Die Ermordung König Gustavs III. von Schweden
[99] Die Ermordung König Gustavs III. von Schweden. (Zu dem Bilde S. 88 und 89.) Im Jahre 1771 hatte Gustav III. den Thron bestiegen, und sein ganzes Streben ging nun dahin, gestützt auf den Bürger- und Bauernstand, die in dem Reichsrath verkörperte Macht des Adels zu brechen; es gelang ihm auch, mit Hilfe des Heeres, dessen Offiziere er für sich gewonnen, 1772 den Umsturz der bestehenden Verfassung durchzuführen. Er ließ die Reichsräthe verhaften und dann eine neue Verfassung verkündigen, in welcher die Herrschaft der Stände durch eine gemäßigte Königsherrschaft ersetzt wurde. Gustav that viel für das Land, für Ackerbau, Handel und Bergbau, Kunst und Wissenschaft – er richtete sich ganz nach dem Vorbild seines Onkels Friedrich II. von Preußen. Doch französischen Einflüssen zugänglich, dem Glanz des Königthums der Bourbonen nacheifernd, richtete er seinen Hofstaat auf großem Fuße ein und führte ein verschwenderisches Leben. Seine Politik hatte einen phantastischen Zug, und zuletzt faßte er gar den abenteuerlichen Gedanken, im Bunde mit den Großmächten Europas der französischen Revolution Halt zu gebieten, den König Ludwig XVI. zu retten und in seine alte Macht und Herrlichkeit einzusetzen; doch ehe er den Kreuzzug gegen die Pariser Volksherrschaft beginnen konnte, wurde er vom Verhängniß dahingerafft: am 16. März 1792, also vor hundert Jahren, wurde er auf einem Maskenball in dem Stockholmer Theater durch einen Schuß in den Rücken schwer verletzt und erlag am 29. März seiner Wunde.
An der Verschwörung gegen den König betheiligten sich die Grafen Horn und Ribbing, die Freiherrn Bjulke und Pechlin, der Oberstlieutenant Liljehorn und endlich der Hauptmann Anckarström, der bereits früher als Führer der Unzufriedenen in Untersuchung gekommen war und den König erbittert haßte. Nach allgemeiner Annahme war er es, welcher den tödlichen Schuß abfeuerte. Doch nach einer Ueberlieferung in der Familie Anckarströms soll nicht dieser der Mörder des Königs gewesen sein, sondern Graf Ribbing, welcher dem zögernden Anckarström die Pistole aus der Hand riß und selbst auf den König feuerte. Jedenfalls wurde Anckarström als Mörder hingerichtet, nachdem er vorher in grausamer Weise mit Ruthen gezüchtigt worden war.
Das Bild von E. Brüning stellt uns die Scene auf dem Maskenball
dar, welche manche unserer Leser schon auf der Bühne gesehen haben, sei’s
in der Oper von Auber, „Gustav oder der Maskenball“, oder der späteren,
„Ein Maskenball“ von Giuseppe Verdi. Wir sehen die Masken, die
den Fürsten umdrängen, nachdem er aus einer Loge in den Saal
getreten ist; wir sehen ihn zusammenbrechen, von der tödlichen Kugel
getroffen; der an den feuernden Anckarström geschmiegte Verschworene
ist Graf Clac Fredricks von Horn, der mit den Worten: „Gute Nacht,
Maske“ dem König auf die Schulter geklopft und damit das Zeichen zur Ausführung
der That gegeben hat; die schon halb zur Flucht sich wendende
Gestalt mit dem Profilkopf ist Graf Adolf Ribbing. In dem prachtvollen,
architektonisch schön gegliederten Festsaal, der binnen kurzem infolge Abbruchs
des nunmehr hundertundneun Jahre alten Stockholmer Theaters
vom Erdboden verschwinden soll, in den Logen, auf den Treppenstufen
drängen sich die mannigfachsten Gruppen meist mit dem Ausdruck der
größten Bestürzung; doch giebt es auch Gesichter, die theilnahmlos dem
Schauspiel zusehen oder in deren Zügen sich ein geheimes Einverständniß
spiegelt. Der auf der linken Seite des Bildes befindliche Herr, welcher
eben im Begriff ist, seinen Platz am Tisch, an dem er mit einigen Damen
gesessen, zu verlassen, um dem König beizuspringen, ist General Armfeldt,
der später nach der Verwundung den König in ein Seitenkabinett begleitete,
während der Maler unter der nur zum Theil sichtbaren Rückenfigur
im spanischen Mantel mit dem Kreuz sich den Grafen Essen gedacht
hat, der kurz vorher, ehe der König den Saal betrat, mit diesem allein
in der Loge gesessen hatte. Schreck und Mitleid zeigen besonders die
Frauen. Machte doch auf ganz Europa der jähe Tod des ritterlichen
Fürsten einen tiefen Eindruck. †