Der schwarze Hund vom Treibholz

Textdaten
Autor: Albert Bock
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Titel: Der schwarze Hund vom Treibholz
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aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1929 S. 50–51
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Der schwarze Hund vom Treibholz


[50]
Der schwarze Hund vom Treibholz.
Von Albert Bock, St. Andreasberg i.H.


     In einer warmen Sommernacht saß eine Bergmannsfrau in ihrem Häuschen im Sperrentale bei St. Andreasberg mit dem Strickzeug am Fenster und wartete auf ihren Eheherrn, der um 1 Uhr nachts von der Spätschicht nach Hause kommen mußte. Heller Mondschein lag über Wald und Feld, und der Duft von frischgemähtem Gras drang durch das offene Fenster ins Zimmer. Kein Laut ringsum, nichts störte die heilige Stille. Des Mondes Silberlicht war so stark, daß die Frau auf eine weite Entfernung hin alles klar zu überblicken vermochte. Sie stand auf von ihrem Stuhl, beugte sich aus dem Fenster und spähte die Straße entlang, auf der ihr Mann immer heimkam. Da schlug es 12 Uhr vom Glockenturm, – die Mitternachtsstunde. Es war noch zu früh, jetzt konnte ihr Heinrich, so hieß ihr Mann, noch nicht heimkehren. So ging sie an ein anderes Fenster, das an der Rückseite des Hauses, nach der Bergseite zu, lag. Ein schmaler Weg führte dort vorbei, den Berg hinan und dem Treibholze zu. Als sie nun ein Weilchen aus diesem Fenster hinaus geschaut hatte, sah sie plötzlich vom Treibholze her einen großen, schwarzen Hund kommen. Sie wunderte sich darüber, und ihr Erstaunen wurde zum Entsetzen, als sie den Hund näher betrachtete. Es war ein gräuliches, struppiges Tier mit Augen, die wie Feuer leuchteten, mit einem rotglühenden, feuerspeihenden Rachen, aus dem eine lange Zunge hing. In ihrer Todesangst bekreuzigte sie sich und stammelte ein Vaterunser. Da war der Hund auch schon an ihrem Häuschen vorüber, lief über die Brücke der Sperrlutter und von da weiter die Straße entlang, die ihr Heinrich kommen mußte. Nun packte sie eine heiße Angst, laut und hart pochte ihr Herz, und am liebsten wäre sie ihrem Manne entgegengeeilt, wenn die lähmende Furcht sie nicht zurückgehalten hätte[WS 1]. Sie wartete von Schrecken und Grauen geschüttelt, doch ihr Heinrich kam nicht, und als die Glocken die zweite Stunde des neuen Tages verkündeten, war er immer noch nicht da. Jetzt weinte sie bitterlich und schluchzte: „Was mag ihm nur passiert sein, der Hund hat ihm sicher etwas Böses angetan!“ Eine große Unruhe trieb sie hin und her. Endlich gegen 3 Uhr morgens kam der sehnlichst Erwartete heim und war erstaunt, seine Frau noch wachend anzutreffen. Weinend warf sie sich an ihres Mannes Brust und frug: „Heinrich, wo warst Du, ich habe mich ja so sehr gefürchtet und mich um Dich gebangt.“ Dieser beruhigte nun seine Frau, schalt mit ihr und sagte, sie sei eine kleine Närrin, die in Zukunft rechtzeitig schlafen gehen sollte. Doch auf ihre nochmalige Frage nach seinem Verbleib, erzählte er ihr: „Denk Dir einmal, was mir passiert ist. Als ich auf dem Heimweg von der Grube bin, sehe ich vor dem Hause des Hufschmiedes, dort, wo die beiden hohen Bäume stehen, den Kameraden Sch. liegen. Ich stoße ihn an, er regt sich aber nicht. Ich rüttele ihn und denke, hat der aber einen über den Durst getrunken. Als er jedoch gar kein Lebenszeichen von sich gibt, glaube ich, daß ihm doch wohl etwas Ernsteres fehlen müsse. Ich lade ihn mir also auf den Rücken und trage ihn nach seinem Hause. Als dieses nun geöffnet wird und die Frau des Kameraden und ich den Bewustlosen aufs Bett gelegt haben, bittet mich die Frau, doch den Herrn Oberbergchirurg A. zu holen. Ich eile fort und der Arzt kommt gleich mit. Bald nun hat er den Kameraden so weit, daß er ein paar Worte spricht. Er redet wirre Sachen von einem großen, schwarzen Hund mit feurigen Augen, schaurig anzuschauen, dem aus einem Feuerspeienden Rachen eine lange Zunge hängt. Als das Tier auf ihn losgesprungen wäre, sei alles Leben aus ihm gewichen. Unser Herr Oberbergchirurg schüttelte den Kopf, untersuchte den Kranken, konnte aber keine Verletzung feststellen. Er blieb dann noch bei ihm und sprach beruhigend auf ihn ein. Ich bin dann heingegangen.“ – Darauf [51] erzählte ihm seine Frau: „Auch ich habe den Hund gesehen, genau so, wie ihn Dein Kamerad geschildert hat. Dort hinten vom Treibholze ist er gekommen, über die Brücke und die Straße gelaufen, von woher Du kommen mußtest. Deinem armen Kameraden ist er begegnet, und der hat sich erschreckt, daß ihm das Blut erstarrte. Wie leicht hätte es Dir ebenso ergehen können. O, was habe ich für eine Angst um Dich ausgestanden.“ Ihr Mann schwieg lange Zeit und hub dann an: „Als ich noch ein Kind war, hat mein Großvater mir erzählt, daß es auf dem Treibholz nicht ganz geheuer sei. Dort soll vor langen, langen Zeiten ein Schloß gestanden haben, dessen Bewohner sehr böse Menschen waren. Nichts war ihnen heilig, sie nahmen, was ihnen nicht gehörte, und was ihnen in den Weg trat, mußte sein Leben lassen. Schon lange hatte das himmlische Strafgericht gedroht. Sie trieben es jedoch immer ärger, und als sie einmal wieder von einem Raubzug zurückgekehrt waren und ein höllisches Fest feierten, brach es, als ihre Bosheit reif geworden war, plötzlich über sie herein. Schreckliche Blitze zuckten hernieder, und mit furchtbarem Krachen barst der Berg auseinander. In Feuer und Rauch versanken das Schloß und seine Bewohner. Die unermeßlichen Schätze aber, die sie angesammelt, werden da unten, tief im Innern des Berges, von einem feurigen Hunde bewacht, der jeden zerrreißt, den es nach den Schätzen gelüstet. Nur einmal alle hundert Jahre verläßt dieser den Ort, kommt an die Erdoberfläche, und wem es dann glückt, während seiner Abwesenheit an den Schatz heranzukommen, kann sich so viel davon nehmen, daß er genug für sein ganzes Leben hat. – Heute waren gewiß wieder einmal hundert Jahre um, und wenn Du den Hund so genau gesehen hast, muß es wahr sein, was mir mein alter Großvater immer von dem großen Schatz im Treibholze zu erzählen wußte.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. fehlendes Wort eingefügt