Der neue Pausias und sein Blumenmädchen
Pausias von Sicyon der Mahler, war, als Jüngling, in Glyceren, seine Mitbürgerin, verliebt, welche, Blumenkränze zu winden, einen sehr erfinderischen Geist hatte; sie wetteiferten mit einander, und er brachte die Nachahmung der Blumen zur größten Mannigfaltigkeit. Endlich mahlte er seine Geliebte, sitzend, mit einem Kranze beschäftigt. Dieses Bild wurde für eines seiner besten gehalten, und die Kranzwinderin oder Kranzhändlerin genannt, weil Glycere sich auf diese Weise, als ein armes Mädchen ernährt hatte. Lucius Lucullus kaufte eine Copie in Athen für zwey Talente.
Plinius B. XXXV. C. XI.
Schütte die Blumen nur her zu meinen Füßen und deinen!
Welch ein chaotisches Bild holder Verwirrung du streust!
Du erscheinest als Liebe, die Elemente zu knüpfen,
Wie du sie bindest so wird nun erst ein Leben daraus.
Sanft berühre die Rose, sie bleibt im Körbchen verborgen,
Wo ich dich finde, mein Freund, öffentlich reich’ ich sie dir.
Und ich thu’ als kennt ich dich nicht und danke dir freundlich;
Aber dem Gegengeschenk weichet die Geberinn aus.
Reiche die Hiacinthe mir zu und reiche die Nelke,
Daß die frühe zugleich neben der späteren sey.
Laß zu deinen Füßen mich sitzen, im blumigen Kreise,
Und ich fülle den Schoos dir mit der lieblichen Schaar.
Reiche den Faden mir erst, dann sollen die Gartenverwandten,
Die sich von ferne nur sahn, neben einander sich freun.
Was bewund’r ich zuerst? was zuletzt? die herrlichen Blumen?
Oder der Finger Geschick? oder der Wählerinn Geist?
Gieb auch Blätter, damit der Glanz der Blumen nicht blende.
Auch das Leben verlangt ruhige Blätter im Kranz.
Sage was wählst du so lange bey diesem Strauße? gewiß ist
Dieser jemand geweyht den du besonders bedenkst.
Hundert Sträuße vertheil ich des Tags und Kränze die Menge;
Aber den schönsten doch bring ich am Abend dir zu.
Ach nur glücklich wäre der Mahler, der diese Gewinde
Mahlte, das blumige Feld, ach! und die Göttin zuerst.
Aber doch mäßig glücklich ist der, mich dünkt, der am Boden
Hier sitzt, dem ich, den Kuß reichend, noch glücklicher bin.
Ach! Geliebte noch Einen! die neidischen Lüfte des Morgens
Nahmen den ersten sogleich mir von den Lippen hinweg.
Wie der Frühling die Blumen mir giebt, so geb ich die Küsse
Gern dem Geliebten und hier sey mit dem Kusse der Kranz.
Hätt’ ich das hohe Talent des Pausias glücklich empfangen!
Nachzubilden den Kranz wär ein Geschäfte des Tags!
Schön ist er wirklich, sieh ihn nur an, es wechseln die schönsten
Kinder Florens um ihn, bunt und gefällig, den Tanz.
In die Kelche versenkt ich mich dann und erschöpfte den süßen
Zauber, den die Natur über die Kronen ergoß.
Und so fand ich am Abend noch frisch den gebundenen Kranz hier,
Unverwelklich spräch er von der Tafel uns an.
Ach wie fühl ich mich arm und unvermögend! wie wünscht ich
Fest zu halten das Glück, das mir die Augen versengt.
Unzufriedener Mann, du bist ein Dichter und neidest
Jenes Alten Talent, brauche das deinige doch!
Ach! erreicht wohl der Dichter den Schmelz der farbigen Blumen?
Neben deiner Gestalt bleibt nur ein Schatten sein Wort!
Aber vermag der Mahler wohl auszudrücken: ich liebe!
Nur dich lieb ich, mein Freund! lebe für dich nur allein!
Ach! und der Dichter selbst vermag nicht zu sagen: ich liebe!
Wie du himmlisches Kind süß mir es schmeichelst ins Ohr.
Viel vermögen sie beyde, doch bleibt die Sprache des Kusses,
Mit der Sprache des Blicks nur den Verliebten geschenkt.
Du vereinigest alles, du dichtest und mahlest mit Blumen;
Florens Kinder sind dir Farben und Worte zugleich.
Nur ein vergängliches Werk entwindet der Hand sich des Mädchens
Jeden Morgen, es welkt früher als Abend die Pracht.
Auch so geben die Götter vergängliche Gaben, damit sie
Stets erneuend und stets ziehen die Herrlichen an.
Hat dir doch kein Strauß, kein Kranz des Tages gefehlet,
Seit dem ersten der dich mir so von Herzen verband.
Ja noch hängt er zu Hause der erste Kranz in der Kammer,
Den du mir, den Schmauß lieblich umwandelnd, gereicht.
Da ich den Becher dir kränzte und eine Blume hineinfiel,
Und du trankst und riefst: Mädchen die Blumen sind Gift.
Und dagegen du sagtest: sie sind voll Honig die Blumen;
Aber die Biene nur findet die Süßigkeit aus.
Und der rohe Timanth ergriff mich und sagte: die Hummeln
Forschen des herrlichen Kelchs süße Geheimnisse wohl.
Und du wandtest dich weg und wolltest fliehen, es stürzten,
Vor dem täppischen Mann, Körbchen und Blumen hinab.
Und du riefst ihm gebietend: das Mädchen laß nur! die Sträuße,
So wie das Mädchen selbst, sind für den feineren Sinn.
Aber fester hielt er dich nur, es grinste der Lacher
Und dein Kleid zerriß oben vom Nacken herab.
Und du warfst in begeisterter Wuth den Becher hinüber,
Daß er am Schädel ihm, häßlich vergossen, erklang.
Wein und Zorn verblendeten mich, doch sah ich den weißen
Nacken, die herrliche Brust, die du bedecktest, im Blick.
Welch ein Getümmel ward und ein Aufstand! purpurn das Blut lief
Mit dem Weine vermischt, gräulich dem Gegner vom Haupt.
Und ich sahe nur dich am Boden kniend, verdrießlich,
Mit der einen Hand hieltst das Gewand du hinauf.
Und es flogen die Teller nach dir! ich sorgte den edlen
Fremdling träfe der Wurf kreisend geschwungnen Metalls,
Und doch sah ich nur dich, wie mit der anderen Hand du
Körbchen, Blumen und Kranz sammeltest unter dem Stuhl.
Schüzend tratest du vor, daß nicht mich der Zufall verletzte
Oder der zornige Wirth, weil ich das Mahl ihm gestört.
Ja ich erinnre mich noch, ich nahm den Teppich, wie einer
Der auf dem linken Arm gegen den Stier ihn bewegt.
Ruhe gebot der Wirth und sinnige Freunde, da schlüpft’ ich
Sachte hinaus, nach dir wendet’ ich immer den Blick.
Ach du warst mir verschwunden! vergebens sucht ich in allen
Winkeln des Hauses herum, so wie auf Straßen und Markt.
Schamhaft blieb ich verborgen, das unbescholtene Mädchen,
Sonst von den Bürgern geliebt, war nun das Mährchen des Tags.
Blumen sah ich genug und Sträuße, Kränze die Menge;
Aber du fehltest mir, aber du fehltest der Stadt.
Stille saß ich zu Hause, da blätterte los sich vom Zweige
Manche Rose, so auch welkte die Nelke dahin.
Mancher Jüngling sprach auf dem Platz: da liegen die Blumen!
Aber die liebliche fehlt, die sie verbände zum Kranz.
Kränze band ich indessen zu Haus’ und ließ sie verwelken.
Siehst du, da hängen sie noch, neben dem Heerde, für dich.
Auch so welkte der Kranz, der erste, ich hatt’ im Getümmel
Nicht ihn vergessen, ich hängt’ neben dem Bett mir ihn auf.
Und ich sah die Kränze des Abends und saß noch und weinte,
Bis in der dunkelen Nacht Farbe nach Farbe verlosch.
Irrend ging ich umher und fragte nach deiner Behausung,
Keiner der eitelsten selbst konnte mir geben Bescheid.
Keiner hat je mich besucht und keiner weiß die verborgne
Wohnung, die Größe der Stadt birget die Aermere leicht.
Irrend lief ich umher und flehte zur spähenden Sonne:
Zeige mir, mächtiger Gott, wo du im Winkel ihr scheinst!
Große Götter hörten dich nicht, doch Penia hört es,
Endlich trieb die Noth nach dem Gewerbe mich aus.
Trieb nicht noch dich ein anderer Gott, den Beschützer zu suchen?
Hatte nicht Amor für uns wechselnde Pfeile getauscht?
Spähend sucht ich dich auf bey vollem Markt und ich sah dich.
Und es hielt das Gedräng keines der Liebenden auf.
Ja wir theilten das Volk, wir kamen zusammen, du standest,
Und du standest vor mir, ja! und wir waren allein.
Mitten unter den Menschen! sie schienen nur Sträucher und Bäume,
Und mir schien ihr Getös’ nur ein Geriesel des Quells.
Immer allein sind Liebende sich in der größten Versammlung;
Aber sind sie zu zwey, stellt auch der dritte sich ein.
Amor ja! er schmückt sich mit diesen herrlichen Kränzen,
Schütte die Blumen nun doch fort aus dem Schoose den Rest.
Nun ich schüttle sie weg, die schönen! in deiner Umarmung,
Lieber, geht mir auch heut wieder die Sonne nur auf.