Der Streitacker
O Liebe, blinde Liebe! was hast du schon vollbracht!
Wie Viele schon auf Erden gestürtzt in Leidensnacht!
Warme und edle Herzen hast oft du dem Tode geweiht:
Ob in Palästen geboren, ob im Schoße der Dürftigkeit.
Da blühte einst ein Mädchen, die Schönst’ im ganzen Land;
Wer in der Gegend sie kannte, dem stets sie vor Augen blieb,
Zwölf rüstige Jünglinge warben zugleich um ihre Lieb!
Die Holde sprach mit Thränen: „Ihr seyd mir Alle werth,
Sucht euch in Frieden zu einen, und Welchem ihr dann mich bestimmt,
Er sey versichert, daß meine Hand dann gern die seine nimmt.“
Die Bursche waren Freunde, doch schwieg die Freundschaft hier,
Stets senkt sie ihre Waffen, wo Liebe schwingt’s Panier!
Und zur Besprechung setzten sie fest den nächsten Tag.
Ein Acker ward bezeichnet zu dem Versammlungsort;
Als dort die Zwölfe standen, da fiel manch scharfes Wort,
Von Worten kam’s dann zum Dräuen, vom Dräuen kam’s zum Streit,
Bald lagen Zehn am Boden im Blut, so jung, so roth,
Und bald umfing den Elften der Kämpfer auch der Tod,
Einer nur war noch übrig – als der auf die Leichen sah,
Da trat sein Schreckensschicksal ihm plötzlich grausig nah.
Welch gräßlich Werk vollendet im wilden Liebeswahn!“
Und in sein pochendes Herz senkt er sich den rauchenden Stahl
Und folget seinen Gegnern in’s finstere Todesthal.
Die Jungfrau hört die Kunde – sie weinte und verschwand
Aber der Acker wo einstens der Zwölfe Blut trank der Grund,
Streitacker wird er noch heute genannt vom Volkesmund.