Deutsche Nationalfeste (Die Gartenlaube 1898/11)

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Titel: Deutsche Nationalfeste
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aus: Die Gartenlaube, Heft 11, S. 351–352
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Deutsche Nationalfeste.

Ein wichtiger Schritt ist auf dem Wege zur Schaffung der Deutschen Nationalfeste gethan worden. Am 24. März hat der Vorstand des Reichsausschusses in Berlin beschlossen, Rüdesheim zum Festort zu wählen. Auf dem Niederwalde, hoch über den Fluten des Rheins, wo die Germania stolz und friedensstark die Kaiserkrone über die deutschen Lande emporhebt, soll die Feststätte geschaffen werden, welche dereinst zum Weiheplatze des gesamten deutschen Volkstums werden möge!

Als wir vor zwei Jahren (vergl. Jahrgang 1896, S. 218[WS 1] der „Gartenlaube“) über die ersten Vorschläge berichteten, Nationaltage für deutsche Kampfspiele ins Leben zu rufen, waren die Ansichten über deren Gestaltung noch nicht geklärt. Dank der unermüdlichen Arbeit einer großen Schar warmherziger Volksfreunde ist es inzwischen gelungen, mehr und mehr eine Einigung herbeizuführen und das Programm für die Deutschen Nationalfeste wenigstens in allgemeinen Umrissen festzulegen.

Ihr Zweck soll durchaus ideal sein. Nicht eitles Schaugepränge und rauschende Belustigungen sollen sie den Teilnehmern und Zuschauern bieten, sondern veredelnd auf das deutsche Volkstum einwirken. Diese Feste wollen das vaterländische Empfinden [352] stärken, ein Vorbild der Einfachheit der Sitte im Festesleben schaffen und Volksgesundheit wie Volkskraft heben.

Zu allen Zeiten haben einsichtsvolle Männer in den Leibesübungen einen lebendigen Quell zur Erhaltung und Erfrischung der Volkskraft erkannt. Nur ein leiblich gesundes und kräftiges Volk vermag im Wettstreit mit den anderen seinen Platz in der Weltgeschichte zu behaupten. Leibesübungen haben sich einst als ein siegreiches Mittel bewährt, das deutsche Volk zu verjüngen und aus seiner zeitweiligen Erniedrigung emporzuheben. Die Zeiten haben sich gottlob geändert, aber wir sind heute mehr denn je den gesundheitsschädlichen Einflüssen des Kulturlebens ausgesetzt und müssen durch körperliche Uebungen im Freien den drohenden Schäden zu begegnen suchen. In alle Gauen des deutschen Vaterlandes ist heute diese Einsicht gedrungen, überall turnt man und übt sich in ähnlichen Künsten. Es gilt nun, diese Bewegung zu fördern, ihr Ansehen zu stärken. Das wird ein erstrebenswertes Ziel der Deutschen Nationalfeste sein. Die Tüchtigsten aus dem deutschen Volke werden auf ihnen erscheinen, um sich in körperlichen Wettkämpfen zu messen. Alle Formen der Leibesübungen sollen sich bethätigen. Im Gehen, Laufen, Springen und Ringen, im Turnen, Rudern und Schwimmen und im Radfahren und Fechten wird man sich versuchen, und auch gesunde Volksbelustigungen wie Tauziehen, Armbrustschießen, Fischerstechen und ähnliches sollen zugelassen werden.

Diese Bethätigung deutscher Kraft und Gewandtheit soll aber noch durch die deutsche Kunst verschönert werden. Sie wird schon bei der Ausschmückung der Feststätte in mannigfacher Weise mitwirken können, außerdem sollen aber neben den körperlichen auch künstlerische Wettkämpfe stattfinden. Vor allem sind hierzu Musik und Dichtung berufen. So wird man auf den Nationalfesten preisgekrönte Werke für Musik und Gesang und volkstümliche dramatische Dichtwerke aufführen.

Sämtliche Vorführungen sollen ohne Ausnahme von vaterländischer Anschauung getragen werden. Was ihr widerspricht, wird nicht geduldet. Alle Ausländerei ist ausgeschlossen. Ausführlicheres über diese Fragen kann jedermann in der Schrift „Deutsche Nationalfeste“, Auskunftsbüchlein von Wilhelm Rolfs (R. Oldenbourg, München und Leipzig) finden; darin heißt es auch treffend: „In deutschen Ruderbooten, auf deutschen Fahrrädern, an deutschen Geräten sollen die Siege auf den deutschen Nationalfesten errungen werden. Die deutsche Sprache wird rein und durch kein Sportwelsch mißhandelt zur vollen Geltung kommen, und der schlichte Eichenkranz ist der einzige höchste Preis, der als Lohn den Siegern winkt.“

Jeder unbescholtene Deutsche, der sich zum deutschen Volkstum bekennt, ist zur Mitwirkung zugelassen, und die deutsche Frau erfährt hierbei die gleiche Berücksichtigung wie der Mann.

Auf der Feststätte will man für 100000 Teilnehmer und Zuschauer Platz schaffen. Da werden außer den umfangreichen Anlagen für die körperlichen und künstlerischen Wettkämpfe auch Verwaltungs-, Erfrischungs- und Erholungsräume nötig sein. Nach und nach sollen diese Bauten entstehen, bis die Feststätte das Bild einer kleinen Feststadt gewährt. Voraussichtlich werden wir schon im Jahre 1900 das erste Deutsche Nationalfest feiern können, dem alle vier oder fünf Jahre weitere folgen sollen.

Um einen so groß angelegten Plan würdig durchzuführen, dazu ist die Mithilfe des gesamten deutschen Volkes innerhalb und außerhalb der Reichsgrenzen unbedingt notwendig. Es gilt darum zunächst, diesen echt vaterländischen Gedanken in immer weitere Kreise zu tragen, bis er überall feste Wurzeln geschlagen hat. Von den Festen ist jede Tagespolitik, jeder Konfessionshader ausgeschlossen, sie dienen nur dem deutschen Volkstum. Darum sollen überall Ortsausschüsse, die für die Idee wirken, geschaffen werden. Deutsche Männer, die dieses ideale Ziel fördern möchten, werden von dem Ausschusse gern über alles Nähere unterrichtet. Die im Reiche wohnen, mögen sich an den Vorsitzenden der Reichsabteilung, Bürgermeister Heyne in Görlitz, und die außerhalb der Reichsgrenze Ansässigen an den Vorsitzenden der Alldeutschen Abteilung, Prof. Dr. Hasse in Leipzig, wenden.

Die Mithilfe des gesamten deutschen Volkes muß aber auch in einer anderen Hinsicht werkthätig sein. Zur Gründung und Erhaltung der Feststätte sind große Geldmittel nötig. Der „Reichsausschuß für die Nationalfeste“ wendet sich darum an die Opferwilligkeit aller Volkskreise und bittet um freiwillige Beiträge zur Förderung eines Werkes, das dem ganzen Volke zum Segen gereichen soll. Gegenwärtig nehmen die Depositenkasse der Deutschen Bank in Berlin W., Mauerstraße, sowie ihre Filialen in München, Frankfurt a. M., Hamburg, Dresden, Bremen und London Beiträge an. Es sollten aber außerdem möglichst viele freiwillige Sammelstellen errichtet werden.

Mit fester Zuversicht hoffen wir, daß dieser Aufruf überall, wo Deutsche wohnen, den lebhaftesten Wiederhall wecken werde. Man möge an dem im Werden begriffenen nationalen Werke zu bessern suchen, aber durch kleinliches Erwägen sollte man nunmehr seinen Fortschritt nicht hemmen. Schließen wir uns fest zusammen, damit an der Wende des Jahrhunderts an den Ufern des Stromes, um den das deutsche Volk gelitten und gestritten hat, das erste Nationalfest stattfinde dem deutschen Volkstum zum Heil!

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Anmerkung Wikisource

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  1. Paginierung nach der Halbheftausgabe. Entspricht in der Wochen-Nr. 13, S. 211 f.