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fünf Meilen von Siena in den toskanischen Maremmen, Santa Maria d’Arbona bei Chieti, San Martino bei Viterbo, Valvisciolo bei Sermoneta und Anderen.*) In Deutschland: zu Maulbornn in Württemberg das Mönchsrefectorium, die Kirchen in Otterberg und Enkebach in der Pfalz, die Ramersdorfer Kapelle zu Bonn, das Mittelschiff des Bamberger Domes, der Ostchor des Trierer Domes und andere.

     Von diesen Bauten, welche den französischen „Uebergangstil“, und zwar hauptsächlich den Bur­gundischen, mit Anwendung des Spitzbogens im Innern, aufweisen, muss man wohl unterscheiden diejenigen, welche die Frühgotik im „Rundbogenstil“ wiedergeben. Die Hauptvertreter dieser merk­würdigen Richtung sind der Dom zu Trient, be­gonnen 1212, die Schlafsäle und Refektorien an St. Matthias zu Trier, die Sakristei und der Kapitelsaal zu Rommersdorf bei Neuwied, in etwas auch Haister­bach und das Schiff des Bonner Münsters, von seinen Gewölben abgesehen.

     Diese Baumeister zeichnen reine Frühgotik in allen Profilen, dem Laubwerk (zur Hauptsache in französischen Hörnern an den Kapitellen bestehend) in den Gewölben, Säulen u. s. w., aber sie ver­meiden ängstlich mit unerschütterlicher Folge­richtigkeit jedweden Spitzbogen. Man erhält beim Durchwandeln dieser Bauwerke den Eindruck, als seien ihre Baumeister erbitterte Gegner des Spitz­bogens gewesen. Sie haben zwar in Frankreich die frühgotische Schule genossen, sie zeichnen auch weder romanische Einzelformen noch romanische Gesamtanlagen, es ist alles frühgothisch, was sie zeichnen, aber unter Ausschluss jedweden Spitz­bogens selbst im Inneren, während in Frankreich doch gerade die Verdrängung des Rundbogens durch den Spitzbogen im Innern begonnen hatte.

     Der Zeit nach steht diese rundbogige Gruppe den vorgenannten innen spitzbogigen Uebergangsbauten übrigens gleich. Ja die Bauten an St. Matthias in Trier sind vielleicht drei Jahrzehnte später ent­standen. In ihren Einzelheiten sind sie mindestens mit denen der Liebfrauenkirche daselbst gleich alt. Vom Dom zu Trient kennen wir die Jahres­zahl des Baubeginnes 1212**) aus der noch vor­handenen Bauinschrift aussen zwischen Kreuz­schiff und Chor.

     Als ein Gegenstück zu jener frühgotischen Gruppe, welche hartnäckig den alten romanischen Rundbogen beibehält, zeigen uns der Dom zu Limburg und die


*) Siehe: Enlart, origines françaises de l’architecture gothique en Italie.

**) Anno Dmi MCCXII . . . hujus Ecclesie opus incepit et construxit Magister Adam de Arognio Cumanae Dioceseos et circuitum ipse, sui filii, inde sui Aplatici cum appendiciis ..... fabricarunt. Cujus et suae prolis hic subtus sepulcrum manet.

 

Kirche zu Gelnhausen Baumeister, welche das Orna­ment und die Profile frühgotisch bilden, auch gegen den Spitzbogen keinerlei Abneigung haben, dagegen den äusseren romanischen Aufbau strengstens bei­behalten.

     Die Baumeister beider Richtungen haben die Frühgotik erlernt, sie zeichnen frühgotische Simse und ihr Laubwerk, die einen aber behalten den Rund­bogen bei, die andern die romanischen Umrisse der Aufbauten. Dabei haben die Meister von Gelnhausen und Trient so früh ihre Kunst erlernt, dass die äusseren Fenster dem französischen Uebergangstil gemäss noch Rundbogenfenster sind, während Lim­burg, welches 1235 geweiht wird, die Uebergangsgepflogenheit schon abgestreift hat und auch im Aeusseren fast durchweg den Spitzbogen aufweist.

     Wir müssen noch einen Blick auf das Laub­werk werfen, wie sich dieses während jener Ent­wicklungszeit in Nord-Frankreich verhalten hat. An­fangs sind die Kapitelle nur mit flachen geometrischen Ornamenten verziert, aber im ersten Viertel des XII. Jahrhunderts treten zum ersten Male die Pflanzen­blätter auf, anfangs die einfachsten Arten: die Wasser­blätter und die Arums. Gegen 1130 erfolgt eine Art Rückschlag, das Akanthusblatt, welches schon vorher hin und wieder in sehr schüchterner Weise nachgeahmt worden war, tritt in der kühnsten und reichsten Ausführung auf. Das Akanthusblatt wird dabei mit einer Vollendung und einem Liebreiz dar­gestellt, ohne genaue Kopie spätrömischer Ueberreste zu sein, dass man oft die besten Erzeugnisse italie­nischer Frührenaissance zu sehen glaubt, so besonders an den Kragsteinen unter den bekannten mumien­haften Figuren an der Westansicht der Kathedrale zu Chartres; die Kapitelle von S. Laumer zu Blois geben ein Beispiel eines hochvollendeten und doch nicht antiken Umrisses. Auch die Akanthusranke wird meisterhaft verwendet, so an Thürfüllungen der Westansicht von S. Denis und an der Kathedrale zu Bourges.

     Dann aber, gegen Mitte des XII. Jahrhunderts, hört diese kurze Herrschaft des Akanthusblattes auf, die Pflanzen des Landes setzen sich in immer reiche­ren Blattformen an seine Stelle, in einer saftigen Frische und in einer Ueppigkeit und Klarheit, dass sie mit dem späteren, rein frühgotischen Naturlaub um die Palme ringen. In Deutschland herrscht in der frühen Zeit das glatte Würfelkapitell und er­hält sich an vielen Bauten w. z. B. den Kölner Kirchen S. Martin und S. Aposteln bis gegen Ende des XIII. Jahrhunderts. Wo Laubwerk auftritt, ist es jenes bekannte an maurische Formen erinnernde Ranken­werk mit schematischen Blättchen, das am Rhein fast ausnahmslos wenig schön gehandhabt wird. S. Andreas zu Köln macht eine rühmliche Ausnahme.

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Empfohlene Zitierweise:
Max Hasak: Die Baukunst, 11. Heft. , 1899, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Baukunst_-_11._Heft_-_07.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)