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Gewölbe zu halten; — allerdings sind ja auch diese neuzeitigen Gewölbe keine romanischen, sondern richtige gotische Gewölbe mit Rippen, denen nur der Spitzbogen fehlt. Es ist doppelt interessant, dieses romanische Gewölbesystem der Kölner Bauten zu zergliedern, da es zeigt, wie man am Rhein die Aufgabe, grosse Räume zu überwölben, in der Mitte des 12. Jahrhunderts ganz anders schon gelöst hatte, als es zur selben Zeit durch die gleichzeitig entstandene Gotik in Nordfrankreich geschehen war.*)

     Die inneren Halbkuppeln der Kirche werden von einer Reihe dünner, nur wenige Centimeter starken Säulchen aus Trachyt getragen, welche durch kleine Rundbogen untereinander verbunden sind (Fig. 4).

     Hinter jenen Säulchen ist ein bequemer Um­gang ausgespart und die Aussenmauer nur 1,30 m stark angelegt. Dieser Umgang ist mit einer kleinen Tonne überwölbt, in welche von den Rundbögen über der Säulenreihe Stichkappen einschneiden. Man kann allerdings nicht verkennen, dass diese Stich­kappen, wie die Rundbögen kleinlich aussehen.

     Während also die Säulchen zur Hauptsache die Eigenlast der Halbkuppeln aufnehmen, dient die kleine Tonne mit ihrer äusseren Hälfte als durch­laufender Strebebogen, welcher den Schub der Kuppeln auf die Aussenmauern überträgt.

     Ueber den Säulchenreihen ist die Mauer hoch­geführt, um den Dachraum abzuschliessen und zu­gleich als Auflast zu dienen. Ueber dem untern Umgang ist dann wiederum ein zweiter Umgang angeordnet, der sich mit der bekannten Zwerggallerie nach aussen öffnet. Auch dieser Umgang ist mit einer Tonne überwölbt. Diese Zwerggallerie mit ihrem Hauptgesims und dem Dach dient ebenfalls als Auf­last. So sind mit verhältnismässig wenig Mauerwerk die Halbkuppeln im Gleich­gewicht gehalten. Im unteren Geschoss hat die Mauer dann allerdings die volle Stärke erhalten, aber sie ist durch eine Reihe Nischen erleichtert, welche durch starke Säulen geschieden sind.

     Die frühgotischen Baumeister, welche nach 1200 romanische Kirchen auswölbten und ausbauten, haben dieses System mit Vorliebe weiter verwendet, denn es gab ihnen die Möglichkeit, auch ohne äussere Strebepfeiler die bisher noch nicht gewölbten Chöre zu überwölben, so in St. Quirin zu Neuss und St. Kunibert zu Köln.


*) Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, Bd. 3, S. 221, schreibt allzu einseitig, dass sich die romanischen Baumeister jener Zeit mehr um die malerische Wirkung als um die Konstruktion gekümmert hätten.

 

     Den vier kurzen Tonnen, welche an die Vie­rung anschliessen, dienen die vier Ecktürmchen be­ziehentlich deren Unterbauten als Widerlager.

     So ist die ganze romanische Gewölbeanlage ohne aussen sichtbare Strebepfeiler im Gleichgewicht ge­halten. Dass dieselbe aus einem Gusse hergestellt ist, beweist folgendes: Der mächtige Vierungsturm von 10,00 m innerem Durchmesser steht mit seinen vier Seiten auf den vier Gurtbogen der Vierung — seine Mauerstärke beträgt, um ihn so leicht als möglich herzustellen, nur 90 cm. Sein grosser Durch­messer und die vier Begleittürmchen gestatten dies. Alles was unter diesen Türmen steht, muss also vor ihnen aufgeführt gewesen sein, ebenso auch die Säulen mit den Würfelkapitälen, welche unter den westlichen Begleittürmchen innen neben der Vie­rung stehen. Da die Unterbauten der westlichen Türmchen auch den Vierungsturm tragen, so mussten sie, falls bei ihrer Aufführung auch der Vierungsturm schon beabsichtigt war, beträchtliche Stärke erhalten. Bei den östlichen Türmchen hatte dies keine Not, da ein kräftiger Unterbau derselben nirgends den Weg versperrte. Anders stellt es sich bei den westlichen Türmchen, deren Unterbauten sperren die Seitenschiffe. Ohne Not und besonderen Grund hätte der zweite Baumeister sich nicht dazu verstanden, die Seitenschiffe, in der Weise, wie es geschehen ist, zu verbauen Wegen der Seitentürmchen allein, ohne den grossen Turm, hätte man der vorhandenen Unterbauten aber nicht bedurft.      Die Säulen mit ihren Würfelkapitälen, welche unter diesen westlichen Seiten-Türmen stehen,

Fig, 6. Kirche Gross St. Martin, Grundriss.
(Die älteren Teile schraffiert, die späteren schwarz.)

wiederholen sich dann weiterhin genau unter den Gewölben der Seitenschiffe, sie können also erst um diese Zeit, als der Dreiconchenchor errichtet wurde, den alten romanischen Pfeilern und Wänden angeblendet und eingebunden worden sein. Auch in der Aussenarchitektur macht sich der Schnitt zwischen dem Dreiconchenbau und dem Langschiffe deutlich geltend.

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Empfohlene Zitierweise:
Max Hasak: Die Baukunst, 11. Heft. , 1899, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Baukunst_-_11._Heft_-_09.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)