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Fig. 7. Kirche Gross St. Martin, Aufriss der Chorseite.
(Nach Boisserée.)

     Wenn wir nun die geschichtlich überlieferten Jahreszahlen mit dem Baubefund vergleichen, so bleibt kaum ein Zweifel über die Entstehungszeit der einzelnen Teile der jetzigen Kirche übrig.

     Ein schottischer Benediktinermönch Tilmon hatte sich im Jahre 690 auf der Rheininsel vor der Kölner Stadt niedergelassen.*) Andere irische Mönche folgten ihm und es entstand, besonders mit Unterstützung der heiligen Plectrudis, der Gattin Pipins von Heristal, eines der vielen Schottenklöster jener Zeiten. Es wurde dem hl. Martin von Tours, dem hochverehrten Schutzheiligen des fränkischen Reiches geweiht. Tilmons ursprüngliche Kapelle soll heute


*) Ueberrest einer Chronik in der Stadtbibliothek, abgedruckt bei Pertz Mon. Germ II. 214.

 

noch als Unterraum unter der jetzigen Hilfs-Sakristei vor­handen sein; ein sicheres Urteil lässt sich hierüber nicht gewinnen. 778 wurden Kirche und Kloster von den Sachsen zerstört, als Karl der Grosse in Spanien stritt. Einer seiner Paladine, der Dänenfürst Olger, liess das Bauwerk auf seine Kosten unter Beihilfe Karls wieder aufbauen, und Papst Leo III. weihte bei sei­ner zweiten Anwesenheit in Köln 805 zwei Altäre — hier­bei soll er auch den Tauf­stein geschenkt haben, der aber seines entwickelten ro­manischen Ornaments halber höchstens von 1150 stammen kann. Als in den Jahren 846 und 882 das Kloster zweimal durch die Normannen zer­stört worden war, scheint es sich schwer wieder erholt zu haben. Denn erst von Erz­bischof Bruno [gest. 965], dem Bruder Ottos des Grossen, wird berichtet, dass er das Kloster und die Kirche wie­der hergestellt habe. Aller­dings wird auch von dem Erzbischof Warinus [976-985] berichtet, dass er die gänzlich zerstörte [plane destructum] Abtei des heiligen Martinus auf der Rheininsel wieder aufgebaut und sie den schotti­schen Benediktinermönchen als Wohnung angewiesen oder zurückgegeben hätte. Erzbischof Warinus zog sich auch, als er auf seine Würde Verzicht leistete, in dieses Kloster zurück, um dort seine letzten Lebenstage zu verbringen. Eine alte Inschrift sagt: HaeC saCra ClaVstra DeCoraVIt honore gVarInVs.

     Dass zu der damals aufgeführten Kirche nicht der Dreiconchenbau gehören kann, erweisen die Einzelformen. S. Maria im Capitol z. B. ist fast aus einem Gusse erhalten, wir wissen nur von einer Einweihung im Jahre 1049. So hohe Vorstellungen dieser Bau auch von dem Können jener so frühen Zeit erweckt, so stimmen die altertümlichen Bau­glieder doch vollständig zu dieser Zeitbestimmung. Im Vergleich mit S. Maria im Capitol weist der Chorbau von Gross S. Martin aber lauter hochentwickelte

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Max Hasak: Die Baukunst, 11. Heft. , 1899, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Baukunst_-_11._Heft_-_10.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)