Die Eiersucher
Wer der Männ’ und Maxe waren.
Kinder, hört, Ihr sollt erfahren,
Erstens: Knaben! Das ist klar
Und nicht weiter sonderbar!
Sie war’n ’ne besondre Sorte,
Ganz was Seltnes – sehr zum Glück! -,
Zwilling’ nennt man so zwei Stück,
Die der Storch an einem Tag
Knödelmayer, der Papa,
– Fleischermeister ist er ja –
Hat ’nen Bauch und dicke Wangen.
Dafür gleicht ’ner Hopfenstangen
Die oft dreht die Wurstmaschine.
Außerdem es dort noch gibt
Einen Hund, gar sehr beliebt.
Bob heißt dieser liebe Köter,
So, nun kennt Ihr unsre Helden.
Lest nun, was die Büchlein melden
Von der Zwilling’ lust’gen Streichen,
– Manche sind zum Herzerweichen!
Mit Gruß
der Onkel Neuschub.
Kinder, was ich heut berichte.
Ist ’ne trübe Mordgeschichte.
Freilich, so zuweilen man
Auch recht herzlich lachen kann.
Und die Mitte sogar schaurig.
Jedenfalls: Ihr ahnet nicht,
Was hier schildert mein Gedicht! –
Schulden, wie Ihr fraglos wißt,
„Schulden machen“ nur aus Not,
Weil es fehlt an Fett und Brot,
Kann man nicht als Leichtsinn schelten,
Nein, dies darf für straffrei gelten.
Dauernd lebt von frechem Pump
Und dabei ist jung und faul
Und riskiert ein großes Maul.
Diese Sorte Pumpbarone
So ein Pumplump war Herr Meier.
Er besaß nicht einen Dreier,
Und trotzdem soff er nur Wein
Und dinierte täglich fein.
Lebte mithin ganz verkehrt.
Schulden hat er ungemessen,
Seine Kleider warn indessen
Stets nach allerneustem Schnitt
Und auch sonst ist’s offenbar,
Daß der Bert ein Fatzke war. –
Seht – hier sitzt der lange Geck
In der einen Sofaeck
Dem Monokel-Augenrade
Und dem Schnurrbart kurz gestutzt
Und sich seine Nägel putzt.
Neben ihm der Meister Kitt,
Macht ein wütendes Gesicht,
Drohte auch mit dem Gericht,
Ballt die Faust und brüllt nunmehr:
„Gleich hol’ ich den Krebel her,
Und ganz scheußlich angelogen!“
Meier lächelte blasiert,
meinte dann recht ungeniert:
„Unser Poliziste Krebel
Ich bezweifle, daß er nüchtern,
Und besäuselt ist er schüchtern!“ –
Dieser Hohn, so klar wie Kleister,
Ärgerte den Schneidermeister,
An das andre Straßenende,
Wo der Gottlieb Krebel wohnt,
Der den Alkohol nicht schont,
Sondern ihn voll Pflichtgefühl
Und der Kitt, der hatte Glück,
Denn der Krebel, klein und dick,
Hatte heut Familienzwist
Weil er allzu pflichttreu ist
Hat im Rinnstein zugebracht.
Deshalb seine Frau Theresen
Ihm grad hatte mit dem Besen
Klargemacht, daß nur ein Schwein
Nur aus diesem schönen Grund
Kitt den Krebel nüchtern fund. –
Und es nahm der Poliziste Krebel
Auch sofort den langen Säbel
Fessel für Verbrecherhand,
Und die beiden eilen schon
Weiter zu dem Pumpbaron. –
In dem Fenster liegt der Geck,
Sieht den Kitt und auch den Krebel,
Kratzt sich den Pomadenschädel.
Denkt dabei so voller Graus:
„Nun ist’s mit dem Pumpen aus!
Tüten kleben lern’ ich noch
Muß Gefängniskost dinieren,
Wanzensorten dort studieren!
Nein – dies war niemals mein Fall!
Und mit wahrem Mörderblick
Sucht er einen langen Strick,
Rennt zur Hintertür hinaus,
Hüpft davon als lahme Laus,
Und das Hühneraugenübel
Sich vertrugen schmerzlich-schlecht.
Aber – das war Meier recht!
So ’nem junges Pumpeslumpen,
Gönnt man’s, daß er hopst so kläglich
Und Gesichter schneidt unsäglich.
Plötzlich dann der Berthold Meier
Macht sich seine Zehen freier.
Trennt vom Oberleder aus
Zwei wohl fingerlange Stücke,
Und durch diese Lackschuhlücke
Grinsen nun die Hühneraugen.
Daß die Stiebel ruiniert,
Meier keineswegs geniert,
Denn wer an ’nem Kiefernast
Beenden will des Lebens Last,
Dem sind auch die Stiebel schnuppe! –
Heute spricht Herr Knödelmayer
Kurz noch vor der Osterfeier
Zu dem Bob und beiden Knaben,
Ruiniert die Radmaschinen,
Die jetzt als Alt-Eisen dienen,
Weil die Schlingel ganz allein
Wollten Radlerlehrer sein:
Nicht ein Ei für Euch ins Gras!
Diese Strafe ist gerecht.
Ihr benahmt Euch übel-schlecht!“ –
Männe, Max und auch der Köter
Denn die Osterhaseneier
Sind das beste an der Feier. –
Ach – jetzt schlendern unsre drei
Durch die Straßen voller Reu.
Vorm Geschäft von Hannes Spalt,
Der nur Dinge delikat
In dem großen Laden hat:
Hummer und auch Pumpernickel
Kurz – nur alles das zum Fressen
Was da kostet ungemessen. –
Männe seinen Schädel neigt
Und dort in das Fenster zeigt,
Kleinre Eier sind zu sehn
Reich gesprenkelt bräunlich-grün,
Die man sammelt voller Mühn.
Eine Tafel Ihr auch seht
Und deshalb tut Männe stöhnen:
„Leicht wär’ Vater zu versöhnen!
Kiebitzeier liebt er sehr!
Gebt mir mal an Geldern her,
Leider aber Bobbi sagt:
„Meine Kasse ist ganz pleite!“
Maxe brummt: „Ich hab’ nischt heute!“
Und der Männe aus der Weste
Einen einzgen Groschen vor
Doch – er nicht den Mut verlor,
Sondern ging und machte halt
Dicht vor Kaufmann Hannes Spalt. –
Sind dies Jahr gewaltig teuer!
Wenn Ihr welche essen wollt,
Euch doch Kräheneier holt,
Denn die sehn genau so aus,
„Danke!“ nickt der Männe heiter,
Und der Dreibund zog dann weiter,
Dorthin, wo die Feuerwehr
Hat den Schuppen hoch gar sehr.
Sich mit einem Plane trug,
Wie man leicht käm in die Höhe
Zu den Nestern von der Krähe. –
Da – jetzt ruft der alte Schmer
Aus dem Fenster ihnen zu:
„Hin zu Meier lauft im Nu!
Sagt ihm, daß der Hauptgewinn
Fiel auf seine Nummer hin!“
Ne – wir wollen Eier suchen!“
Stehen nun schon frech und heiter
Hier vor der Magirus-Leiter
Auf dem Hof der Feuerwehr. –
Grübelt nun und denkt voll Spaß:
„Magirus-Leiter?! Was ist das?!“
Oh – Ihr kennt sie ganz gewiß:
Fahrbar diese Leiter ist
Die man kann nach oben drücken,
Wenn man an ’ner Kurbel dreht.
Spielend leicht die Sache geht. –
Diese Leiterzweiradkutsche
Hat sie grade frisch geschmiert
Und durch Putzen mehr verziert. –
Wutsche jetzt auf eine Bank
Legt’ sich in die Sonne lang,
Hebt und senkt im Schlaf sich auch. –
Blitzgeschwind die beiden Knaben
Bobchen vorgespannet haben
Vor die Leiter, so patent,
Während unsre kräftgen Buben
Hinten an der Leiter schuben. –
Doch der Schlaf des dicken Wutsch’
War zur Unzeit plötzlich futsch.
Keuchet hinterdrein alleine,
Bis er trifft die Rinderherde
Von dem Fleischermeister Körde,
Deren großer Bulle, ach,
Und, als Ochse leicht gereizt,
Zur Attack’ die Beine spreizt.
Wutsche, der vor Eifer blind,
Sieht nicht das gehörnte Rind,
Hielt er es für seine Pflicht,
Schleunigst hier zu retirieren,
Was jedoch bei Ochsentieren
Stets insofern nicht viel nützt,
Und son junger Bullenbengel
Rascher schmeißt die Leibesstengel.
Jedenfalls: der arme Mann
Fühlt sehr bald da hinten dran,
Einen Stoß vom Hörnerpaar,
Fliegt empor und fällt – o Wonne! –
Grade in die Jauchentonne,
Die der Bauer Gottlieb Spält
Freilich – hier bei diesem Wutsch
Warn die guten Düfte futsch
Doch – die Rettung so gelang,
Und dann schadet kein Gestank. –
Rannte ungehindert weiter,
Und so kamen sie gar bald
In den hohen Kiefernwald,
Wo sich leicht erkennen läßt
Eine Krähenkolonie,
Und es legten ohne Müh’
Hier zwecks Vogelviehvermehrung
In der Nester Zweigumwehrung
Doch, wie man sich denken kann,
„Krumme“ nur legt’ der Papa
Und die „echten“ die Mama. –
Allerdings – in dieser Stund’
Denn das ganze Krähenvolke
Schwärmte wie ’ne dustre Wolke
Und vollführte einen Krach
Daß der Maxe staunend sprach:
Etwa wo ’nen Habicht sehen?!
Denn son Habicht, lieber Bruder,
Ist ein freches Räuberluder!“ –
Männe nur recht wurstig nickt
Immer höher, immer weiter
Die Teile von der Feuerleiter.
Bis das obre Ende fast
Lehnt sich an den höchsten Ast
Zeigt viel runde Nestertüpfel. –
Ei - nun kann man hier gleich sehen,
Wie die dreie aufwärts gehen.
Selbst der Bobbi kraucht die Sprossen
Und den mitgebrachten Sack
Füllt das Eierräuberpack
Hier auf dieser Nesterstelle
Bis zur Hälfte ziemlich schnelle.
Weil die Eier ähnlich sind
Jenen Kiebitzfabrikaten,
Die so teuer sind geraten. –
Mit Gebrüll und Heiterkeit
All der Krähen, die voll Zorn
Greifen hinten an und vorn. –
So, man schiebt die Leiter dann
An die nächste Kiefer ran,
Den er trägt nun huckepack,
Ist bald oben und – erschrickt!
Seltsam ist, was er erblickt:
Menschenbeine, Lacksandalen,
All das hinter dichten Zweigen
Tut sich hier dem Maxe zeigen.
Und der Maxe klettert höher,
Schaut sich an die Sache näher,
Hing hier in der Schlinge schon. –
Da – er schiebt den Zweig beiseite.
Ach – es kam die Eierpleite:
Maxe sieht jetzt voller Graus,
Bis zum Schlips die Zunge reicht.
Meier ist total erbleicht,
Meier ohne Zweifel schnelle
Fuhr schon in die Pumplumphölle. –
Und das Gleichgewicht verliert.
Auch der Sack der Hand entglitt,
Riß den armen Bobbi mit,
Sauste Männe auf die Stirn.
Sauste weiter noch nach unten,
Wo der Max dann hat gefunden
Ganz in Eierkuchenteig
Einen Sitz sehr feucht und weich
Ward dort unten gelblich-röter,
Nur der Männe hielt sich oben
Auf den Leitersprossen droben,
Wischt den Kräheneierschaum
Und steigt voller Neuheitsgier
Bis zu jenem Aste hier,
Wo der Pumplump baumelt still. –
Männe ihn noch retten will,
Der Tote macht ’nen Rutscheritt.
Gleitet abwärts an den Sprossen,
Wird mit Eierteig begossen
Ruht nun zwischen Max und Bob
Ah – es lockert sich zum Glück
Durch das Feuchte rasch der Strick,
Und der tote Meier wieder
Öffnet seine Kieferglieder,
Bis der Maxe ruft nicht dumm:
„Ach, Herr Meier, Sie hab’n Schwein!
Der Hauptgewinn traf für Sie ein!
Dieses Ihnen schnell zu sagen,
Berthold Meier, Pumpbaron,
Sprang da auf die Füße schon
Und umarmte Max und bat,
Ihn zu fahren nach der Stadt,
Schwächlich auf den Beinen war. –
Schmer und Wutsche, der noch naß
Von dem duftgen Jauchenfaß,
Kitt dazu, auch Krebel hier
Und besprechen Meiers Flucht
Und sein Lottoglück verrucht.
Da – es naht die Leiterkutsche.
„Ha – der Meier!“ brüllt der Wutsche.
Männ’ und Maxe schieben wild,
Auf der Leiter liegt der Meier,
Trieft nur so von Kräheneier,
Hat noch um den Hals den Strick,
So, jetzt macht die Fuhre halt,
Und der Schmer nun holt alsbald
Jenen Waschkorb voll Banknoten,
Hat sie Meier angeboten.
Hat in froher Spenderlaune
Jedem in die Hand gedrücket,
Was sie alle sehr beglücket:
Kitt, der Schneider, ward bezahlt,
Und der Poliziste Krebel
Abends war im Fuselnebel;
Max und Männe Kiebitzeier
Kauften rasch zur Osterfeier;
Und so gab’s was sich gebührt:
Schokoladenostereier
Zu der schönen Osterfeier!
Und der Pumplump lebte dann
Nur die Krähen, wie begreiflich
Schimpften noch und fluchten weidlich!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Bilder von Reinhold Hansche (1867–1945) wurden entfernt, da sie in Deutschland noch nicht gemeinfrei sind.