Der treue Knabe (Erk, Variante 2)

Textdaten
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Titel: Der treue Knabe
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aus: Deutscher Liederhort,
S. 96–97
Herausgeber: Ludwig Erk
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Th. Chr. Fr. Enslin
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Wikimedia Commons
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[96]
29a. Der treue Knabe.
(Nach derselben Melodie.)
1.
Es war einmal ein feiner Knab,

der liebt sein Schatz ein ganzes Jahr;

2.
Ein ganzes Jahr und noch viel mehr,

die Lieb die nahm kein Ende mehr.

3.
Der Knab der reist ins fremde Land,

derzeit ward ihm sein Schätzchen krank;

4.
Ja krank, ja krank bis auf den Tod,

drei Tag, drei Nacht redt sie kein Wort.

5.
Und als der Knab die Botschaft kriegt,

daß sein Feinsliebchen krank da liegt:

6.
Da verließ er gleich sein Hab und Gut,

wollt sehn, was sein Herzliebchen thut.

[97]
7.
Und als der Knab zur Thür nein kam,

da fieng sein Schatz zu weinen an.

8.
„Willkomm, willkomm, du feiner Knab!

mit mit gehts jetzt ins kühle Grab.“

9.
‚‚‚Ach nein, ach nein, nicht so geschwind,

dieweil wir zwei Verliebte sind!‘‘‘

10.
Er nahm sie gleich in seinen Arm,

da war sie kalt und nicht mehr warm.

11.
‚‚‚Geschwind, geschwind, bringt mir ein Licht!

sonst stirbt mein Schatz, daß Niemand sicht

12.
‚‚‚Wo krieg ich jetzt ein altes Weib,

die mir mein Schatz schneeweiß bekleidt?

13.
‚‚‚Wo krieg ich jetzt sechs junge Knabn,

die mir mein Schatz zu Grabe tragn?

14.
‚‚‚Wo krieg ich jetzt eine güldne Kron,

die ich meim Schatz verehren thun?

15.
‚‚‚Zuvor da hatt ich große Freud,

jetzt muß ich tragen ein schwarzes Kleid;

16.
‚‚‚Ein schwarzes Kleid und noch viel mehr:

mein Trauern nimmt kein Ende mehr.‘‘‘

(Mündlich, aus der Gegend von Frankfurt a. M. (Offenthal, Dreieichenhain etc.)