westliche Querschiff und die Gewölbe des Hochschiffes, ebenso die von St. Ursula und von St. Andreas daselbst, die von Brauweiler, die Pfarrkirchen zu Linz am Rhein, zu Sinzig, St. Goar, Boppard und Bacharach, die Dome zu Limburg und Bamberg, insofern als deren Seitenschiffsmauern, bei letzterem auch teilweise die Türme und Chöre, von den vorhergegangenen romanischen Bauten stammen. Kurz, es giebt in Deutschland keinen einheimischen Uebergangstil. — Doch finden wir ausser den angeführten Bauten bei uns noch etwa ein bis zwei Dutzend des französischen Uebergangstiles, die zur Hauptsache dem burgundischen Uebergang der Cisterzienser Bauten angehören und nur zum geringen Teil dem Uebergangstil der nordfranzösischen Gegenden. Ueber diese Bauten weiter unten. — Da die Einwölbung der romanischen Kirchen also zu allermeist nicht dem romanischen Stil angehört, die romanischen Mittelschiffe in Deutschland fast gar nicht gewölbt waren, so fällt damit auch die Lehre von dem sogenannten „gebundenen System“, nach welchem das Mittelschiff romanischer Kirchen deswegen doppelt so breit als die Seitenschiffe angelegt worden sei, weil man nur quadratische Kreuzgewölbe zu romanischer Zeit hätte herstellen können. Hieraus ergäbe sich auf ein Quadrat im Mittelschiff die Anordnung von zwei Quadraten in den Seitenschiffen. Wenn viele romanische Kirchengrundrisse ein doppelt so breites Mittelschiff als die Seitenschiffe aufweisen, trotzdem dieses nicht gewölbt war, so liegt das einfach an einem Herkommen, welches den entwerfenden Baumeister auf eine ungezwungene Art und Weise des Zweifels und der Versuche überhob, wie er diese Breiten gegeneinander abstimmen sollte. Selbst in jenen Gegenden, besonders Süd- und Westfrankreichs, in denen man zu romanischer Zeit die Kirchen schon frühzeitig wölbte, wie in den damals unter englischer Herrschaft stehenden Provinzen Aquitanien, Anjou und Maine, hatten die Gewölbe fast ohne Ausnahme nicht die Form der Kreuzgewölbe, sondern waren Kuppeln oder rundbogige,*) häufig auch spitzbogige Tonnengewölbe über den Mittelschiffen und halbe Tonnengewölbe über den Seitenschiffen. So sind mit Kuppeln überwölbt, um nur einige der wichtigsten anzuführen, die Kathedralen und Kirchen zu Périgueux, Fontevrault, Cahors, Angoulême, Puy en Velay und Saint Hilaire zu Poitiers. Mit Tonnen im Mittelschiff sind überwölbt: N. Dame du Port zu Clermont, S. Étienne zu Nevers, Saint Savin bei Poitiers, S. Sernin zu Toulouse, S. Trophime zu Arles. — In der Kirche S. Philibert zu Tournus ist *) Ein Tonnengewölbe hat die Form eines halben Cylinders. |
das Mittelschiff durch eine Reihe quergelegter Tonnengewölbe überdeckt. Auch ist die Ansicht nicht aufrecht zu erhalten, dass oblonge Kreuzgewölbe sich mit Rundbögen nur schwer ausführen liessen und im Rundbogen hergestellt geringere Sicherheit und Haltbarkeit böten, als solche mit Spitzbogen hergestellte. Kreuzgewölbe mit besonderen Rippen unter den Diagonalgraten lassen sich, ob mit rundbogigen Gurten und Schildbogen oder mit spitzbogigen in ganz gleicher Weise ohne besondere Schwierigkeiten herstellen und halten in gleicher Weise; nur dass die rundbogigen einen grösseren Seitenschub ausüben. Im allgemeinen ist festzuhalten, dass die romanischen Kreuzgewölbe im Gegensatz zu den gotischen ohne Rippen hergestellt worden sind; die Rippe ist, wie wir sehen werden, grade das Charakteristische des gotischen Kreuzgewölbes, ihre Erfindung im Norden Frankreichs löst aus dem Schosse der romanischen Kunst die Gotik allmählich los. Sie ist das Hauptzersetzungsmittel, welches die romanische Kunst im Norden Frankreichs umwandelt. — In Deutschland weisen frühromanische Kreuzgewölbe Rippen nirgends auf. Wo wir in Deutschland Kreuzgewölbe mit Rippen unter den Diagonalgraten finden, können wir daher auf eine späte Zeit der Entstehung schliessen, selbst wenn keine Beweise vorlägen. Denn fast bei allen Rippengewölben in romanischen Kirchen ist ihre späte Entstehung am Bau selbst nachweisbar. Man könnte einwerfen, dies sei eine willkürliche, nicht zu beweisende Annahme und die Einteilung eine gemachte. Verfolgen wir daher den Verlauf der Umgestaltung des romanischen Stiles Nordfrankreichs bis er sich zur Frühgotik entwickelt hat. Als Grenzstein zwischen die romanische und gotische Baukunst Nordfrankreichs war man seit Franz Mertens und Viollet-le-Duc gewöhnt, den Neubau der Abteikirche von S. Denis bei Paris zu setzen, der in den Jahren 1140 (in seinen westlichen Teilen) und 1144 (der Chor) vollendet worden ist. Doch hat Viollet keineswegs behauptet, wie man ihm vorwirft*), dass mit S. Denis die Gotik fertig dem Haupte eines ersten Gotikers entsprungen sei. Er zeigte nur, dass an St. Denis zum ersten Mal ohne jedes Schwanken und Tasten die Kreuzgewölbe mit Rippen, bei durchgängiger Verwendung des Spitzbogens in Gurt- und Schildbögen, zur Anwendung gelangt sind.**) Dabei weist Viollet grade auf die unmittelbaren Vorgängerinnen von St. Denis, nämlich Notre-Dame zu Ghalons-sur-Marne und die Kathe- *) A. S.-Paul: Viollet-le-Duc et son système d’archéologie. **) Viollet-le-Duc dictionnaire raisonné de l’architecture Bd. 9, S. 503 ff. | |
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Max Hasak: Die Baukunst, 11. Heft. , 1899, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Baukunst_-_11._Heft_-_04.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)