirtschaftung unseres Stammgutes helfen, da ich es ja später jedenfalls übernehmen werde.‘ – ‚Hm, hm!‘ machte er noch einmal – ich kann Dir sagen, es klang ganz bedenklich, als wollte er sagen: Mein Sohn, was willst Du überhaupt noch auf der Schulbank? Geh’ heim und bebaue Deine väterliche Scholle!“

Der Baron teilte diese Auffassung seines Sohnes durchaus nicht. Der Direktor hatte offenbar von der schlimmen Lage der Doßbergschen Verhältnisse gehört, und ihm kam die naive Zuversicht seines Schülers, der von der Uebernahme des Stammgutes wie von etwas Selbstverständlichem sprach, höchst sonderbar vor, daher sein bedenkliches: „Hm! Hm!“ Kapitän Leupold hatte ja bei einem seiner seltenen Besuche dem Baron ins Gesicht gesagt, daß die Lage der Dinge in „Perle“ durchaus kein Geheimnis mehr sei.

Armin sah seinen Vater, der noch immer schwieg, einen Augenblick unsicher an, dann aber fuhr er lebhaft fort: „Denk’ Dir, Onkel Leupold will mir zum Herbst zu den Enten- und Schnepfenjagden ein feines englisches Gewehr schenken – ein gescheiter Gedanke, nicht, Papa? Ich wollt’ es lieber gleich, aber er meinte: ‚Erst wollen wir sehen, ob Du so weit kommst, um zum Herbst auf ‚Perle‘ Enten zu jagen; dann werden wir uns weiter sprechen!‘ Na, wenn er damit mein Zeugnis meint – das werd’ ich wohl zeigen können! Wenn ich durchaus noch Schüler sein muß, dann will ich auch etwas taugen!“

„Ein sehr löblicher Grundsatz!“ Doßberg nickte mit einem schwachen Lächeln.

„Du bist aber riesig schweigsam, Papa – und gut bei Appetit bist Du auch nicht, ich hab’ beinah’ das ganze Frühstück allein aufgegessen! Fehlt Dir etwas?“

„Nein, mein Junge, mir ist ganz wohl! Aber wenn Du fertig bist, so wollen wir weiter reiten.“

„Sogleich, Papa! Nur mußt Du Deinen Braunen fest in den Zügel nehmen, daß der Pony gleichen Schritt mit ihm gehen kann. Der alte Kerl will gar nicht mehr vorwärts und einen Eigensinn kann er entwickeln – pyramidal!“

Ehe sie die Pferde losbanden, warfen Vater und Sohn noch einen letzten Blick auf Land und See. Fern im tiefen Meeresblau schwamm ein weißes Segel wie ein Schwan, in der Nähe des Strandes tummelten sich ein paar Möven, schnellten dicht über die Brandung hin und tauchten ihre leuchtenden Schwingen keck in den aufspritzenden Schaum.

„Wie schön!“ rief Armin und seine Brust dehnte sich unter einem schwellenden Atemzuge. „O, wie ich das Meer liebe! Freilich an die Ilse reich’ ich doch nicht heran! Die hat in letzter Zeit eine ganz unglaubliche Begeisterung für die See gefaßt; so und so oft läuft sie hierher, obgleich es zu Fuß ein ganz hübsches Ende bis da heraus ist.“

Die Stirn des Barons hatte sich bei Armins letzten Worten gefurcht. Sollte Kamphausen … Unsinn! Mit welchen Hirngespinsten er sich plagte! Als ob es nicht schon genug wirkliches greifbares Unheil in seinem Leben gegeben hätte! Sollte er sich auch noch mit nutzlosen Grübeleien das Herz schwer machen? In wenigen Tagen ging ja die „Nixe“ auf lange, lange Zeit in See!




4.

In ihrem bequemen Krankenstuhl, von Kissen und gerollten Decken auf beiden Seiten gestützt, saß die Baronin Doßberg am geöffneten Fenster, eine Freude, die ihr lange Zeit hindurch nicht zu teil geworden war, die sie seit Jahren so selten genoß. Ihre schmalen überzarten Finger ruhten gefaltet auf der blauen gestickten Decke, die man ihr über die Knie gebreitet hatte – blau war die Lieblingsfarbe der Baronin, in der sie auch jetzt noch gerne ein bißchen kokettierte. Sie war immer ein wenig eitel und kokett gewesen, die gute Baronin, aber beides äußerte sich harmlos, und da sie liebenswürdig war und keine Spur von [47] Hochmut besaß, so verzieh man ihr um so bereitwilliger ihre kleinen Schwächen. Von frühester Kindheit an ihrer Schönheit wegen bewundert, um ihrer zarten Gesundheit willen verhätschelt und geschont, hatte sie nur an sich selbst zu denken gelernt; kein tieferes geistiges Leben, kein ernsteres Interesse hatte jemals dieses schöne Gesicht beseelt; niemand, am wenigsten ihr eigener Gatte, hatte jemals eine andere Forderung an sie gestellt als die, schön zu sein und sich lieben und verwöhnen zu lassen. So war sie denn stets mit einem kindlichen spielenden Wesen über alles weggeglitten, und obgleich sie jetzt keine junge Frau mehr war und jene jugendliche Naivetät sie durchaus nicht mehr kleiden wollte, so konnte sie sich doch nicht davon trennen. Ging es ihr nur einigermaßen erträglich, gleich war auch ihr tändelndes Gebaren wieder da, das früher alt und jung entzückt hatte und das die Familie so herzlich gern der „armen Mama“ gönnte. Heute also gab es einen „guten Tag“ für die Baronin; sie hatte sich ein zartblaues Morgenkleid mit weißen Spitzen anziehen lassen, und auf ihrem blonden Haar saß ein winziges Spitzentellerchen von der Größe einer Handfläche, das mit seinen langen blauseidenen Bändern eine Morgenhaube vorstellen sollte. Ueber die Feinheit und Regelmäßigkeit dieser Züge hatte selbst die schwere Krankheit nichts vermocht, auch der alte Liebreiz beim Sprechen und Lächeln war noch zuweilen vorhanden, aber die Augen blickten übergroß aus den tiefen Höhlen, und die graziöse Gestalt war so abgemagert, so federleicht – Ilse konnte ihre Mutter wie ein Kind in die Höhe heben.

Die feinen blutlosen Finger der Kranken zupften unruhig an der Decke und drehten den Trauring, der ganz lose hing, hin und her. „Bring’ doch meine Schmuckkassette, Ilse!“ Die kranke Frau hatte eine weiche kindliche Stimme und sprach immer in einem etwas klagenden Ton wie jemand, der gewöhnt ist, sich selbst beständig zu bemitleiden.

Ilse holte aus einem in der Tiefe des Zimmers stehenden großen Schrank eine Kassette von schöner maurischer Arbeit hervor und stellte sie ihrer Mutter auf die Knie. Diese öffnete mit einiger Mühe den Deckel. Es kamen schöne kostbare Dinge zum Vorschein – Schmucksachen, die ihren bleibenden Wert hatten, aus deren Erlös man manche notwendige Verbesserung in der Wirtschaft hätte bestreiten können. Aber daran war nicht zu denken. Die „arme Mama“ mußte ganz ahnungslos bleiben, das Eigentum der „armen Mama“, in dem sie so gern ein wenig „kramte“, durfte nicht angetastet werden!

„Sieh ’mal diesen Brillantring, Ilse – diesen schönen alten Stein! Den schenkte mir Papa in Nizza. Wir waren in Monte Carlo gewesen, und ich hatte so hartnäckig Unglück im Spiel gehabt und war so traurig darüber, daß all das viele Geld weg war. Da kaufte mir Papa zum Troste den Ring.“

„Das war gut von ihm.“

„Ja, aber ich war auch so traurig! Er konnte es nie sehen, wenn ich traurig war. Was meinst Du, ich möchte den kleinen Ring vor den Trauring schieben, der mir etwas weit geworden ist – ob Papa es bemercken und den Ring wiedererkennen und sich freuen wird?“

„Sicher wird er das thun.“

„Sieh nur, er paßt! Früher trug ich ihn am kleinen Finger, und dahin steck’ ich ihn wieder, wenn meine Hände voller werden. Aber so nimm mir doch die schwere Kassette von den Knien, Klnd, sie drückt mich! Stell’ sie nur weg! Eigentlich hast Du wenig Schmuck, Ilse, aber ich kann Dir von meinem nichts abgeben, Papa würde es nicht leiden, daß Du meine Sachen trägst.“

„Ich dank’ Dir, Mamachen, ich hab’ gar kein Verlangen nach Schmuck.“

„Dann bist Du ein sonderbares junges Mädchen; in Deinem Alter schwärmte ich geradezu dafür. Ich weiß nicht einmal, ob ich das hübsch finden soll, wenn eine junge Dame in Deinen Verhältnissen so sehr bescheiden ist.“

„Spricht mein Mütterchen auch nicht zuviel, nein?“

„Es ist wirklich die Möglichkeit!“ Die kindliche Stimme der Baronin wurde weinerlich. „Nun hab’ ich einmal einen leidlichen Tag, nun ist mir endlich wieder etwas menschlich zu Mute nach all den Leiden … gleich heißt es, ich spreche zuviel!“

„Ich sage es nur aus Sorge um Dich.“

„Das weiß ich – natürlich, Du bist mein liebes, schönes, süßes Kind; aber Du mußt Deiner armen kleinen Mama nicht das bißchen Reden verbieten. Komm und küß’ mich! So! Warum hast Du Dein Haar nicht aufgelöst? Du weißt doch, wie sehr ich das liebe!“

„Ach, Mama, es verwirrt sich so -“

„Ein junges Mädchen muß doch etwas auf sich halten, zumal mit Deinem Gesicht, und wie entzückend steht Dir das offene Haar! Aber selbstverständlich auf Deine arme kranke kleine Mama hörst Du nicht. Du weißt es, sie freut sich, sie sieht dann sich selbst vor sich, wie sie noch jung und schön war – und Du denkst an Deine Bequemlichkeit, willst Dich nicht zausen –“

„Du hast recht, mein Mütterchen, ganz recht. Siehst Du, ich löse mein Haar schon auf!“

Das leicht gewellte goldblonde Haar, das einen seidenen Glanz besaß, reichte dem hochgewachsenen schlanken Mädchen fast bis zum Knie. Sie sah berückend schön so aus, allein auf ihrem Gesicht lag kein Behagen.

Die Mutter betrachtete sie mit träumerischem Entzücken. „Wen Du einmal heiraten wirst – mit Deinem Gesicht, Deinem Namen und Vermögen kannst Du an die besten Partien denken! Ich war ein einfaches armes Fräulein Leupold und bekam einen Baron von altem Adel und großem Reichtum. Unter einem Grafen dürfen wir für Dich nicht wählen!“

Ilse war rot und blaß geworden. „Das hat doch noch Zeit, Mama! Ich bin ja jung –“

„Nun, ich war nur ein Jahr älter, als ich Deinem Vater die Hand reichte. Freilich müßten wir eigentlich in die Stadt ziehen, denn wer sieht Dich hier? Die Krautjunker sind keine Freier für mein Kind!“

„Stand und Namen allein thun es doch nicht.“

„O nein! Du kannst ja auch Dein Herz sprechen lassen; ich hab’ ja auch Deinen Papa nicht Stand und Namen zulieb genommen. Du darfst es aber Deinen Eltern nicht verdenken, wenn sie für Dich hochfliegende Pläne haben. Nur muß ich Dich ganz in meiner Nähe behalten, damit ich Dich womöglich alle Tage oder doch sehr oft sehen kann. Ohne meine Ilse muß ich ja sterben!“

„Mama!“ Das junge Mädchen neigte sich tief herab und drückte ihre warmen vollen Lippen auf die blassen Hände der Kranken.

„In allem Ernst, dann sterbe ich!“ Sie schwieg ein Weilchen und hielt eine ihrer losen Locken neben Ilses Haar. „Mein Haar ist doch etwas nachgedunkelt. Ich meine, die Farbe ist nicht mehr ganz so goldig.“

„Ich finde keinen besonderen Unterschied.“

„Nicht? Das freut mich! Papa hat den Ton meiner Haarfarbe immer so gern gehabt. Du könntest mir Blumen besorgen, aber keine, die stark riechen –“

„Vielleicht ein paar Röschen?“

„Ja, bring’ sie, aber bleib’ nicht zu lange!“

Das junge Mädchen war in kaum zehn Mannen mit den Rosen wieder zurück.

„Du hast lange gebraucht. Komm, gieb die Blumen her und den Spiegel – den kleinen Handspiegel! Was meinst Du – zwei Rosen ins Haar, und diese hier an die Brust? So ist es hübsch, nicht?“

„Sehr, mein Mütterchen!“

„Da wird Papa sich freuen! Wo er nur bleibt? Ich muß sagen, es ist rücksichtslos von ihm, gerade heute so weit fortzureiten!“

„Er hat gewiß wichtige Besichtigungen vor.“

„Ach, was heißt das: wichtige Besichtigungen! Seine Frau muß ihm vorgehen, muß ihm wichtiger sein als alles andere –“ Sie sprach nicht zu Ende, denn die Thüre zum Krankenzimmer wurde ungestüm geöffnet und Armin trat hastig über die Schwelle.

„Gott, Armin, wie hast Du mich erschreckt! Ist das eine Art, wie man zu seiner kranken Mama ins Zimmer tritt? Komm her, bitte ab!“

„Entschuldige, Mama!“ Der Knabe beugte sich über die Kranke und küßte ihre Hände. „Ich war so in Gedanken – ich hatte bloß – na, mit einem Wort, sei nicht böse! Wie geht Dir’s? Hast Du gut geschlafen?“

„Das müßtest Du doch endlich wissen, Kind. daß ich niemals gut schlafe! Wie soll ich leidende kranke Frau denn dazu kommen? Leider, leider schlafe ich eigentlich nie.“

Es war dies eine unzerstörbare Einbildung der Baronin, daß sie „eigentlich nie schlafe“.

„Das ist aber doch nicht möglich, liebe Mama!“

[48] Ilse war hinter die Mutter getreten und machte dem Bruder ein Zeichen, still zu sein. Auf den ersten Blick war sie gewahr geworden, daß Armin sich in großer Aufregung befand – irgend etwas mußte ihm widerfahren sein, was ihn um alle Fassung brachte … wie hätte er sonst der Mama widersprechen können!

„Ja, wenn mir meine eigenen Kinder nicht mehr glauben, dann hab’ ich ja weiter nichts zu sagen, dann kann ich schweigen! Ob der Junge wohl überhaupt ein Herz für seine Mutter hat? Mit keinem Wort hat er seiner Freude Ausdruck gegeben, mich so gut und wohlaussehend zu finden!“

„Dazu hast Du mir gar keine Zeit gelassen, Mütterchen, ich wollte Dir ja das alles noch sagen. Natürlich freu’ ich mich riesig, Dich hier so wohl sitzen zu sehen. Das blaue Kleid mit den Rosen steht Dir prachtvoll!“

Frau von Doßberg war besänftigt. „Schmeichelkatze Du!“ Sie fuhr liebkosend über Armins blonden Kopf. „Nun, und wo ist Papa?“

„Papa? Der kommt gleich, er zieht sich bloß noch anders an, im Reitanzug wollte er nicht zu Dir ins Zimmer kommen.“

„Immer der feine Kavalier! Wenn Du Dir nur an Papa ein Beispiel nehmen möchtest!“

„Na, Mama, ich hab’ doch nicht Frau und Kinder!“

„Das nicht, Du unartiger Junge – aber Rücksicht üben gegen Mutter und Schwester, das kannst Du immerhin!“

„Thu’ ich auch! Du, Mama, kann ich die Ilse auf eine Weile loseisen von hier? Papa kommt gleich herauf und bleibt dann bei Dir.“

„‚Loseisen!‘ Was das wieder für ein Ausdruck ist! Aber geht nur beide, geht! Wenn Papa kommt, brauch’ ich Euch nicht!“

Ilse rückte noch einmal die Kissen im Lehnsessel zurecht, ordnete das Haar der Kranken, stellte die Klingel, ein Fläschchen mit erfrischendem Parfüm und einen kleinen Teller mit Gartenerdbeeren näher und küßte die Mutter zärtlich, ehe sie mit dem Bruder das Zimmer verließ.

Im Nebenraum, der ebenso groß, hoch und luftig war wie das eigentliche Krankenzimmer und gleichfalls mit hübschen gefälligen Möbeln ausgestattet, fanden die Geschwister eine ältliche Person von sanften angenehmen Zügen. Sie saß neben dem offenen Fenster und hatte vor sich auf dem Fensterbrett ein Buch, in dem sie eifrig las, ohne aber deshalb auch nur für eine Minute ihre Handarbeit ruhen zu lassen.

„Lina,“ sagte Ilse freundlich, „bitte, gehen Sie zu Mama hinein und bleiben Sie bei ihr, bis Papa da ist!“

„Ganz recht. Fräulein Ilse!“

Lina war schon seit langen Jahren im Dienst der Baronin und wurde von dieser als ihre spezielle „Jungfer“ betrachtet, leistete jedoch außerdem in der sparsam gewordenen Wirtschaft noch eine Menge anderer Dinge, von denen die kranke Dame keine Ahnung hatte, denn Lina war eingeweiht in all die Beschönigungen, mit denen man die Kranke umgab.

Armin hatte die Schwester bei der Hand gefaßt und zog sie so rasch mit sich fort, daß sie ihm beinahe nicht zu folgen vermochte. „Wohin willst Du denn? In den Garten?“ fragte sie atemlos.

Er schüttelte den Kopf. „Es könnte uns jemand hören. Lieber auf Dein Zimmer!“

(Fortsetzung folgt.)


Hazardspiel.

Von Hermann Heiberg.

Hin und wieder geschieht es, daß sich plötzlich der Vorhang lüftet, der vor das geheime Thun und Treiben einzelner Menschen oder ganzer Gesellschaftskreise gezogen war, und mit Schrecken sieht die Welt der Ahnungslosen, welche Abgründe sittlicher Verderbtheit sich dahinter verbargen.

Die öffentlichen Prozesse der letzten Jahre haben manche böse Wunde am Leibe unserer Gesellschaft bloßgelegt; nicht zum wenigsten gilt dies von dem Hannoverschen Spieler- und Wuchererprozeß, der noch frisch in aller Erinnerung lebt und der das Glücksspiel mit all seinen verderblichen Folgen und Begleiterscheinungen in so grelle Beleuchtung rückte. Er hat gezeigt, wie die in den Spielstrudel Hinabgerissenen so sehr alle Besinnung und Selbstachtung vergaßen, daß sie mit offenen Augen in die Netze von Gaunern und Betrügern liefen, Unsummen vergeudeten und bei Zahlungsunfähigkeit dem unerhörtesten Wucher in die Hände fielen. Er hat auch solche gezeigt, die auf der schiefen Ebene des Spiels am tiefsten gesunken, auf die Bahn des gewerbsmäßigen Falschspiels geraten waren. Und leider stehen die Personen, die uns der Hannoveraner Gerichtssaal als Angeklagte oder Zeugen kennen gelehrt hat, nicht vereinzelt. Ueberall, zumal in den großen Städten, in berühmten Badeorten und an anderen Vereinigungspunkten der vornehmen Gesellschaft, hat der Spielteufel seine „Höllen“ und fordert er seine Opfer.

Das Bild von Adolf Wald schildert die Aufhebung einer solchen Spielhölle im Westen Berlins. Alle Abstufungen des Schreckens und der Verlegenheit malen sich auf den Gesichtern der Personen, die der soeben an der Spitze von zahlreichen Schutzleuten eingetretene Polizeioffizier sämtlich für verhaftet erklärt. An Flucht ist nicht zu denken. Alle wissen, daß sie sicher umstellt sind, wohl aber sieht man einen, der vor dem führenden Beamten etwas in der Brusttasche versteckt – er weiß, warum! Es sind gezeichnete Karten. Die eigenartigen Schaufeln auf dem Tische aber verraten, daß hier auch Roulette gespielt worden ist. Allerlei zerrissene Zettel liegen am Boden umher, Spielnotizen oder sogenannte „Bons“, Gutschriften über verlorene und ausgeglichene Summen, gewichtige Belege in der Hand des Untersuchungsrichters. Darum ist auch einer der Schutzlezte dabei, sie zusammenzulesen, ehe die Gesellschaft sich von der ersten Verblüffung erholt hat.

Es giebt keine Leidenschaft, die soviel sicheres Unheil mit sich führt wie das Hazardspiel. Es ist eine Verirrung, der jeder von Jugend auf wie einer Gefahr ohnegleichen aus dem Wege gehen sollte. Ausnahmslos wirkt es vernichtend. Es verdirbt den Charakter, ruiniert den Geldbeutel und endigt schließlich mit bitterer Reue und Selbstverachtung, nicht zu gedenken der Verurteilung, die der Spieler in der öffentlichen Meinung erfährt.

„Wenn er nicht hört, nicht spricht, nicht fühlt,
Nicht sieht – was thut er denn? Er spielt!“

So sagt der Dichter.

Mit diesen Worten ist der Spieler gekennzeichnet, und nur in einer Beziehung achtet er auf sich, weiß er sich zu beherrschen. Es gehört zum sogenannten guten Ton, daß er selbst dann keine Miene verzieht, wenn auch das Letzte davonging, Geld, Ehre und Existenz. Aber die Leidenschaft, die in ihm wühlt, prägt sich trotzdem in seinem Gesichte aus. Während der Zeiten, da in Deutschland das Spiel noch öffentlich erlaubt war, habe ich an den Tischen der Spielsäle wahre Raubtierphysiognomien beobachtet. Da waren Hyänen, Füchse, Wölfe, Tiger und sprungbereite Luchse. So frißt die Spielwut das Innere der Menschen an, daß sich der sittliche Zerfall in die Mienen gräbt.

Spielen an sich sei nicht unehrenhaft, erklären die Anhänger des Glücksspiels.

Man könnte ja diesen Leuten vielleicht ihre Ansicht lassen. Hat jemand genügend Mittel, Geld zu verlieren – denn verloren wird es allezeit – so ist das seine Sache, und es ist auch seine Sache, sich mit der Oede und der grenzenlosen inneren Unbefriedigung abzufinden, die stets das Spielen im Gefolge hat.

Aber eine andere Frage ist, ob das Spiel eines sittlichen, von höheren Lebensanschauungen getragenen Menschen würdig ist, ob nicht der Einzelne eine engere Pflicht gegen sich und seine Nebenmenschen hat. Selten wird ein Vermögen erworben durch glücklichen Zufall, meistens nur langsam durch angestrengte gewissenhafte Arbeit. So hängen an dem also Erworbenen Fleiß, Arbeit und Entbehrung, und es ist toller Widersinn, solches um eines kurzen Sinnenreizes willen in die Winde zu verschleudern.

Mancher wird mir widersprechen, wenn ich sage, daß im Spiel immer Geld verloren werde. Dennoch ist es so sehr die Regel, daß die Ausnahmen kaum in Betracht kommen. Der Spieler kann eben von dem Spiel nicht lassen. Nur Einzelne bringen es über sich, zu verzichten, wenn sie eine gewisse Summe drangeben mußten, oder sich zu bescheiden, wenn ihnen ein Gewinn in den Schoß fiel. Das Spielgeld ist einmal heimatlos,

[49]

Die Aufhebung einer Spielhölle im Westen Berlins.
Nach einer Originalzeichnung von Adolf Wald.

[50] es ist treuloser und fahnenflüchtiger als irgend ein Ding in dieser Welt. Spielgeld hat auch für den Spieler ein völlig anderes Gesicht als durch Arbeit erworbenes. In den Spielbädern hatte seiner Zeit das Geld fast keinen Wert. Wenn man von einem bescheidenen Abendessen aufstand, so hatte es ein kleines Vermögen gekostet. Haarsträubende Preise standen auf den Speisekarten.

Ich schließe die kurze Betrachtung mit einem eigenen Erlebnis, so wie es in der Erinnerung vor mir aufsteigt. Es mag allen denen zur Abschreckung dienen, die jemals die Lust anwandelte, einen der geheimen Spielsäle zu besuchen, denen gründlich den Garaus zu machen die Behörden mit unerbittlicher Strenge bestrebt sein sollten.

*  *  *
Bekenntnisse eines Spielers.

Es war weit nach Mitternacht, vor einer langen Reihe von Jahren. Schon seit geraumer Zeit stand ich auf dem Nauheimer Bahnsteig und wartete auf den von Frankfurt a. M. kommenden Zug.

Endlich tauchte die Lokomotive mit ihren roten Augen wie ein schreckhaftes Ungetüm aus der Finsternis auf.

Das immer stärker werdende brausende Geräusch wirkte auf die Nerven und schuf eine fieberhafte Spannung, und erst nachdem ich hastig eingestiegen war und die Thüre hinter mir geschlossen hatte, schlug das Herz wieder ruhiger. Die Lampe war verlöscht und alles lag im Dunkel. Ich suchte mich zurechtzufinden. Aus einer Ecke drüben drang Schnarchen an mein Ohr, und jetzt eben rührte sich auch in meiner Nähe ein Passagier und redete mich ohne Einleitung an.

„Nicht einmal Licht machen die Kerle! Nicht wahr, es war erst Nauheim, wo wir eben hielten?“

Ich bestätigte kurz.

„Ist schon, mit Verlaub zu fragen, etwas dort los? Waren Sie im Spielsaal?“

In meine bejahende Antwort warf der Fremde einen Fluch.

„Niederträchtiges Räuberpack!“ stieß er hervor und holte unter tiefer Erregung Atem.

„Sie meinen?“

„Ich meine das Volk da in Homburg, die Gauner, die einem das Geld aus der Tasche reißen. Ich meine das Spiel – die ganze gemeine Wirtschaft, die öffentliche, welche die Menschen verführt, ruiniert und ins Elend treibt!“

Ich muß gestehen, dieser Ausbruch stieß mich zunächst eher ab, als daß ich mehr zu hören wünschte. Zu unvermittelt eröffnete der Fremde sich mir, dem Fremden. So gab ich denn keine Antwort und eine Pause trat ein, in der jener allerlei Unverständliches vor sich hinmurmelte. Dann aber nahm er von neuem das Wort und sagte in einem weichen Ton:

„Entschuldigen Sie, daß ich mich so ausließ, aber mir ist wie einem Verurteilten zu Mute, und alles einmal vom Herzen herunterzusprechen, was mir fast die Seele abdrückt, ist mir ein Labsal.“ Und dann, als ich etwas entgegnet hatte, was er als eine Ermunterung zum Weiterreden auffassen konnte, sprach der Mann mit gedämpfter Stimme wie folgt:

„Sie hören den drüben schnarchen. Es ist mein Reisekamerad. Er ist’s, der mich vor Jahren zum ersten Mal zum Spiel verführt hat, er ist’s, dem ich all mein Elend verdanke.

Ich bin Kaufmann, lebe in C., habe eine liebe Frau und vier Kinder und gelte in meiner Heimat als ein gutgestellter solider Mann. Ich galt wenigstens als solcher. Die Geschäftsreisenden spüren schon seit Jahren, daß es übel mit mir steht.

Eines Tages lud mich der“ – er zeigte in die Dunkelheit – „mit andern Bekannten in sein Haus und legte nach dem Abendessen ein Spiel auf. Ich weigerte mich, teilzunehmen, aber schließlich ließ ich mich doch überreden und hatte das Glück, mit hundert Thalern nach Haus zu gehen. Als er mich wieder aufforderte, blieb ich fest, einmal, zweimal – endlich gab ich doch wieder nach.

Er hielt wieder eine Gesellschaft – er ist Privatbaumeister und verdient sehr viel – und wieder wurde ein ‚Jeu‘ gemacht. Abermals war mir das Glück hold, und von Stund’ an war ich verloren und verkauft, dem Spiel mit Leidenschaft ergeben. Aber fragen Sie mich nur nicht, wie ich diese sechs Jahre verlebt habe!

Mitten in der Arbeit zog’s mich zu den Karten. In der Nacht träumte ich von Spiel und von Gewinnen. Gespräche, die einen anderen Inhalt hatten, besaßen keinen Reiz mehr für mich, das Interesse für meine Familie, meine Frau, meine Kinder, mein Fortkommen trat in den Hintergrund. Nur möglichst viel Geld für den einen Zweck, für das Spiel, zur Hand zu haben, war mein fortwährender Gedanke. Um dafür größere Summen anzuschaffen, legte ich mich auf Spekulationen. Ich spekulierte in Federn, Wolle, und wiederholt kaufte ich große Posten Nutzholz, obschon ich mich früher nie damit befaßt hatte. Einmal gewann ich durch rechtzeitigen Einkauf von mehreren tausend Faß Sardellen ein erkleckliches Stück Geld, konnte dadurch einen großen Spielverlust decken, hörte aber nicht auf, sondern ging nun zum ersten Mal mit ihm – dem da – auf Reisen – nach Wiesbaden.

Nachdem ich erst am öffentlichen Spieltisch Blut geleckt hatte, war ich ganz verloren. Nur mein Geschmack änderte sich. Das Kartenspiel im Privatkreise übte keinen Reiz mehr auf mich aus. Immer zog’s mich in die funkelnden Säle nach Wiesbaden und Homburg. Das Rollen der Roulettekugel war für mich Musik und die Aufregung des Gewinnens und Verlierens süßeste Kost für meine Sinne.

Ich erinnere mich noch meiner Gefühle und Gedanken, als ich die erste Hypothek auf mein Haus aufnahm – tausend Thaler. Ich wollte damit in Homburg spielen, um, wie ich hoffte, meine bereits nach vielen Tausenden sich beziffernden Verluste zu decken. Da raunte mir eine innere Stimme zu: ‚Thu’s nicht! Noch kannst Du alles allmählich begleichen, noch ist nicht alles verloren. Einige Jahre einigermaßen erfolgreicher Arbeit, und das ins Wanken geratene Gebäude steht wieder fest.‘ Aber wie mit Magneten zog’s mich fort und meine ‚kinderhaften Bedenken‘ schlug der, der da jetzt so ruhig schlafen kann, rasch zu Boden. Ich war ihm bequem. Ich war sein Sündenbruder, er mochte nicht allein reisen. Natürlich verlor ich die tausend Thaler und – lieh mir nun von ihm noch sechshundert. Die gingen auch fort.[2]

Wie vernichtet reiste ich damals zurück und schwur mir, nun nicht wieder zu spielen. Nie, niemals!

Es ging auch längere Zeit. Freilich, das Groschenverdienen, wo es solche Ausfälle zu decken gab, war eine harte, schwere Probe! Und wieder kamen die Furien. Wieder gaukelten sie meinem Gehirn heiße Bilder vor von raschem mühelosen Gewinnen in großem Stil. Ein guter Griff und ich konnte gerettet sein!

So nahm ich denn weitere dreitausend Thaler auf meinen Besitz auf.

Diesmal reiste ich allein in aller Stille. Meine Glieder zitterten, als ich in den Spielsaal trat, meine Hände flogen, als ich zum ersten Mal wieder auf eine Nummer im Roulette setzte. Ich setzte auf einundzwanzig, auf meinen Geburtstag. Die Kugel rollte, ich hörte den Croupier rufen, die Harke erschien – mein Einsatz ging dahin. Und so fort und so fort, bis das Letzte verloren war. Die Bank gab mir damals Geld, damit ich zurückkehren konnte. Dennoch und trotzdem hätte ich mich retten können, wenn ich jetzt innegehalten hätte.

Da kam aber der da drüben wieder mit hundert Worten und Einreden. Und wiederum ergab ich mich dem alten Teufel, nun merkwürdigerweise mit ziemlich bedeutendem Gewinnüberschuß herauskommend. Viermal im Jahre war ich fort. Ich probierte wechselnd das Glück, bald da, bald dort, bald mit dem einen, bald mit dem andern Spiele. Jetzt aber – ich habe diesmal in Homburg nicht einen einzigen Treffer, sondern nur Verluste gehabt – bin ich so weit, daß ich nicht nur keinen Pfennig mehr besitze, sondern 26000 Thaler Schulden habe, nicht zu rechnen das, was der da mir geliehen hat. Er war auch schon mehrere Male völlig ruiniert, hat sich aber im letzten halben Jahre durch eine Erbschaft wieder in die Höhe gebracht und diesmal sehr viel gewonnen.

Von diesen 26000 Thalern sind 6000 Thaler in den nächsten Tagen auf Wechsel fällig, und wenn er, der es kann, mir morgen früh sie nicht giebt – bis jetzt weigert er sich – dann – –“ Er hielt inne, fast atemlos. Gerade in diesem Augenblicke erwachte der Schläfer, aber auch der Tag war erwacht, und als ich die Gardinen lüftete, brach eben wie ein reiner unschuldiger Engelsblick die Sonne hervor.

Noch schaudernd über das, was ich gehört hatte, wandte ich [51] den Blick hinaus, und erst allmählich konnte ich mich überwinden, mir den Verführer und den Verführten näher anzusehen.

Ich habe selten einen unangenehmeren Eindruck empfangen.

Der Baumeister hatte grobe sinnliche Züge. Er war gekleidet etwa wie ein Pferdehändler und fortwährend beschäftigt, seinem Körper eine möglichst bequeme Stellung zu verschaffen.

Der andere war klein, hatte einen dichten Bart, der seine Züge versteckte, machte aber einen sympathischen Eindruck und war gewählt gekleidet. Nur die ängstlich unruhigen Augen verrieten, was in ihm vorging.

Als wir in Kassel ankamen, fand, wie ich sah, gleich eine heftige Auseinandersetzung zwischen den beiden Freunden statt, die mit den Worten des Baumeisters endete:

„Na, komm’ nur erst ’mal mit hinauf nach Wilhelmshöhe. Was willst Du Dir den schönen Pfingsttag verderben! Wir nehmen einen Wagen und trinken oben Kaffee.“

Und so geschah’s. Aber vorher hatte auch ich noch eine kurze Aussprache mit dem mein Mitleid tief erregenden Fremden.

„Wie ist’s? Will er Ihnen helfen?“ hob ich an.

„Nein – er will nicht, obgleich er gegen 11000 Thaler gewonnen hat. Er will auch nicht mit nach C. zurück. Er will noch einmal nach Homburg.“

„Also nichts zu machen? Sie armer Mann –“

„Ja, arm –! Aber wissen Sie was? Wenn der Kerl mir nichts giebt, nicht wenigstens die Hälfte, dann versetze ich ihm da oben eine Kugel, erst ihm und dann mir. Leben soll er auch nicht!“

„Um Gotteswillen, Sie sind nicht bei Sinnen! Beruhigen Sie sich und bedenken Sie, was Sie thun wollen! Reden Sie ihm noch einmal zu! Ueberlegen Sie ein Darlehnsgeschäft auf Abzahlungen –“

Diese und andere Worte blieben zwar nicht ohne Eindruck auf den Unglücklichen. Dann aber schüttelte er doch wieder den Kopf, und ein so verzweifelter und zugleich erregter Ausdruck trat in seine Mienen, daß mir schier unheimlich zu Mute wurde.

Eben trat polternd der Baumeister herzu, mahnte, vorwärts zu machen, und fragte mich, ob ich mich nicht anschließen wollte.

Erst zögerte ich. Ich war schläfrig, wollte eigentlich einen Gasthof aufsuchen und erst im Laufe des Tages die Wilhelmshöhe besuchen. Aber Menschenpflicht, Sorge um den unglücklichen verwirrten Mann bestimmten mich, Ja zu sagen.

Während wir hinauffuhren, traten wiederholt Bettler an uns heran. Ich gab, der Baumeister verweigerte, der dritte suchte nach einem Geldstück, ohne eines zu finden. Der Baumeister schwatzte alles mögliche, erzählte mit umständlicher Breite, wie billig er sich den Anzug, den er trug, gekauft habe, und dergleichen mehr. Er schien schmutzig geizig zu sein; nur beim Spiel riß er alle Taschen auf. Wiederholt erklärte er auch seinen Entschluß, am Nachmittag nach Homburg zurückkehren zu wollen.

Er sah nicht die in wundervollem grünen durchsichtigen Frühlingsschmuck prangenden Bäume, nicht die Lichter, welche die Sonne verschönend und verklärend hineinwarf, er achtete nicht auf die kleinen Morgensänger, er sah nichts von der Pracht, die uns entgegentrat, wohin wir blickten. Aber ich schaute auf alles und auch auf den geknickten Mann, dem plötzlich, obschon er es zu verbergen suchte, eine Thräne unter die Wimpern trat. Ob er der Seinen gedachte, die arglos an diesem Festtage aufwachen, den Daseinsfreuden sich hingeben und – vielleicht durch eine entsetzliche Nachricht in Dunkel und Verzweiflung hinabgestoßen werden würden?

Erst als wir im Freien saßen, schien seine Seele wieder aufzuleben, und fast munteren Sinnes trat er, einen gleichgültigen Vorwand vorschützend, hinüber in das große Logierhaus. Da ich ihm aber nicht traute, weil gerade seine heitere Miene meinen Argwohn hervorrief, eilte ich ihm bald nach, trat ins Gastzimmer, hörte, daß er einen Cognac getrunken habe und hinten zum Hause hinausgegangen sei. Doch so viel ich mich auch umschaute, so eifrig ich auch suchte, ich fand ihn nicht und mußte endlich in beispielloser Spannung an unseren Tisch zurückkehren.

Wenig später brachte der Kellner dem Baumeister ein Blatt, in das dieser hineinschaute mit einem Blick der Erstarrung – fast zu gleicher Zeit ertönte hinter den Bäumen ein Schuß, und wir beide jagten, von einer wahnsinnigen Unruhe erfaßt, in der Richtung dahin, wo er gefallen. –

Ich habe in des Toten Angesicht geschaut und den Ausdruck nie vergessen. Es lag darin eine grausige Abwehr, gleichsam eine stumme Anklage gegen den, der ihn in den Tod getrieben. Ich habe nicht in das Briefblatt geblickt, da jener nicht den Mut besaß, es mir zu zeigen, ich sah jedoch an den fliegenden Gliedern und an den entsetzlich verstörten Mienen, daß sich die rächenden Furien ihm bereits an die Fersen geheftet hatten.

Lange blieb mir der Eindruck dieses Vorfalles. Ich konnte das grauenhafte Bild des Mannes mit dem zerschossenen Schädel nicht loswerden, und was ich erlebt, hat mich in der Folge vor jeder Versuchung behütet, nach einer Karte zu greifen, die für ein Hazardspiel gemischt war.

Zufällig habe ich später noch einmal von dem Baumeister gehört. Ein paar Jahre nach jenem Vorfall hat auch er auf ähnliche Weise wie sein einstiges Opfer geendet.



Blätter und Blüthen.


Das Schloß in Bernburg. (Zu dem Bilde S. 45.) Das alte Schloß zu Bernburg, das am 6. Januar der Schauplatz eines so tragischen Brandunglücks geworden ist, stammt zum Teil aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts und erhielt im 16. bis 18. Jahrhundert die Gestalt, die es im wesentlichen bis zu dem Tage der zerstörenden Feuersbrunst zeigte. Wie ein Märchenschloß ragte es mit den vielen Giebeln, Türmen und Erkern über die bewaldeten Terrassen empor und die mannigfache Gliederung und abwechslungsreiche Bauart verlieh ihm besonders vom gegenüberliegenden Ufer der Saale aus einen geradezu bezaubernden Anblick. Der Weg zur Burg führt neben der Saale entlang an einer schroffen Mauer vorüber stark ansteigend bis zur Zugbrücke. Von dieser blicken wir hinab in den Burggraben, den sogenannten „Bärgraben“, in dem noch als Wahrzeichen der Stadt zwei Bären gehalten werden. Den Eingang zum Burghof bewacht ein alter viereckiger hoher Turm, der mit den angrenzenden Bauten den ältesten Teil der Burg bildet. Gegenüber liegt der Hauptbau, das „lange Gebäude“ genannt: an dieses schließt sich nach der Saale zu der Christiansbau an, während sich nach der Stadtseite zu der dicke runde Burgfried erhebt. Er ist mit dem „langen Gebäude“ nur durch einen schmalen Brettergang verbunden und stand früher frei im Burghof. Das Volk nennt ihn den „Eulenspiegel“, und eine Sage erzählt, daß der lustige Vogel dieses Namens hier lange Zeit Turmwächter und Bläser gewesen sei, wovon der Turm seinen Namen bekommen habe. Er hat ein hohes Alter und mag wohl manchem prunkenden Turnier da unten auf dem Platze und manchem lustigen Zechgelage, aber auch manchem harten Strauß, der sich vor seinen Mauern abspielte, zugeschaut haben.

Das Schloß ist von dem Herzog von Anhalt vor einiger Zeit an den Kreis Bernburg verkauft worden. In den von der Kreisverwaltung eingenommenen Amtsräumen im mittleren Teil des Schlosses ist das Feuer zum Ausbruch gekommen, dem zwei Menschenleben, der Kreisdirektor Hagemann und sein Kutscher Könnecke, so jäh zum Opfer gefallen, sind.

Gefrorene Schellfische. Eine Frage von höchster Wichtigkeit für die Volksernährung ist seit vorigem Jahre befriedigend gelöst: es ist möglich geworden, die ungeheuren Massen von Schellfischen in der Nähe des Nordkaps dadurch auszunutzen und auch dem deutschen Markt zuzuführen, daß man sie steif und hart gefrieren läßt und sodann in Kühlräumen großer Dampfer nach Hamburg schafft. Das bekannte Mißtrauen gegen derartige Neuerungen machte sich dort zwar anfangs so stark geltend, daß es trotz des sehr niedrigen Preises (11 Pfennig das Pfund) nicht gelang, die erste Ladung abzusetzen. Aber sowohl die Hamburg-Altonaer Großhändler, als die norwegische Gesellschaft, von welcher die Unternehmung ausging, verloren den Mut nicht. Die anfangs noch mangelhafte Kühlung der Schiffsräume wurde verbessert, die Fischereizeitungen wurden für die Sache interessiert, Proben der gelieferten Fische an Institute, Professoren und Privatleute versandt, und der Erfolg erwies sich als ein glänzender. Geheimrat v. Ziemssen in München schreibt, auch als Referent der sämtlichen, mit den gefrorenen Fischen versorgten Krankenhäuser: „Die Fische sind von vorzüglichem Geschmack und haben die appetitliche Beschaffenheit, wie sie sonst nur Fische besitzen, welche, frisch aus dem Wasser kommend, gekocht werden. Die Nordkapgesellschaft erwirbt sich ein großes Verdienst um die Versorgung der ärmeren Klassen mit einem so billigen und zugleich so nahrhaften und schmackhaften Nahrungsmittel.“

Es ist nun dringend zu wünschen, daß von diesem der ausgiebigste Gebrauch gemacht werde. In allen großen Städten des Nordens waren die Fische im vorigen Winter zum Preis von 15 Pfennig das Pfund bereits auf dem Markt. Nach den kleineren und den süddeutschen Städten muß der Versand, dem gar keine Schwierigkeiten entgegenstehen, wenn [52] die Eisenbahnverwaltungen für die Zeiten des Tauwetters Wagen mit Kühlräumen zur Verfügung stellen, erst organisiert werden.

Anfragen sind zu richten an den kaufmännischen Vertreter der Nordkapgesellschaft in Hamburg, Rudolf Kanzow, Brookthorquai. Derselbe vermittelt die Sendungen und giebt alle gewünschten Aufschlüsse und zweckdienlichen Anweisungen. Bn.     

Von de Mello gekaperte 0 Fort St. Juan.0 Zollinsel.   „Aquidaban“. 0Von de Mello armierte 
Schiffe.  Handelsdampfer. 

Häuser von Rio de Janeiro. Fort Castello.
Von der Revolution in Brasilien: Die Bai von Rio de Janeiro während der Beschießung.
Nach Photographien eines Augenzeugen gezeichnet von A. v. Rößler.

Die Revolution in Brasilien. Seit am 15. November 1889 das Kaisertum in Brasilien gestürzt wurde, ist das von der Natur so verschwenderisch ausgestattete Land der Schauplatz fortwährender Kämpfe, welche seine Entwicklung gefährden. Der erste Präsident der neugegründeten Republik, Marschall da Fonseca, wurde schon am 23. November 1891 wieder zur Abdankung gezwungen, und an seine Stelle trat der Vicepräsident, Marschall Floriano Peixoto. Doch auch er sollte sich nicht einer ruhigen Herrschaft erfreuen. In der Provinz Rio Grande do Sul brach ein langwieriger Aufstand aus und am 6. September 1893 ergriff die Revolution die Hauptstadt selbst: der Konteradmiral Custodio de Mello, der sich an Bord des Kriegsschiffes „Aquidaban“ in der Bai von Rio de Janeiro befand, erklärte seinen Abfall von der „Mißwirtschaft“ des Präsidenten, und binnen 24 Stunden gingen sämtliche brasilianische Schiffe, die im Hafen vereinigt waren, zu dem Admiral über. Der Kampf begann. Die Regierung hatte für sich die Forts, welche den Ausgang aus der Bai und den Standort der aufständischen Schiffe mit ihren Kanonen beherrschen; allein schon nach einigen Wochen schloß sich die Besatzung des Forts Villegagnon, aus Matrosen zusammengesetzt, der Revolution an, de Mello eroberte das der Hauptstadt gegenüberliegende Nictheroy, wo sich das Arsenal befand, und machte reiche Beute an Kohlen und Kriegsbedarf aller Art. Trotzdem wollte seine Sache nicht recht voran, denn die Befehlshaber der fremden Kriegsschiffe erhoben Einspruch gegen eine Beschießung von Rio selbst, im Interesse ihrer dort wohnenden Staatsangehörigen. So beschränkte sich der Kampf auf ein Kanonenduell zwischen der Flotte und den Forts, das bei der gegenseitigen schlechten Ausbildung im Schießen ohne wesentliche Folgen blieb. Erst der Anschluß des mächtigen Admirals de Gama an die Revolution verbesserte die Aussichten de Mellos und führte zu einer Beschießung der Hauptstadt selbst. Inzwischen hatte Peixoto in Nordamerika Schiffe ankaufen lassen, um sie kriegsmäßig auszurüsten und dann in Rio den Krieg auch zur See aufzunehmen. De Mello erwiderte diesen Schachzug durch eine ähnliche Maßnahme und verließ außerdem mit dem „Aquidaban“ unter dem Kugelregen der sperrenden Forts die Bai von Rio, um die vom Präsidenten gekauften Schiffe auf hohem Meere wegzunehmen. Es ist möglich, aber nicht wahrscheinlich, daß irgend ein entscheidender Schlag geführt worden ist, bis unsere Leser das Bild vom Hafen von Rio in Händen haben, das wir nach den Photographien eines Augenzeugen bringen. Wenn de Mello siegen sollte, so wird vielleicht – über seine eigentlichen Absichten gelangen die verschiedensten Nachrichten herüber – die Monarchie wieder eingeführt. Wie aber auch dem sein möge, jedenfalls ist dem unglücklichen Lande und besonders unseren zahlreichen Landsleuten dort zu wünschen, daß die ewigen Unruhen bald ein dauerndes Ende finden möchten

Sappho. (Zu dem Bilde S. 41.) Die schöne lesbische Dichterin hat Dichter und Künstler in alter und neuer Zeit gar viel beschäftigt. War ja doch auch die Sage eifrig dabei, ihr an Ereignissen offenbar durchaus nicht armes Leben – die Wende vom 7. zum 6. Jahrhundert v. Chr. war für viele Griechenstädte an der kleinasiatischen Küste und auf den benachbarten Inseln eine politisch sehr erregte Zeit – noch mit allerlei romantischen Zuthaten auszuschmücken; man meinte, die Dichterin, die in ihren Liedern die Sprache der Liebe mit solcher Glut zu sprechen wußte, müsse auch im Leben tagtäglich so gefühlt haben, man wußte schließlich von einem schönen Jüngling Phaon zu erzählen, in den sich Sappho sterblich verliebt und wegen dessen Sprödigkeit sie sich vom Leukadischen Felsen ins Meer gestürzt habe. Und es ist merkwürdig, wie gerade an diese Vorstellung von Sappho die Dichter und Künstler auch der Neuzeit mit Vorliebe anknüpfen. Diese Sappho hat Grillparzer seinem Drama zu Grunde gelegt, diese Sappho hatte offenbar auch H. Coomans im Auge bei dem Bilde, das wir heute unseren Lesern vorführen. Sinnenden Auges schaut die Dichterin hinaus auf das in glattem Spiegel sich dehnende Meer und unwillkürlich deuten wir dieses verlorene Sinnen als verzehrende Sehnsucht nach dem Geliebten.


KLEINER BRIEFKASTEN.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

A. F. Plauen. Ihr Manuskript können wir leider nicht verwenden.

Alte Abonnentin in Brandenburg. Sie können die Sammelmappen für die Kunstbeilagen der „Gartenlaube“ ganz gut auch zur Aufbewahrung des laufenden Jahrgangs benutzen.

G. F. M. in Southwark. Gewiß, der Standpunkt, den Sie eingenommen haben, hat sein gutes Recht. Aber für so schlimm können wir die Sache nicht ansehen.

O. V. in Budapest. Die ersten Kirchenglocken werden dem Bischof Paulinus von Nola in Campanien († 431) zugeschrieben, und ihre lateinischen Benennungen „nola“ oder „campana“ werden daher geleitet. Das deutsche Wort Glocke, welches auch in das mittelalterliche Mönchslatein überging, findet sich schon sehr früh und ist vielleicht von dem althochdeutschen clocchon = klopfen, anschlagen, herzuleiten. Die allgemeine Verbreitung der Glocken in Deutschland erfolgte durch Karl den Großen, der ihren Gebrauch beim Gottesdienst einführte und Kirchtürme bauen ließ, um ihrem Schall die volle Wirkung zu sichern. Jedermann kennt diesen herzbewegenden Klang, dem sich kein anderer Ton an feierlicher Macht vergleichen kann, am allerwenigsten der der Stahl- und Eisenstäbe, die man neuerdings da und dort aus Ersparnißrücksichten eingeführt hat. Ihr Klang tönt hart und nüchtern und wird niemals ein volles Glockengeläute entbehrlich machen.

Bernhard V. in Mailand. Sie fragen uns, wer den Weizen nach Amerika eingeführt und wer ihn zuerst gebaut habe. Die Antwort darauf lautet: Der Zufall hat ihn eingeführt und ein Neger ihn zum ersten Male ausgesät oder gepflanzt. Ein Negersklave des großen Cortez fand, so wird berichtet, drei Körner davon unter dem Reis, den man aus Spanien als Proviant für die Armee mitgebracht hatte. In dem Franziskanerkloster zu Quito in Peru wurde noch zu Zeiten Alexander von Humboldts ein Topf aufbewahrt, in welchem der erste Weizen enthalten war, den der Mönch Fray Jodoco Rixi de Gante zu Quito aussäte. Rixi war aus Gent in Flandern gebürtig. Der Topf hatte eine Inschrift, welche die Mönche nicht entziffern konnten und die ihrer Meinung nach eine geheime Beziehung auf den Weizen haben sollte. Der Topf wurde dem gelehrten Humboldt gezeigt, und er las in altdeutschem Dialekte den Denkspruch: „Wer aus mir trinkt, vergesse seines Gottes nicht!“ Gewiß eine seltsame Beziehung deutscher Topfindustrie zu dem peruanischen Weizen! – Das Getreide, welches die Spanier bei den Eingeborenen in Kultur vorfanden, war Mais.


Inhalt: Die Martinsklause. Roman aus dem 12. Jahrhundert. Von Ludwig Ganghofer (2. Fortsetzung). S. 37. – Der zerstörte Liebesbrief. Bild. S. 37. – Sappho. Bild. S. 41. – Die Kometenfurcht einst und jetzt. Von M. Wilhelm Meyer. S. 43. – Die Perle. Roman von Marie Bernhard. (2. Fortsetzzung). S. 45. – Das Schloß in Bernburg vor dem Brande am 6. Januar 1894. Bild. S. 45. – Hazardspiel. Von Hermann Heiberg. S. 48. – Die Aufhebung einer Spielhölle im Westen Berlins. Bild. S. 49. – Blätter und Blüten: Das Schloß in Bernburg. S. 51. (Zu dem Bilde S. 45.) – Gefrorene Schellfische. S. 51. – Die Revolution in Brasilien. Mit Abbildung. S. 52. – Sappho. S. 52. (Zu dem Bilde S. 41.) – Kleiner Briefkasten. S. 52.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Grober Klotz.
  2. WS: Fehlender Punkt ergänzt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist hier wohl: Friedrich Ludwig Graf von Pfeil-Burghauß (1803–1896): „Kometische Strömungen auf der Erdoberfläche“, 1879, ²1881, ³1883, 1891.