Die Audienz
Die Audienz.
Ich laß nicht die Kindlein, wie Pharao,
Ersäufen im Nilstromwasser;
Ich bin auch kein Herodestyrann,
Kein Kinderabschlachtenlasser.
Am Anblick der Kinder mich laben;
Laß zu mir kommen die Kindlein, zumal
Das große Kind aus Schwaben.
So sprach der König; der Kämmerer lief,
Herein das große Schwabenkind,
Das seinen Diener machte.
Der König sprach: Du bist wohl ein Schwab?
Das ist just keine Schande.
Geboren im Schwabenlande.
Stammst du von den sieben Schwaben ab?
Frug jener. Ich thu abstammen
Nur von einem einz’gen, erwiedert der Schwab’,
Der König frug ferner: Sind dieses Jahr
Die Knödel in Schwaben gerathen?
Ich danke der Nachfrag’, antwortet der Schwab’,
Sie sind sehr gut gerathen.
Der König. Im Augenblicke
Fehlt es an großen, erwiedert der Schwab’,
Wir haben jetzt nur dicke.
Hat Menzel, frug weiter der König, seitdem
Ich danke der Nachfrag’, erwiedert der Schwab’,
Er hat noch genug an den alten.
Der König sprach: Du bist nicht so dumm,
Als wie du aussiehst, mein Holder.
In der Wiege vertauscht die Kobolder.
Der König sprach: Es pflegt der Schwab’
Sein Vaterland zu lieben –
Nun sage mir, was hat dich fort
Der Schwabe antwortet: Tagtäglich gab’s
Nur Sauerkraut und Rüben;
Hätt’ meine Mutter Fleisch gekocht,
So wär’ ich dort geblieben.
Der König. Da kniete nieder
Der Schwabe und rief: O geben Sie, Sire,
Dem Volke die Freiheit wieder!
Der Mensch ist frei, es hat die Natur
O geben Sie, Sire, dem deutschen Volk
Zurück seine Menschenrechte!
Der König stand erschüttert tief –
Es war eine schöne Scene; –
Der Schwab’ aus dem Auge die Thräne.
Der König sprach endlich: Ein schöner Traum! –
Leb wohl, und werde gescheiter;
Und da du ein Somnambülericht,
Zwei sichre Gendarmen, die sollen dich
Bis an die Grenze führen –
Leb wohl! ich muß zur Parade gehn,
Schon hör’ ich die Trommel rühren.
Ein rührendes Ende genommen.
Doch ließ der König seitdem nicht mehr
Die Kindlein zu sich kommen.