Der Schauspieler (Alxinger)
An Brockmann.
Der Sohn der Schauspielkunst, ihr Liebling, ihre Zier,
Steht jetzt in seiner Größ’, ein reitzend Bild, vor mir.
Nie ward sein edles Herz den kleinen Pöbelssorgen
Ein Sitz: er fühlte sich in seiner Jahre Morgen;
(Denn ha! der Haufen meynt, es wäre nur ein Spaß,
Zu dringen bis ans Herz, zu reden durch Geberden)
Bestimmten seine Wahl, das, was er ist, zu werden.
Die Würde seines Stands kennt er, und fühlet sie,
Sich bücken als ein Sklav, in Vorgemächern warten,
Durchwachen eine Nacht bey Würfeln oder Karten,
Zum schnöden Tischrath sich herunter würdigen,
Und wenn ein Reicher kömmt, von seinem Töchterchen,
O so was kan er nicht, und wird es niemals lernen!
Dadurch, wodurch er soll, allein durch seine Kunst,
Und findet sie gewiß: denn o sein ganzes Leben
Daß ers, wenn ihn das Volk zu seinem Liebling macht,
Mit Kennern nicht verderb’, oft in der Mitternacht.
Er weiß, den Klugen könn’ ein Blendwerk niemals äffen,
Ein Ton nur sey Natur, und diesen müss’ er treffen:
(Wer kan es schnell und leicht?) die seltne Biegsamkeit,
Geschickt bald sanft zu flehn in süssen Liebestönen,
Bald edles Stolzes voll Tyrannen zu verhöhnen,
Heut seine Schmerzen leis’ an seiner Kinder Brust
Den grausen Stürmen gleich, die ganze Hayn’ entblättern,
Auf Unschuld, welche nackt die Hände ringt, zu wettern:
So wechselt seine Stimm’, und seiner Stimm’ entspricht
Sein ganzer Körper auch, sein magisches Gesicht
Bey ihm wird jedes Glied und jede Nerve handeln,
Allmächtig stürmet ihn die Phantasie dahin,
Natur, Natur allein, kein Spiegel lehret ihn:
Er präsentirt sich nicht, wie feiler Aerzte Puppen
Er weiß, der Mensch, den ganz die Leidenschaft besitzt,
Denkt nicht jetzt auf den Arm, und auf den Schenkel itzt,
Und er bequemt sich nicht nach eckeln Schulgesetzen
Zu schwingen so den Arm, und so den Fuß zu setzen.
Das, was der kleine Geist nur scheinen will, zu seyn.
So denkt, so handelt er, vollendet die Erfindung
Des Dichters durch sein Spiel voll Wahrheit, voll Empfindung;
Es wimmle das Parterr’, es sey der Hörer Zahl
Wenn an des Stückes End’ ein laut Heraus ihm tönet,
Der stille Kenner ihm geheime Thränen fröhnet,
Daß seine lange Bahn nun ausgelaufen sey;
Als unser Herz, er lernt, und lernet bis zum Grabe.
Doch, hat der Pöbel (den in goldenem Gewand
In Logen rechn’ ich mit) kurzsichtig ihn verkannt,
Sein edles Spiel beschnarcht, ein Midas es gerichtet,
Er, sollten Witzlinge sich ausser Odem schreyn,
Er schweigt, und hüllet sich in sein Bewußtseyn ein.
Groß ist er auf der Bühn’ und im gemeinen Leben,
Er hört geduldig zu, wenn Stutzer sich erheben,
Doch ihre Knabenhand rasch nach der Wage greift;
Wenn sie der Männer Werth in freche Schalen legen,
In jener Garricken, in der Eckhofen wägen.
Geduldig hört er zu, wenn Scheelsucht ihn verklagt,
Er läßt sie nicht einmal, wenn sie ihr Müthchen kühlen,
Die Ueberschwenglichkeit von seiner Grösse fühlen;
Und der selbst neben ihm noch auf der Bühne glänzt,
Und der der erste gern ihm Herz und Beyfall schenket.
O Brockmann! dieses Bild, wenn es gefällt und rührt,
So sey die Ehre dein, ich habe dich kopirt.
Wohl dir und deiner Kunst! denn Josephs Gnade schwebet
Vor Deutschlands Bühnen sich die Wienerbühn’ empor,
O bald, bald steht sie auch in größrer Schwestern Chor
So hehr, so göttlich da, als in dem Fürstenkreise
Ihr hoher Schützer steht; doch dies sey, Freund! nur leise
Kräht nicht laut in die Welt, wir werden thun: – er thut.