Der Taler
[48] Der Taler
Blitzt der Taler im Sonnenschein,
Blitzt dem Kind in die Augen hinein,
Über die Wangen rollen die Tränen.
Mutter zieht gar ein ernst Gesicht:
Nach dem Taler sollst du dich sehnen.
Sieh, mein Herzblatt, auf Gottes Welt
Für uns Menschen gibt’s nichts ohne Geld,
Hätt’ ich dich, Herzblatt, auch nicht bekommen.
Und willst täglich gefüttert sein,
Hast es mir selbst aus der Tasche genommen.
Darfst nicht weinen, bist all mein Glück;
Gibst mir’s tausendfältig zurück.
Brennt sie dir gleich deine Guckaugen wund,
Nährt und behütet den Erdenrund,
Daß alle Kreaturen sie loben.
[49] Nach der Sonne in goldiger Pracht
Ohne das Geld muß man elend sterben.
Sonne ist Glück und Glück ist Geld;
Wem es nicht schon in die Wiege fällt,
Der muß es mühevoll sich erwerben.
Drin der Vögel Gezwitscher erschallt;
Wie das so lieblich ist anzuschauen.
Hast du kein Geld für das morgige Brot,
Dir sind all die Vögelein tot,
Geld ist Schönheit; mit recht viel Geld
Nimmst du den Mann, der dir wohlgefällt,
Keinen Häßlichen, keinen Alten.
Sieh, der Reichen Hände, wie weiß!
Haben keine Schwielen noch Falten.
Bei uns Armen ist Eins mal schön,
Aber nur im Vorübergehn;
Morgen schon ist zerrupft sein Gefieder.
Kommt es hinauf in die große Welt,
Steigt es nicht leicht mehr zu uns hernieder.
[50] Kind, hab acht auf wahren Gewinn:
Geld ist Freiheit, ist Edelsinn,
Alles kehrt sich zum goldenen Licht,
Warum sollen wir Menschen es nicht?
Dir, mein Kind, sei das Glück beschieden.