Der Teufel in der Nicolaikirche in Stralsund

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Der Teufel in der Nicolaikirche in Stralsund
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 150–152
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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111. Der Teufel in der Nicolaikirche in Stralsund.

Im Jahre 1528 lebte zu Stralsund eine Magd, so vom bösen Geiste besessen war. Sie war bisher immer eine stille und ordentliche Person gewesen; auf einmal aber, da sie eines Tages in der Küchen Kessel und Grapen von der Wand nehmen wollte, selbige zu scheuern, warf sie die herab auf die Erde, sah sehr gräulich, und rief mit lauter Stimme: Ich will heraus! Man vermerkte darauf die Gelegenheit, daß sie vom Teufel besessen wäre. Ihre Mutter nahm sie derohalben zu sich, und sie wurde etliche Male auf einem Schlitten in die St. Nicolauskirche geführt, den bösen Geist von ihr auszutreiben. Wann die Predigt beendigt war, ward er beschworen. Da befand es sich denn aus seiner Bekenntniß, daß die Mutter der Magd einmal auf dem Markte einen frischen sauren Käse gekauft, den sie in den Schrank gesetzt hatte. Die Magd war in Abwesenheit ihrer Mutter an den Schrank gekommen, und hatte von dem Käse ein gut Theil gegessen. Als nun nachher die Mutter das gesehen, hat sie demjenigen, der bei dem Käse gewesen, den bösen Geist in den Leib [151] geflucht. Von Stund’ an hat dieser in der Magd hausgehalten.

Nun war es sonderbar, daß die Magd seither zum heiligen Abendmahl gegangen war. Als man den Teufel hierüber befragte, hat er zur Antwort gegeben: Es liege wohl manchmal ein Schalk unter der Brücke und lasse einen frommen Mann über sich hingehen; während die Magd das Abendmahl genossen, habe er ihr unter der Zungen gesessen.

Selbiger böser Geist konnte lange Zeit nicht aus der Magd herausgebannt werden. Denn obzwar er viel von dem Prediger beschworen wurde, auch männiglich in der Kirche auf die Kniee gefallen und fleißig und andächtig gebetet, so hat er doch mit dem Austreiben nichts als Spott und Kurzweil getrieben. So hat er oft gesagt: Ja, er wolle weichen, er müsse auch wohl räumen; aber er hat allerlei gefordert ihm zu erlauben, daß er es mitnehmen dürfe; wann ihm dann nun das Eine abgeschlagen wurde, so hatte er gleich das Andere bei der Hand. Es stand Einer in der Kirchen, der den Hut aufbehalten hatte; da forderte er von dem Prediger, daß er den Hut dem Menschen vom Kopfe nehmen und mit sich führen dürfe. Aber der Prediger trug mit Recht Sorge, wenn er ihm den Hut gestattet, so hätten mit dem Hute auch Haut und Haar davongehen müssen. Letztlich aber, als er vermerkte, daß seine Zeit verflossen, und unser Herr Gott das Gebet der Leute gnädiglich erhöret, forderte er spöttisch eine Scheibe aus dem Fenster über der Thurmuhr. Die wurde ihm verstattet, und nun sah man alsbald, wie mit einem großen Klange die Raute sich aus dem Fenster gelöset, und mit dem Teufel davon geflogen ist. Nach der Zeit hat man nichts Böses weiter bei der Magd verspüret, [152] welche auf einem Dorfe einen Mann bekommen, von dem sie viele Kinder gezeuget.

Gastrow Lebensbeschreibung, Th. I. S. 71-74.