Der getreue Eckart (Goethe)
O wären wir weiter, o wär’ ich zu Haus!
Sie kommen. Da kommt schon der nächtliche Graus;
Sie sind’s die unholdigen Schwestern.
Sie streifen heran und sie finden uns hier,
Und lassen nur leer uns die Krüge.
So sprechen die Kinder und drücken sich schnell;
Da zeigt sich vor ihnen ein alter Gesell:
Nur stille, Kind! Kinderlein, stille!
Und laßt ihr sie trinken wie’s jeder behagt,
Dann sind sie euch hold die Unholden.
Gesagt so geschehn! und da naht sich der Graus
Und siehet so grau und so schattenhaft aus,
Das Bier ist verschwunden, die Krüge sind leer;
Nun saus’t es und braus’t es, das wüthige Heer,
In’s weite Gethal und Gebirge.
Die Kinderlein ängstlich gen Hause so schnell,
Ihr Püppchen, nur seyd mir nicht traurig. –
Wir kriegen nun Schelten und Streich’ bis auf’s Blut.
Nein keineswegs, alles geht herrlich und gut,
Nur schweiget und horchet wie Mäuslein.
Er ist es, der gern mit den Kindelein spielt,
Der alte Getreue, der Eckart.
Vom Wundermann hat man euch immer erzählt,
Nur hat die Bestätigung jedem gefehlt,
Sie kommen nach Hause, sie setzen den Krug
Ein jedes den Aeltern bescheiden genug
Und harren der Schläg’ und der Schelten.
Doch siehe man kostet: ein herrliches Bier!
Und noch nimmt der Krug nicht ein Ende.
Das Wunder es dauert zum morgenden Tag.
Doch fraget wer immer zu fragen vermag:
Wie ist’s mit den Krügen ergangen?
Sie stammeln und stottern und schwatzen zuletzt
Und gleich sind vertrocknet die Krüge.
Und wenn euch, ihr Kinder, mit treuem Gesicht
Ein Vater, ein Lehrer, ein Alderman spricht,
Und liegt auch das Zünglein in peinlicher Hut,
Verplaudern ist schädlich, verschweigen ist gut;
Dann füllt sich das Bier in den Krügen.