Der Zoologe von Berlin
[132] Der Zoologe von Berlin
Hört ihr Kinder, wie es jüngst ergangen
Einem Zoologen in Berlin!
Plötzlich führt ein Schutzmann ihn gefangen
Vor den Untersuchungsrichter hin.
Nimmt ihn hochnotpeinlich ins Gebet
Und empfiehlt ihm, schlankweg zu gestehen,
Daß beleidigt er die Majestät.
Dieser sprach: Herr Richter, ungeheuer
Denn daß eine Kuh ein Wiederkäuer,
Hat noch nirgends Ärgernis erregt.
Soweit ist die Wissenschaft gediehen,
Daß es längst in Kinderbüchern steht.
Dann beleidigen Sie die Majestät!
Vor der Majestät, das kann ich schwören,
Hegt’ ich stets den schuldigsten Respekt;
Ja, es freut mich oft sogar zu hören,
Denn dann wird die Majestät erst sehen,
Ob sie majestätisch nach Gebühr.
Deshalb ist ein Mops, das bleibt bestehen,
Zweifelsohne doch ein Säugetier.
Ich mich vorschriftsmäßig stets geduckt,
Auf Kommando oft das Maul gehalten
Und vor Anarchisten ausgespuckt.
Auch wo Spitzel horchen in Vereinen,
Aber deshalb kann ich von den Schweinen
Doch nicht sagen, daß es Menschen sind.
Viel Respekt hab’ ich vor dir, o Richter,
Unbegrenzten menschlichen Respekt;
In Berlin gewöhnlich unentdeckt.
Doch wenn hochzurufen ich mich sehne
Von dem Schwarzwald bis nach Kiautschau,
Bleibt deshalb gestreift nicht die Hyäne?
Also war das Wort des Zoologen,
Doch dann sprach der hohe Staatsanwalt;
Und nachdem man alles wohl erwogen,
Ward der Mann zu einem Jahr verknallt.
Hüte sich ein Jeder, wenn er jung;
Denn es schlummert in den meisten Tieren
Eine Majestätsbeleidigung.