Die Beißkatze und die Sieben Bauern in Clausthal

Textdaten
Autor: Heinrich Morich
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Titel: Die „Beißkatze“ und die „Sieben Bauern“ in Clausthal
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aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1929, S. 39–40
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Die „Beißkatze“ und die „Sieben Bauern“ in Clausthal.


An früheren Zeiten bestanden in den Städten vielfach Strafmittel, die man heute kaum noch den Namen nach kennt. Dahin gehören auch die „Beißkatze“ und die „Sieben Bauern“, die noch bis gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts in der Bergstadt Clausthal in Anwendung gekommen sind.

     Von der Beißkatze auf dem Clausthaler Rathause gibt Bürgermeister Ramdohr am 25. Januar 1862 auf besonderen Wunsch des Oberamtsrichters Bergmann in Zellerfeld folgende Beschreibung:

     Auf dem Vorsaale vor den früheren Gerichtszimmern bes Richiers und Rahts befand sich bis etwa 1850 in einer Ecke ein Bretterverschlag von etwa 6½, Fuß Höhe, 5 Fuß Länge und 2 Fuß Tiefe, in ber Mitte gleichmäßig durch eine Scheerwand getrennt; jebe Abtheilung war mit einer Thür versehen, beren beyde Kleppen durch eine zusammenfassende Oese von 1 Zoll Durchmesser mit ein und demselben Virhängeschlosse zu verschließen waren. Ein Fuß des ganzen Obertheils des Verschlages bestand aus einem starken hölzernen Gitterwerk, so daß auch nicht sehr große Personen von außen hineinsehen konnten.“

     In die Beißkage wurden zänkische Weiber hineingesteckt, besonders wenn sie sich in der Gerichtsstube unanständig betrugen, bis sie sich beruhigt hatten. Sie konnten sich wohl ansehen und anspucken, aber niemals handgreiflich werden. Ein ater Clausthaler Bergmann, der die Anwendung der Beißkabe noch gesehen hatte, erzählte mir, daß bei den Lohnzahlungen auf dem Rathause öfter Frauen in die Beißkape hineingesteckt wurden, wenn sie sich gezankt hatten. „Das taten sie vielfach,“ fügte er hinzu, „wenn der Mann ein paar Groschen mehr erhalten hatte, als der andere.“

[40]      Ramdohr berichtet, daß während seiner Zeit die Beißkatze zweimal in Anwendung gekommen sei, indem beide Male je zwei übelberüchtigte Frauenzimmer wegen zänkischen und unanständigen Betragens in der Gerichtsstube hineingesperrt wurden. Die Wirkung war beyde Male, daß die Eingesperrten sogleich still und demüthig wurden, sich dicht auf den Boden kauerten, um nicht von der herbeiströmenden Menschenmenge, namentlich der Jugend, in das Gesicht gesehen zu werden.

     Akten darüber, wann und wie die Beißkatze angeschafft worden, haben sich nicht auffinden lassen. Daß sie aber eine uralte Einrichtung gewesen ist, zeigt folgende Beschwerde des Vize-Berghauptmanns von Heimburg in Zellerfeld am 13. Juli 1714 an den Geheimen Rat und Berghauptmann von der Busche in Hannover:

     „Es haben vice Richter und Raht zum Claußthal am 23 ten passato sich unterstanden, eine meiner damahligen Hauß Mägde, Nahmens Cathrina Spangenberg, ohne mein Vorwißen, mit der sogenanndten Beiß Katze zu bestrafen, nachdem dieselbe fürher, wie berichtet werden wollen, durch den Stadt Knecht zu Rahthause gefodert worden. Aldieweilen aber Richter und Rath über mich und meine domestiques nicht die allergeringste jurisdiction zustehet: So habe Ew. Excellence diesen casum gantz gehorsamst melden und zugleich anheimgeben sollen, ob es gefällig vice Richter und Raht zum Claußthal deswegen zur Verantwortung zu ziehen und dieselbe dem Befinden nach zu einer hinlänglichen Satisfaction für mich nachdrücklichst anzuhalten. –

     Die Magd selbst hat den dritten Tag darauf aus dem Dienst gehen müßen, weilen sie sich ohne meinen Befehl für ein frembdes Gericht gestellet.“

     Darauf lief bei Richter und Rat ein Reskript des Berghauptmanns vom 21. Juli 1714 folgenden Inhalts ein:

     „Meine freundliche Willfahrung zuvor! Wohl Ehrenveste, Ehrenachtbahre, Wohlgelahrte und Wohlweise günstige gute Freunde.

     Ihr erseht ab der copeylichen anlage, welchergestalt der Hl vice-Berghauptmann von Heimburg sich beschweret, daß ihr eine seiner Hauß Mägde ohne sein Vorwissen mit der so genandten Beiß Katze bestrafet habet.

     Nachdem ich nun bey meiner jüngsten dortigen anwesenheit erfahren, daß es sich mit solchem facto in der That also verhalte; und ihr euch aber wohl bescheiden werdet, daß auch über die domestiquen Wl. Churfürst Durchl. Berg- oder vice-Berghauptleute in personalibus keine jurisdiction zustehe, folglich da ihr besagte Magdt wegen deßen, daß sie sich, wie verlautet, gegen euch zu Rahthause mit worten ohngebührlich betragen, strafbahr befunden, auch geziemet hätte, solches an den Hl. vice-Berghauptmann felbst gelangen zu laßen, ohne auch einer eigenmächtigen Bestrafung anzumaßen.

     So wird euch solch euer übereiltes Verfahren nicht allein ernstlich hiermit verwiesen, sondern ihr werdet auch darnebst bedeutet, einige eures Mittels zu den Hl. vice-Berghauptmann von Heimburg zu schicken und demselben folcherhalb gebührlichen abtrag und satisfaction zu thun, und gegen Ihm zu bezeugen, daß so thanes Verfahren auß übereilung von euch geschehen sey. Versehe mich deßen, und bin euch zu freundlicher Willfahrl. geneigt.

     Hannover, den 21 ten July 1714.

     Churfürstl. Brl. Lünebl. Geheimbter Raht und

Berghauptmann
Albert v. d. Busch.“

     Wann die Beißkatze außer Benutzung gesetzt und vom Rathause weggeschafft ist, konnte nicht genau festgestellt werden. Daß sie noch 1842 vorhanden gewesen ist, zeigt die für den Gerichtsdiener zu Clausthal unterm 30. November Desselben Jahres bestimmte Gebührentaxe, welche ihm „für eine Person in die Beißkatze zu stecken“ 2 Groschen 4 Bf. zubilligt. Es muß demnach angenommen werden, daß sie etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts beseitigt worden ist.

     Eine ferner eigentümliche Strafart zu Clausthal waren ehemals die „Sieben Bauern“, die nicht weniger gefürchtet wurden als die Beißkatze. Es waren zwei unter der Wache befindliche gewölbte finstere Keller, in welche stark Betrunkene und lärmende Personen gebracht wurden, bis sie sich beruhigt hatten, oder in welche auch solche Personen als in ein geschärftes Gefängnis verurteilt wurden, welche sich auf dem Markte, im Gericht, in der Kirche usw. widerfeßlich und unanständig aufgeführt hatten.

     Im Jahre 1827 wurden u. a. mit Abführung in die Sieben Bauern bestraft: Eine Frauensperson 1 Stunde wegen unanständigen Betragens in der Gerichtsstube, eine andere 2 Stunden, weil sie ihren Sohn zum Betteln angeleitet hatte, eine dritte 2 Stunden wegen unanständigen Betragens vor Gericht, und ein Bergmann mit viermal 24 Stunden Gefängnis, jeden Tag 2 Stunden in den Sieben Bauern, weil er im Bohrhause Tabak geraucht hatte. Auch wurde am 7. März 1827 der Bergmann Schumach wegen Widersetzlichkeit gegen Anordnungen in der Kirche mit dreitägigem Gefängnis, jeden Tag 1 Stunde in den sogenannten Sieben Bauern zu fitzen, verurteilt.

     Das Gefängnis wurde noch bis zum Jahre 1852 in Anwendung gebracht, dann machte man keinen Gebrauch mehr davon, was wohl auf die damalige Einführung der Polizeidirektion zurückzuführen ist.