Textdaten
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Autor: Stanislaus von Jezewski
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Titel: Der Zucker
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aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 462–464
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Der Zucker.

Eine kulturgeschichtliche Skizze.

Wir sind mit Süßigkeiten von Kindheit auf so verwöhnt, daß wir den Zucker als etwas Selbstverständliches betrachten und uns die Welt ohne ihn nicht denken können; denn selbst in den alten Märchen, die von Kinderfreunden für das neunzehnte Jahrhundert zugestutzt worden sind, spielt das Zuckerwerk keine unbedeutende Rolle. Erst wenn wir älter werden und uns mit der Kulturgeschichte der Menschheit befassen, da erfahren wir, daß der Zucker gar nicht so alt ist, daß unzählige Menschengeschlechter groß geworden und dahingestorben sind, ohne jemals ein Stück Zucker gekostet oder auch nur gesehen zu haben, daß unseren Altvordern nicht einmal der Name bekannt war.

Ja, die Helden des Nibelungenliedes haben kein Stück Zucker gekostet; der „zuckersüße“ Hans ist ein Kind einer späteren Zeit; erst die deutschen Dichter des zwölften Jahrhunderts wissen von den süßen Eigenschaften des Zuckers zu singen.

Allerdings kannten auch die alten und ältesten Deutschen süße Speisen; nur würzten sie dieselben nicht mit Zucker, sondern mit Honig. Und in derselben Weise verfuhren die alten Griechen und Römer. Bei den klassischen Dichtern und Schriftstellern des Alterthums wird man vergeblich nach dem Worte Saccharum oder Sakcharon suchen. Das süße Backwerk, welches die kunstfertigen Bäcker Roms bereiteten, war mit Honig versüßt, und noch um das Jahr 1000 bezog Nürnberg seine Süßigkeiten aus den Bienenstöcken der benachbarten Wälder, welche der „Reichsbienengarten“ genannt wurden.

Allmählich kam indessen die Kunde von zuckerspendenden Pflanzen nach Europa und viel später folgte der Zucker selbst. Den Kulturvölkern am Mittelmeer wurde im vierten Jahrhundert v. Chr. durch den indischen Feldzug Alexanders des Großen eine neue Welt eröffnet, und die Feldherren dieses Königs berichteten, [463] „daß in Indien ein Schilf Honig hervorbringen soll, ohne Beihilfe von Bienen“ Das ist die erste Kunde, die Europa vom Zuckerrohr erhalten hat. Den Zucker selbst lernten die Begleiter Alexanders nicht kennen, weil zu jener Zeit seine Zubereitung in Indien selbst noch unbekannt war. Die neuere Geschichtsforschung hat erwiesen, daß die Indier erst in der Zeit von 300 bis 600 n. Chr. festen Zucker aus dem Safte des Rohres gewinnen lernten.

So ist das Geburtsjahr des Zuckers im Vergleich zu dem der anderen Nahrungs- und Genußmittel der Menschen ein verhältnißmäßig spätes. Und wie wußte dennoch dieser „Indier“ die Welt zu erobern!

Von Indien kam der erste Rohzucker, eine feste, aber noch unreine Masse, nach Persien; hier machte er einen Läuterungsprozeß durch, denn die Perser lernten ihn, wenn auch in unzulänglicher Weise, raffinieren. Sie gaben ihn den Arabern, und als diese erobernd in der Welt vordrangen, folgte der Zucker ihren Spuren und kam nach Europa. Wo die Araber sich niederließen und wo der Boden es nur einigermaßen erlaubte, da pflanzten sie auch jenes Schilf, welches „Honig ohne Beihilfe der Bienen“ erzeugte, und so grünten nach und nach in den Küstenländern Nordafrikas, in Südspanien und auf der Insel Sicilien Zuckerrohrfelder. Als die Normannen die Araber von Sicilien vertrieben, da wurden sie die ersten germanischen Zuckerpflanzer, und wenn Karl der Große bemüht war, die Bienen zu schützen, so erließen die Hohenstaufen Verordnungen, um die Zuckerrohrpflanzungen auf Sicilien in Blüthe zu erhalten.

In Europa war aber um jene Zeit der Zucker noch selten. Er war theuer, kostete mindestens achtmal soviel wie heute und konnte darum nur von wohlhabenden Leuten gekauft werden. Er war damals nicht allein ein Leckerbissen. Die Araber schrieben ihm heilende Eigenschaften zu, und so war er auch in Europa, das damals unter dem Einfluß der arabischen Medizin stand, als Heilmittel hochgeschätzt. Er sollte gut sein gegen Magen- und Nierenleiden, sollte das Fieber vertreiben und die Schwäche der Augen heilen. Namentlich als „Zuckerrosat“, in Verbindung mit Rosenwasser, wurde er viel verordnet.

Sehr viel zur Verbreitung des Zuckers in Europa haben die Kreuzzüge beigetragen; den die Christen lernten in Syrien, auf Cypern und in Aegypten die Zuckerrohrpflanzungen ausbeuten. Seine größten Triumphe sollte aber das Zuckerrohr erst in der Neuen Welt feiern. Im Jahre 1893 werden vierhundert Jahre verflossen sein, seit Christoph Kolumbus auf seiner zweiten Reise die ersten Zuckerrohrpflanzen über den Atlantischen Ocean brachte und sie in den Boden von Hayti setzte, und wie einst das Zuckerrohr den Spuren der Araber gefolgt war, so war es jetzt der treueste Begleiter der Spanier. Es verbreitete sich auf den Antillen und wurde nach Mexiko verpflanzt; der Eroberer von Mexiko, Ferdinand Cortez, ordnete bereits in seinem Testament an, daß auf seinen mexikanischen Gütern eine Zuckerfabrik errichtet werde. Peru wurde im Jahre 1532 unterworfen und schon im Jahre 1533 sah daselbst Pedro Cieza wohlbewässerte Zuckerrohrfelder, an denen man Zuckermühlen errichtete. Der Kolonialzucker kam nun in so großen Mengen nach Europa, daß die Pflanzungen am Mittelländischen Meere sich nicht mehr lohnten und in Verfall geriethen.

Der Rohrzucker wurde zum König der Süßigkeiten. Um jene Zeit bildete sich in den Kolonien ein Verfahren der Zuckerfabrikation, das bis auf die Neuzeit üblich blieb. – Das Zuckerrohrfeld ist der Reife nahe; die einzelnen Halme sind hoch emporgeschossen, sie haben die Höhe von zwei bis vier Metern erreicht; die oben hellgrünen Blätter beginnen sich unten zu verfärben, sie und der Stengel leuchten je nach der Abart des Rohres in verschiedenen bald purpurnen, bald violetten, bald gelben Farben. Das Feld gewährt einen prachtvollen Anblick. Es ist „reif“, aber nur für den Menschen zur Ernte reif, in Wirklichkeit haben sich die rispenartigen Blüthen noch nicht geöffnet. Um diese Zeit enthält der Saft des Rohres den meisten Zttcker und darum wird zur Ernte geschritten. Truppweise erscheinen die Arbeiter, sie streifen erst die Blätter von den Stengeln, schwingen hierauf ihre großen Waldmesser und hauen die Rohre an der Wurzel ab; andere beschneiden die unreifen Spitzen, zerkleinern die Rohre in kürzere Stücke und schaffen sie nach der Zuckermühle.

Hier kommt das Rohr in Maschinen, die von Thieren, vom Wasser oder vom Winde getrieben werden, wird zwischen mächtigen Walzen ausgepreßt und kommt saftlos wieder zum Vorschein. Dieses ausgequetschte Rohr ist nicht werthlos, es heißt „Bagasse“ und wird als Feuerungsmaterial bei der Zuckerfabrikation verwendet. Der ausgepreßte Saft fließt an den Walzen herab und sammelt sich in einem großen Bottich. Je nach der Art des Rohres und nach dem Ausfall der Ernte enthält er mehr oder weniger Zucker, in der Regel achtzehn bis zwanzig Prozent. Diese süße Flüssigkeit darf nicht lange stehen bleiben; wie in unserem Moste schwebt in ihr eine Menge Pilzkeime, und in der warmen Luft der Tropen entwickeln sich die Pilzchen rasch; dann gährt der Saft und die Gährung geht auf Kosten des Zuckers vor sich, der durch die Pilze zersetzt wird. Also rasch ans Werk! Wir wollen Zucker sieden!

In der Zuckersiederei, die wir unseren Lesern vorführen, giebt es fünf Kochpfannen oder Kessel, in welche der Reihe nach der Saft des Zuckerrohres gethan wird. Der erste heißt „großer Kessel“; in ihn wird der Rohsaft aus dem Bottich geschöpft und dann mit Kalk gekocht; bald beginnt die Flüssigkeit zu schäumen und der Arbeiter schöpft fleißig den Schaum ab; so kocht der Rohsaft etwa eine Stunde, worauf er in den zweiten, den „Reinigungskessel“ gebracht wird. Hier wiederholt sich dasselbe Verfahren, der Rohsaft wird klar, und nun kommt er in den dritten, den „Laugenkessel“; in diesen gießt man während des Kochens Kalkmilch hinein, solange sich Trübung zeigt. Jetzt ist der Saft von den gröbsten Verunreinigungen, Pflanzensäuren und Salzen, befreit und kommt in den vierten Kessel, welcher den Namen „Sirup“ führt, weil in ihm der Saft bis zur Sirupdicke eingekocht wird. Von hier wandert die dicke Flüssigkeit in den fünften Kessel, in die „Batterie“, in welcher sie solange gekocht wird, bis sie Faden zieht oder auf der Oberfläche kleine Zuckerkrystalle hervorzuschießen beginnen.

Nun wird die Masse rasch in einen Kühlkessel gebracht, in dem sie sich in kurzer Zeit mit Krystallen bedeckt. Solange sie noch flüssig ist, wird sie in Formen, die mit Löchern versehen sind, gegossen; in diesen krystallisiert der Zucker aus, das überschüssige Wasser aber, ferner die im Safte noch vorhandenen Salze und ein Theil des Zuckers, der nicht auskrystallisieren konnte, fließen als Melasse ab.

Die Ware, die wir auf diese Weise erhalten haben, ist Rohzucker und heißt „Muscowedo“; ist sie durch besondere Verfahren noch besser gereinigt, so nennt man sie „Kassonade“. Der Rohzucker wird nun nach den Verbrauchsländern geschickt, und hier bereitet man aus ihm durch Raffinade unseren bekannten weißen Hutzucker.

Heute verwendet man allerdings in den meisten Zuckermühlen viel vollkommenere Maschinen, das Wesen des Zuckersiedens aber ist dasselbe geblieben, und wir haben das Beispiel aus alter Zeit gewählt, da dasselbe auch ohne Maschinenabbildungen dem Leser verständlich sein dürfte.

Die Kolonien versorgten das Mutterland Europa mit Rohzucker; in verschiedenen Städten, namentlich in Amsterdam, Hamburg und Dresden, entstanden Raffinerien, und der Zucker wurde mehr und mehr aus einem Heilmittel und Luxusartikel zum Gegenstand täglichen Verbrauches, denn es erwuchsen ihm in Europa drei mächtige Bundesgenossen. Mit ihrer Hilfe siegte er, obwohl ihm im 17. Jahrhundert gelehrte Feinde entgegentraten, welche bemerkten, daß der Zucker Gährungen und Zersetzungen begünstige, und darum erklärten: „Zucker ist kein Nährstoff, sondern ein Gift, und nichts Besseres könnte man thun, als ihn nach Indien zurückschicken, wodurch allein die Lungenschwindsucht, die sein unmäßiger Genuß uns gebracht hat, unterdrückt werden könnte.“

Die drei Bundesgenossen des Zuckers waren der Kakao, der Thee und der Kaffee, die im Anfang des 17. Jahrhunderts nach Europa gebracht wurden und in wenigen Jahrzehnten die größte Verbreitung fanden. Die Einbürgerung dieser drei Genußmittel in Europa erhöhte den Zuckerbedarf derart, daß sein Verbrauch sich schließlich auf viele Millionen Centner belief.

Unser altes Versüßungsmittel, der Honig, nahm jetzt einen untergeordneten Rang ein, an seiner Stelle beherrschte der Rohrzucker die Welt. Aber es sollte ihm ein Nebenbuhler erwachsen. Die Wissenschaft schritt vorwärts. Man suchte das „süße Prinzip“ zu ergründen, man stellte Versuche an und fand, daß der Rohrzucker nicht ausschließlich im Zuckerrohr vorkommt, daß es noch viele andere Pflanzen giebt, welche ihn enthalten. Im Jahre 1747 trocknete der Berliner Chemiker Marggraf verschiedene Pflanzen, goß sie mit starkem Spiritus auf, kochte die Mischung, filtrierte sie, und als er sie erkalten ließ, da fand er, daß aus einigen der Lösungen sich Zucker krystallisierte. Namentlich war dies bei der [464] Rübe der Fall. Dieser Laboratoriumversuch war der Ausgangspunkt einer neuen Industrie. Ein Schüler Marggrafs, Professor Achard, begann im Jahre 1786 zuckerreiche Rüben zu bauen und gründete 1796 die erste Rübenzuckersiederei, die allerdings noch von bescheidenem Umfang war; aber schon im Jahre 1800 wurden 16 Centner Rübenzucker in Berlin raffiniert, die Friedrich Wilhelm III. derart befriedigten, daß er Achard die goldene Medaille zur Belohnung des Kunstfleißes zukommen ließ.[1]

Allerdings hatte der Rübenzucker im Anfang einen schweren Stand gegenüber dem Rohrzucker. Das süße Prinzip ist in beiden das gleiche, aber in der Fabrikation hafteten noch beiden unreine Bestandteile an; während nun der Rohrzucker, wenn er nicht sehr sorgfältig gereinigt wird, einen aromatischen Beigeschmack hat, schmeckt der nicht genügend raffinierte Rübenzucker widerlich. Doch in jahrzehntelangem Mühen und Arbeiten wurde die Rübenzuckerindustrie derart vervollkommnet, daß endlich der beste Rübenzucker dem besten Rohrzucker durchaus gleich war. Ja, die Methoden der Rübenzuckerindustrie erreichten eine so hohe Stufe der Vollendung, daß nunmehr die kolonialen Zuckersieder bei den europäischen in die Lehre gingen.

Deutschland, das Heimathland der Rübenzuckerindustrie, ist noch heute die hervorragendste Stätte derselben. Man berechnet, daß die Gesammterzeugung an Zucker auf der Erde etwa 50 Millionen Meter-Centner beträgt, und fast die Hälfte davon entfällt auf den Rübenzucker. Dank den Arbeiten Marggrafs und Achards ist der Zucker bedeutend billiger geworden, und er wäre noch billiger, wenn man ihn nicht so hoch besteuerte.

Der Mensch hat aber den süßen Stoff nicht bloß im Zuckerrohr und in der Rübe, sondern auch in anderen Pflanzen ausfindig gemacht. Als Cortez Mexiko eroberte, da fand er, daß die alten Mexikaner aus dem Safte des grünen Maises Rohzucker zu sieden verstanden, und noch heute wird in Amerika Maiszucker bereitet. Andere ackerbautreibende Völker gewinnen ihn aus der Zuckerpalme und der Zuckerhirse. Die Chemie lernte die verschiedenen Zuckerarten, die im Pflanzen- und Thierreich verbreitet sind, unterscheiden, und neben dem Rohrzucker werden heute auch Milchzucker und Traubenzucker bereitet, die, wie der letztere, namentlich für technische Zwecke, Weinbereitung u. dergl. Verwendung finden.

Im Laufe der Zeit hat der Zucker im Welthandel dieselbe Bedeutung erlangt wie die Genußmittel Tabak, Kaffee und Thee. Für den Kolonialzucker, der von den Antillen, namentlich von Cuba, ferner aus Brasilien, Java und Louisiana eingeführt wird, bildet London den Hauptstapelplatz. Der Hauptmarkt für den deutschen Rübenzucker ist Magdeburg, da in der Nähe dieser Stadt sich die großen Zuckerfabriken der Magdeburger Börde befinden.

Leider ist das Zuckergeschäft nicht immer ruhig und wird nicht ausschließlich durch Herstellung und Verbrauch bestimmt. Da der Zucker zum Leben nicht unbedingt nöthig ist, so fanden die Regierungen in ihm ein willkommenes Steuerobjekt. Anfangs wurde der Kolonialzucker bei der Einfuhr verzollt; als nun die Rübenzuckerfabrikation in Europa in Aufschwung kam, wurde auch der innere Zucker besteuert, aber die Steuer galt nur als Verbrauchssteuer, weshalb den Fabrikanten, welche Zucker ausführten, Rückvergütung der Steuer gewährt wurde. So entstanden die „Zuckerprämien“, die sich oft höher stellten als die wirklich bezahlte Steuer, und dieses System führte wiederholt zu Spekulationen, die sich selbst auf die Zuckererzeugung erstreckten. Es wurde mehr hervorgebracht, als man brauchte, und so traten Zuckerkrisen ein, von denen die im Jahre 1884 für Deutschland die bedeutsamste war.

Und welchen Nutzen hatte nun die Menschheit von diesem neuen Süßmittel? Wie haben sich im Laufe der Zeit die Ansichten der Aerzte über den Zucker gestaltet? Ist er ein Heilmittel oder ein „Gift“; ist er ein werthloses Genußmittel, das nur den Gaumen reizt, oder hat er nährende Eigenschaften?

Der Zucker ist sicher ein Nahrungsmittel; er verbrennt in unserem Körper und erzeugt dadurch Wärme und Kraft. Das wissen die Gemsenjäger, die im Gebirge anstrengende Wege machen müssen. Sie pflegen Zucker und Speck mit sich zu führen. Sind sie ermüdet, so nehmen sie ein Stückchen Zucker in den Mund; die erschöpften Kräfte werden dadurch rasch für einige Zeit gehoben.

Der Zucker ist auch eine Würze; denn durch seinen süßen Geschmack regt er, mäßig genossen, die Speichelabsonderung an und befördert die Verdauung; man pflegt auch Zucker zu essen, wenn man den Magen mit fetten Speisen überladen hat.

Aber der Zucker ist kein Nahrungsmittel, das man in größeren Mengen verzehren kann, denn er erzeugt alsdann Säure im Magen und führt zur Erkrankung der Verdauungsorgane. Da die Zuckerreste im Munde Gährung einleiten, so ist er auch kein Freund der Zähne und wohl geeignet, namentlich bei ungenügender Zahnpflege, schädlich zu wirken.

Diese üblen Eigenschaften theilt er indessen mit vielen anderen sonst nützlichen Dingen; denn schließlich ist alles schädlich, wenn es im Uebermaß genossen wird.

Es hat gewiß einen eigenartigen Reiz, die Entwicklungsgeschichte des Zuckers und die Wandlungen der menschlichen Ansichten von seinem Werthe zu verfolgen. Wir haben den Gang dieser Entwicklung nur in großen Umrissen skizzieren können; wenn man aber tiefer auf den Gegenstand eingeht, wenn man Schritt für Schritt verfolgt, wie der indische „Sarkara“ den Arabern als „Sukkar“ bekannt wurde, wie von diesen die Europäer den „Zucker“ kennenlernten, so finden wir eine ganze Reihe höchst merkwürdiger Vorgänge, die uns tiefe Einblicke in die Kulturgeschichte der Menschheit gewähren. Erst vor kurzem hat Dr. E. O. Lippmann ein Werk, „Geschichte des Zuckers“, herausgegeben, in welchem alle Einzelheiten sorgfältig zusammengetragen sind. St. v. J.     



  1. Die Büsten Marggrafs und Achards sind am 8. Juni d. J. an dem Hause, in welchem diese Männer zu ihren Lebzeiten gewirkt haben, dem der preußischen Akademie der Wissenschaften gehörigen Gebäude Dorotheenstraße 10 zu Berlin, angebracht worden.