Der Todesgang des armenischen Volkes/Dritter Teil/Zweites Kapitel

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2. Zwangsbekehrungen zum Islam.24)


Eine charakteristische Erscheinung, die sich zur Zeit der Masiakers Abdul Hamids von 1895/96 und während der cilicischen Massakers von 1909 in derselben Weise abgespielt hat, sind die Massenübertritte zum Islam, die selbstverständlich, auch wo sie dafür ausgegeben werden, nicht freiwillig erfolgt sind. Man begegnet vielfältig der Meinung, daß die Zwangskonversionen nicht als „Christenverfolgungen“ beurteilt werden können, weil sie ja politische Zwecke haben, in diesem Falle die Turkifizierung der nicht-türkischen Untertanen der Türkei. Man müßte aber ein schlechter Kenner der Kirchengeschichte sein, wenn man annehmen wollte, daß es je Christenverfolgungen gegeben hätte, die nicht politischen Zwecken dienten. Der Mißbrauch der Religion zu politischen Zwecken ist die Wurzel und das Wesen aller Religionsverfolgungen. Darum wird man auch diesem Falle nicht bestreiten können, daß die Zwangsbekehrungen zum Islam alle Merkmale einer Christenverfolgung tragen.

Unter welchen Umständen gingen die Zwangsbekehrungen vor sich?

Die einzige Möglichkeit, den Deportationen zu entgehen, war in vielen Fällen der Übertritt zum Islam. Da Deportation meist mit Massaker gleichbedeutend war und mindestens die Männer, sobald sie auf den Weg gebracht waren, in den sicheren Tod gingen, die jüngeren Frauen und die Mädchen von 10 Jahren aufwärts darauf rechnen mußten, in türkische Harems und kurdische Dörfer verschleppt zu werden, wo sie selbstverständlich zum Islam übertreten mußten, so lag die Versuchung sehr nahe, dem Tode und der Schande durch den übertritt zum Islam zu entgehen. Aus allen Wilajets liegen Nachrichten vor, daß die türkischen Behörden selbst diesen Ausweg anboten, und daß in der Regel alle Christen, die sich bereit erklärten, zum Islam überzutreten, von der Deportation und den Massakers verschont blieben. Es wurden aber auch Pressionen ausgeübt, um den Übertritt zum Islam herbeizuführen, sei es durch Aushungerung, sei es durch Bedrohung mit dem Tode. Um den Charakter der Zwangsbekehrung zu verschleiern, wurden vielfältig den Übergetretenen Schriftstücke vorgelegt, in denen sie durch ihre Unterschrift zu bezeugen hatten, daß ihr Übertritt freiwillig erfolgt sei. Nach dem Massaker von Adana im Jahre 1909 war durch den Druck der europäischen Mächte die Regierung gezwungen worden, die Rückkehr der islamisierten Christen anzuordnen und sogar die Zurückhaltung christlicher Kinder in muhammedanischen Häusern unter Strafe zu setzen. Daher hat man sich jetzt bemüht, den Zwangscharakter der Übertritte möglichst zu verschleiern und durch systematische Verheiratung christlicher Mädchen und Frauen an muhammedanische Männer, ja durch zwangweisen Austausch von Frauen zwischen Christen und Muhammedanern die Rückkehr zum christlichen Bekennntnis im voraus zu hintertreiben. Schändlicherweise wurden auch viele junge armenische Frauen, deren Männer in der türkischen Armee dienten, in deren Abwesenheit gezwungen, sich mit muhammedanischen Männern zu verheiraten. Die muhammedanische Vielweiberei gestattet es, derartige Maßregeln in großem Maßstabe zur Ausführung zu bringen. Die Männer, die zum Islam übertraten, wurden beschnitten und erhielten muhammedanische Namen.

Charakteristische Beispiele, von denen einige schon in unserem Bericht über die Tatsachen erwähnt wurden, mögen das eben Gesagte erläutern.

In Samsun, dem wichtigsten Küstenplatz des Schwarzen Meeres, hat der Mutessarif (Regierungspräsident) die vornehmsten Armenier der Stadt zum Essen eingeladen und sie aufgefordert, zum Islam überzutreten. An dem Tage, an dem der Deportationsbefehl erging, wurde in der Stadt Samsun zwischen den[WS 1] christlichen und muhammedanischen Stadtvierteln ein Kordon gezogen und durch einen Ausrufer bekannt gemacht, daß, wer den Islam annehme, dableiben könne. Diejenigen, die dazu bereit waren, konnten den Kordon passieren, die übrigen wurden deportiert.25)

In Mersiwan wurde während der Vorbereitung der Deportation bekannt gemacht, daß, wer den Islam annehme, der Deportation entgehen würde und friedlich zu Haus bleiben dürfe. Die Bureaus der Beamten, die die Gesuche protokollierten, waren dicht gefüllt mit Leuten, die zum Islam übertreten wollten. Sie taten es ihren Frauen und Kindern zuliebe, in der Empfindung, daß es nur eine Frage der Zeit sei, bis ihnen der Rücktritt ermöglicht werden würde.

In Zile versuchte man die Frauen und Kinder, nachdem man ihre Männer getötet, durch Hunger mürbe zu machen. Auf freiem Felde ließ man sie Tage lang ohne Nahrung. Als man bei der Aufforderung, zum Islam überzutreten, dem geschlossenen Widerstand aller Frauen begegnete, erstach man die Mütter mit dem Bajonett vor den Augen ihrer Kinder.

Deutsche Rote Kreuz-Schwestern berichten, daß in Gemerek 30 der hübschesten jungen Frauen und Mädchen gesammelt und vor die Wahl gestellt wurden: „Entweder ihr werdet Moslems oder ihr sterbt!“ Auf die Antwort: „Dann sterben wir“, wurde an den Wali in Siwas telegraphiert, der die Weisung gab, diese Mädchen und Frauen, deren viele in amerikanischen Schulen erzogen sind, an Moslems zu verteilen.

Derartige Beispiele liegen aus allen Wilajets vor. Des öfteren wurde der übertritt einzelner abgelehnt und verlangt, daß sich mindestens hundert gleichzeitig zum Übertritt melden müßten, wenn sie von der Deportation verschont bleiben wollten. Hie und da wurde der Übertritt zwar von den Behörden angenommen, aber die Verschickung erfolgte trotzdem.

Genauere Nachrichten liegen aus den Küstenstädten des Schwarzen Meeres vor.

Verwandte und Freunde von Armeniern der Provinz in Konstantinopel erhielten zur Zeit der Verschickungen aus Trapezunt, Samsun, Unjeh, Ordu, Amasia und anderen Städten Telegramme, die lauteten: „Hak dini kabul etdik. (Wir haben den wahren Glauben angenommen.“) Briefe und Postkarten kamen von der Post zurück mit der Aufforderung, als Adresse statt des früheren christlichen Namens den neuen muhammedanischen Namen zu schreiben. Aus Samsun kamen die folgenden einzelnen Adreßäußerungen:

Mihran Dawidjan heißt Da'ud Zia.
Agob Gjidschian heißt Osman Zureija.
Garabed Kilimedschian heißt Hodi Efendi.
Howsep Dawidjan heißt Zia Tutuoglu.
Aus Unjeh:
Tschakarian & Söhne heißen Schakir - Zadeh - Fehmi we Machdumlar.
Kazarjan heißt Abdul Medschid.

Ein gewisser Tschakirian von Ordu telegraphierte an seinen Bruder: „Ich habe den wahren Glauben angenommen; ich bitte dich, tue das Gleiche. Dein Bruder Mehemed.“ Ebenso telegraphierte er an seinen Sohn mit der Unterschrift Schakir-Zadeh.

Als der Kaufmann Harutjun Torikian, ein Protestant, aufgefordert wurde, Muhammedaner zu werden, antwortete er: „Jung habe ich geglaubt, soll ich nun, da ich alt bin, verleugnen? Für diese Stunde habe ich gelebt.“ Er wurde abgeführt und getötet. Gleich ihm haben Zehntausende Tod oder Verbannung dem Abfall vom Christentum vorgezogen.

Die Zahl der zwangsweise oder unter dem Druck der Behörden und der Notlage vollzogenen Übertritte wird sich erst nach dem Kriege näher berechnen lassen, wenn aus allen Gebieten der Türkei Informationen eingezogen werden können. Bis jetzt liegen Zahlenangaben nur aus den Küstenstädten des Wilajets Trapezunt vor. So wurden in der Stadt Trapezunt 200, in Kerasunt 160, in Ordu 200, im Samsun 150 Familien islamisiert. In Arabkir soll sich die ganze Bevölkerung durch Übertritt zum Islam der Deportation entzogen haben. Aus dem Wilajet Kharput liegen Nachrichten vor, daß dort die Zahl der Islamisierten besonders groß sein soll. Auch der amerikanische Konsul in Kharput nimmt an, daß alle noch dort verbliebenen Frauen und Kinder gezwungen werden würden, den Islam anzunehmen.

Als zwangsweise islamisiert haben die jungen Frauen, jungen Mädchen und Kinder zu gelten, welche in türkische Harems oder kurdische Dörfer entführt worden sind. Aus allen Berichten, die den Zustand der Karawanen beschreiben, die aus dem Norden nach dem Süden gelangt sind, geht hervor, daß, bis auf die Kinder unter zehn Jahren, alle jungen Mädchen unterwegs verschwunden, und auch die jüngeren Frauen der Mehrzahl nach geraubt worden sind. In den Städten, die passiert wurden, hat man, wie wiederholt berichtet wird, der muhammedanischen Bevölkerung Gelegenheit gegeben, sich die schönsten unter den Mädchen auszusuchen, ja sogar zuvor durch Ärzte auf ihre Tauglichkeit untersuchen zu lassen. Die Kinder wurden teils von den Gendarmen verkauft, teils von den Müttern weggegeben, um ihr Leben zu retten. Die Karawanen der Deportierten waren wandelnde Sklavenmärkte. Viele Frauen und Mädchen haben sich ihrer Schändung durch den Tod entzogen.

Einzelne heroische Fälle werden erzählt, daß Frauen in den Fluß sprangen oder sich das Leben nahmen, um nicht vergewaltigt zu werden oder den Islam annehmen zu müßen. Ein Armenier zündete eigenhändig sein Haus an und verbrannte sich mit seiner Familie, damit sie nicht geschändet oder konvertiert würden.

Einen Einblick in die Art, wie Frauen und Kinder dem Islam zugeführt werden, gibt der Bericht der armenischen Witwe aus Baiburt auf Seite 48–50. Sie begegnete einem Zuge von 50 bis 60 Wagen mit 30 türkischen Offizierswitwen, deren eine sich den Spaß machte, einen beliebigen Armenier mit dem Revolver zu erschießen. Jede dieser türkischen Frauen hatte 5 oder 6 armenische Mädchen von 10 Jahren oder darunter bei sich. Die armenische Witwe konnte ihre Tochter vor dem gleichen Schicksal nur dadurch bewahren, daß sie sich selbst bereit erklärte, mit derselben zum Islam überzutreten. Sie wurde in einen der Wagen aufgenommen, und sogleich änderte man ihre christlichen Namen in muhammedanische um und fing an, sie in den muhammedanischen Gebräuchen zu unterrichten.

Der Druck, der auf die christliche Bevölkerung ausgeübt wurde, um sie zu bewegen, den Islam anzunehmen, kam nirgends vonseiten der muhammedanischen Bevölkerung, ja nicht einmal von muhammedanischen Geistlichen, sondern ausschließlich vonseiten der Regierung. Ebenso sind es die Behörden, die den Versuch machten, die Übertritte zum Islam als freiwillige erscheinen zu lassen. Durch eine vertrauliche Verfügung der kaiserlich ottomanischen Regierung wurden die Lokalbehörden im Innern angewiesen, die Überreste des armenischen Volkes dazu zu bringen, daß sie einen Revers unterzeichnen, in dem um die besondere Gnade gebeten wird, „zur heiligen Religion des Islam überzutreten“. Alle sich Weigernden sollen abtransportiert werden.

Die Zahl der im Verlauf der Deportationen zum Islam konvertierten armenischen und syrischen Christen wird sich vor dem Ende des Krieges auch nicht annähernd feststellen lasten. Man wird sie als sehr bedeutend annehmen können, da alle geraubten Mädchen, Frauen und Kinder von den Türken ohne weiteres als Moslems behandelt werden.

In den Städten und Dörfern wurden nach Austreibung der Armenier die christlichen Kirchen in Moscheen verwandelt oder für andre Zwecke verwendet. In Termeh, zwischen Samsun und Unjeh, wurde nach der Verwandlung der Kirche in eine Moschee dem armenischen Priester zum Spott ein Turban umgewickelt. Alsdann mußte er Namas machen (das muhammedanische Gebet) und den muhammedanischen Gottesdienst halten.

In Erzerum wurde auch die katholische Kirche in eine Moschee verwandelt.

In Erzingjan machte man aus der armenisch-gregorianischen Kirche einen öffentlichen Abort. In Hüssni-Manzur wurde die Kirche geplündert und der Kelch in den Abort geworfen. Die Gendarmen zogen sich die Ornate der Priester an und celebrierten unter Blasphemien die Messe. Der Priester wurde ins Gefängnis geworfen und gefoltert.

In Angora wurde der Geburtstag des Sultans dadurch gefeiert, daß 100 (meist katholische) zwangsweise konvertierte Christenknaben beschnitten wurden.

Die vorstehenden Tatsachen werden für diejenigen, welche uns in der letzten Zeit die Toleranz des Islam nicht genug rühmen konnten, eine herbe Enttäuschung sein.


4. Nachträge.


1) Die letzte Phase der Verfolgungsgeschichte spielte sich im Kaukasus ab, als nach dem Frieden von Brest-Litowsk die russische Armee sich zurückzog und den Kaukasus der Invasion der türkischen Truppen preisgab. Über die Vorgänge im Kaukasus vgl. „Deutschland und Armenien 1914–1918“. Sammlung diplomatischer Aktenstücke, hersg. und eingel. von Dr. Johannes Lepsius. Der Tempelverlag in Potsdam 1919. Einl. S. XLV und die Aktenstücke d. Js. 1918, S. 365 ff.

2) Über Nazareth Tschauch und die Entstehung der Unruhen in Zeitun vgl. Lepsius, Dtschl. und Arm. S. IX ff. und die Berichte von Konsul Roeßler, Aleppo, Aktenstücke Nr. 11 und 25.

3) Die Gesamtzahl der Deserteure, die, aus Christen und Muhammedanern bestehend, schon vor dem Kriege seit 1913 sich in die Berge geflüchtet hatten, betrug zu der Zeit nach Mitteilung von Herrn Konsul Roeßler etwa 150. Der Verlust der Toten und Verwundeten bei dem Angriff auf das Kloster wird von ihm auf „eine Anzahl Toter und Verwundeter“ angegeben.

4) Die Zahl von 20 000 Seelen umfaßt auch die Dörfer in der Umgegend von Zeitun.

5) Über die Vorgänge in Dörtjol sind nähere Berichte in dem deutschen Konsularbericht aus Adana vom 13. März 1915 gegeben. Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 19.

6) Über die Vorgänge in Urfa siehe die Berichte des deutschen Konsuls Herrn Roeßler von Aleppo, Lepsius, Dtschl. und. Arm. Nr. 193, 202 und 226 Anl. 1. Am 19. und 20. August fanden Massakers statt, bei denen etwa 200 Armenier getötet wurden. Am 29. September setzten sich die Armenier, um der drohenden Deportation zu entgehen, in Verteidigungszustand in ihrem Stadtviertel. Vom 4. bis zum 15. Oktober währte die Belagerung des Viertels durch türkische Truppen, wobei diese 50 Tote und 120 bis 130 Verwundete hatten. Die männliche armenische Bevölkerung der Stadt wurde, nachdem der Widerstand gebrochen war, zum größten Teil getötet, die Frauen und Kinder deportiert. Die Stadt zählte vor der Deportation etwa 20 000 Armenier.

7) Dazu schrieb Prediger J. Spörri, Leiter der Station Wan des deutschen Hilfsbundes für Christliches Liebeswerk im Orient, am 7. 10. 1916 aus Zürich an den Verfassen

„Als am 20. 4. 15 die Feindseligkeiten vor meinen Augen ausgebrochen waren und in schauerlicher Weise auf uns geschossen wurde, war ich gedrungen, an den Wali zu schreiben. Ich erzählte den Anfang der Feindseligkeiten, teilte mit, daß wir dem Kugelregen ausgesetzt seien, ersuchte, da ich annehmen mußte, daß solches unmöglich nach dem Wollen des Walis sein könne, um weitere Vermeidung solcher Handlungen und bat, die Streitigkeiten friedlich zu ordnen. Mit meinem Schreiben ging ich zu Dr. Usher (es war das ein gefährlicher Weg, da unaufhörlich geschossen wurde), las ihm den Inhalt vor und veranlaßte ihn, von seiner Seite ein Gleiches zu tun. Der Brief vom 23. 4. von Djevdet Bey war die Antwort auf unser Schreiben. Übrigens hatte ich die Verteidiger gebeten, sie möchten sich von der Front unserer Station zurückziehen, da sie das Feuer auf uns zögen. Ich hatte die Genugtuung, daß mein Wunsch erfüllt wurde. Freilich war auch so von einem Aufhören des Feuers gegen uns nicht die Rede.“

8) Auch der Wali Rachmi Bei wurde schließlich, wenn auch erst ein Jahr nach der allgemeinen Deportation, durch den Befehl der Regierung von Konstantinopel gezwungen, den Befehl zur Deportation zu geben. Lediglich dem Einschreiten des Oberbefehlshabers General Liman von Sanders, der mit militärischem Widerstand drohte, ist es zu danken, daß die Deportation der Armenier von Smyrna nicht zur Ausführung kam. Vgl. Lepsius, Dtschl. und Arm. S. LIX und die Aktenstücke Nr. 306, 307, 308.


9) Vgl. den fesselnden Bericht über die Flucht der Armenier von Suedije von Pastor Digran Andreasjan, der im Anhang von Lepsius, Dtschl. und Arm. abgedruckt, auch im Tempelverlag in Potsdam separat erschienen ist, „Suedije, eine Episode aus den Armenierverfolgungen des Jahres 1915.“ M. 0,50.

10) Durch Gesetz vom 1. August 1916 wurde ein Jahr darauf die alte Kirchenverfassung der gregorianischen Kirche zerstört und das Patriarchat von Konstantinopel in das Kloster Mar Jakub in Jerusalem verlegt. Erst nach dem Sturz der jungtürkischen Regierung und dem Zusammenbruch der Türkei wurde das Gesetz wieder aufgehoben.

11) Nach dem Zusammenbruch der Türkei ist das ursprüngliche Programm der Daschnagzagan natürlich gegenstandslos geworden. Auf den Glücksfall, daß die beiden Feinde der Armenier, die Türkei und Russland, gleichzeitig zusammenbrechen würden, so daß für ein völlig unabhängiges Groß-Armenien Raum wurde, konnte kein politisches Programm im voraus rechnen.

12) Wartkes wurde zusammen mit Sohrab auf dem Wege von Urfa nach Diarbekir durch die begleitenden Gendarmen auf Befehl der Regierung ermordet. Lepsius, Dtschl. und Arm. S. 109.

13) Die Polizei in Konstantinopel hat nachträglich zwei Bilderbücher mit Haufen von Gewehren, Bomben, Fahnen und dergl. veröffentlicht, die nur Unkundige über den Wert solcher Machwerke täuschen können. Eine Charakteristik dieser Publikation hat die Deutsch-Armenische Gesellschaft veröffentlicht.

14) Vgl. den Bericht des deutschen Botschafters Freiherrn von Wangenheim in Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 38. „Die Behauptung, es lägen Beweise vor, daß für den Tag des Thronbesteigungsfestes ein Putsch beabsichtigt gewesen sei, erklärte Talaat Bey für unzutreffend.“ Die Pforte selbst erklärte offiziell die Verschickung der Konstantinopler Intellektuellen nur für eine Vorbeugungsmaßregel.

15) Die letzte türkische Lesung lautete, daß alle 180 000 Muselmanen von den Armeniern massakriert worden seien. Vgl. Lepsius, Dtschl. und Arm. S. LXXIII f.

16) Vgl. dazu die Berichte des deutschen Konsuls Herrn Anders in Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 5, 6 und 10.

17) Das später erschienene Communiqué der türkischen Regierung über die Vorgänge in Urfa wird von dem deutschen Konsul Herrn Roeßler in Aleppo in seinem Bericht vom 16. November 1915 einer Kritik unterzogen. Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 202.

18) Vgl. Lepsius, Dtschl. und Arm. Einl Kap. V, 5: Die offizielle Motivierung. S. LXVI ff.

19) Vgl. die Urteile der deutschen Botschafter und Konsuln ebenda S. LXXVI ff.

20) Vgl. das Urteil des deutschen Botschafters Graf Wolff-Metternich in Lepsius, Dtschl. und. Arm. Nr. 287.

21) Vgl. die Urteile deutscher Konsuln in Lepsius, Dtschl. und Arm. S. LXXVI ff.

22) Wäre die Türkei siegreich aus dem Krieg hervorgegangen, so wäre allerdings nicht daran zu denken gewesen, daß der Raub des gesamten Nationalgutes des armenischen Volkes wieder rückgängig gemacht worden wäre. Auch jetzt wird es schwer sein, auch nur einen beträchtlichen Teil der beweglichen Habe den Dieben und Räubern, die daß Gut schon längst verschleudert haben werden, zu entreißen.

23) Vgl. den Bericht über die Verhandlungen im türkischen Senat vom Oktober und November 1915 in Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 223.

24) Vgl. zu diesem Kapitel den Abschnitt: Zwangsbekehrungen zum Islam, in der Einleitung von Lepsius, Dtschl. und Arm. und ebenda die Konsularberichte laut Sachregister unter Zwangsbekehrungen.

25) Vgl. den Bericht des deutschen Vizekonsuls Herrn Kuckhoff vom 4. Juli 1915 aus Samsun, Lepsius, Dtschl. und Arm. Nr. 116 Anlage.

26) Nur unter den syrischen Nestorianern gab es eine kleine hochkirchliche Mission, die am Sitz des nestorianischen Patriarchen in Kodschannes bei Djulamerg im oberen Zabtal und in Urmia auf persischem Gebiet eine Vertretung hatte und eine Art Nuntiatur des Erzbischofs von Canterbury bei dem nestorianischen Patriarchat bildete. Diese hochkirchlichen Herren haben niemals mit Armenien oder der armenischen Frage zu tun gehabt und sich ausschließlich auf die syrischen Nestorianer beschränkt.

27) Dies war Anfang 1916 geschrieben. Nach der Vernichtung ihres Volkstums in der Türkei würden es jetzt natürlich alle noch Überlebenden Armenier ablehnen, unter türkische Herrschaft zurückzukehren.

28) Vielleicht wird Herr Bratter nach der Veröffentlichung der diplomatischen Aktenstücke über den Vernichtungskampf der Türken gegen die christlichen Armenier durch die Urteile der deutschen Botschafter und Konsuln jetzt eines Besseren belehrt werden.

29) Den genannten Städten ist noch Aleppo hinzuzufügen, wo dank der rastlosen Bemühungen des deutschen Konsuls wenigstens die ortsansässige Bevölkerung von der Deportation verschont blieb. Die Armenier von Bagdad waren zunächst nach Mossul deportiert worden und sollten von dort weitergeschafft werden. Der Einspruch des Feldmarschalls Freiherrn von der Goltz, der den Weitertransport untersagte, wurde von der Regierung in Konstantinopel erst respektiert, als der Feldmarschall wegen dieser Sache telegraphisch um seine sofortige Abberufung bat. S. Lepsius, Dtschl. und Arm. Einl. S. LIX und Aktenstück Nr. 224.


30) Über den Gesamtverlust an Ermordeten und Verhungerten, der auf eine Million geschätzt wird, vgl. Lepsius Dtschl. und Arm. Einleitung V, 4, S. LXIII, das Kapitel: Opfer.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dem