Textdaten
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Autor: Georg Queri
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Titel: Die Ehbrecherin
Untertitel:
aus: Die Schnurren des Rochus Mang, S. 81-83
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1909
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Verlag: Berthold Sutter
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans auf commons
Kurzbeschreibung:
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[81] Die Ehbrecherin

Der Herr Pfarrer von Kastizzen ist schon ein recht alter Herr; aber an die Sündhaftigkeit, die es in der Welt und in Kastizzen gibt, an die hat er sich noch nicht recht gewöhnen können.

Das ist immer ein Jammern, wann er vom Beichtstuhl heimkommt zum Frühstücken.

[82] „Hanni, schau zum Fenster hinaus“, sagt er dann zu seiner alten Hauserin, „schau hinaus, ob die Erd nit ein bissel wackelt und ob der Kirchturm noch nit eingefallen ist und die Kastizzener alle derschlagen hat.“

Und die alte Hauserin schaut hinaus und sagt: „Nein, und der Kirchturm hat sie noch nit derschlagen.“

„Und man merkt auch noch nichts, daß die Welt untergehn will, trümmerweis, und daß der Untergang justament in Kastizzen seinen Anfang nimmt?“

„Nein, und das merkt man nit, daß sie hier mit dem Untergang anfangen.“

Und der Pfarrer seufzt: „Ein bissel langmütig ist er schon, der Herrgott. Ich tät’s schon anders machen, wann ich der Herrgott wär!“

Aber dann schlägt er gleich drei Kreuz über seine sündhafte Red.

– – – – – – – – – – – – – – – – – –

Die Haferschmiedin kommt oft in den Pfarrhof, am Morgen nach der Meß. Da tratscht sie dann mit der Hauserin, bis der Herr Pfarrer zum Frühstück kommt, und freut sich, wann er ein bissel mit ihr redet. Und dann geht sie wieder heim zu ihrem Haferschmied.

Also, die Haferschmiedin ist da.

„So, Hanni“, sagt sie, „und tu nur dem Herrn Pfarrer eine gute Kaffeesuppen kochen. Die wird ihm gut tun nach dem langen Beichten heut in der Früh.“

[83] „Ist er schon wieder Beicht gesessen, heut?“

„Freilich ist er Beicht gesessen, heut. Und was ich für ein Glück gehabt hab heut: akkurat die Erste bin ich gewesen, die er gehört hat, akkurat die Erste.“

„Das ist schon gut, wann man nicht so lang anstehn muß.“

„Ja, und wann man als die Erste drankommt, dann ist der Segen noch viel kräftiger, weißt, Hanni.“

Da kommt er heim, der Herr Pfarrer.

Ist wieder recht mißgelaunt heut, nach dem Beichten.

Gleich sieht er zum Fenster hinaus: „Der Kirchturm fallt halt nit ein, er fallt halt nit ein! Und die allererste, die heut zum Beichten kommen ist, die war schon eine Ehbrecherin.“

Und die alte Hauserin schaut hinaus: „Gott sei Dank, daß er nit einfallt. Wär mir völlig zuwider, wann er mir in den Herrn Pfarrer seine Kaffeesuppen hineinfallen tät.“

Und die Haferschmiedin ist heimgegangen zu ihrem Haferschmied.