Der todte Freier (Erk, Variante 2)

Textdaten
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Titel: Der todte Freier
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aus: Deutscher Liederhort,
S. 75–76
Herausgeber: Ludwig Erk
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Th. Chr. Fr. Enslin
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Wikimedia Commons
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[75]
24a. Der todte Freier.
(Mündlich, aus der Gegend von Neiße in Schlesien.)
1.
Es gieng ein Knab spazieren,

spazieren bei der Nacht,
er gieng unter Feinslieb Fenster:
„Ei schläfst du oder wachst?“

2.
‚‚‚Ich schlafe nicht, ich wache,

ich aber erkenne dich nicht.‘‘‘ –
„Steh auf und komm zum Fenster!
vielleicht erkennst du mich.“

3.
Sie stand auf und gieng zum Fenster,

sie aber erkannt ihn nicht:
‚‚‚Du riechst mir so nach Erde,
oder bist du selber der Tod?‘‘‘

4.
„Riech ich dir so nach Erde?

ich liege schon längst darin;
ist heute schon acht Jahre,
daß ich gestorben bin.

[76]
5.
„Geh, rufe dein Vater und Mutter,

das ganze Hausgesind!
geh, rufe dein Schwester und Bruder!
der Bräutigam ist schon da.“

6.
Und wie sie das erste Mal läuten,

da war die Braut schneeweiß.
Und wie sie das zweite Mal läuten,
da brach ihr aus der Schweiß.

7.
Und wie sie das dritte Mal lauten,

da nahm sie ein glückselig End;
sie sind mit einander verschieden,
verschieden aus der Welt.

8.
Es sind zwei Liebchen verschieden,

verschieden bei der Nacht;
Gott selber war der Priester,
der sie getrauet hat.

(Mitgetheilt durch Herrn Prof. Hoffmann v. Fallersleben.)