Der Ritter mit der goldenen Kette

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Der Ritter mit der goldenen Kette
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 180–181
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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144. Der Ritter mit der goldenen Kette.

Um das Jahr 1360 lebte auf der Insel Usedom in dem Schlosse zu Mellenthin ein Rittersmann, Namens Nienkrake, den die Leute aber jetzt Nienkerke oder Neukirchen nennen. Er trug immer eine große und schöne goldene Kette um den Hals, auf die er viel hielt, weshalb er auch mehrentheils nur der Ritter mit der goldenen Kette hieß. Dieser Ritter hatte große Liebe zu einer schönen Nonne im benachbarten Kloster Pudagla, und weil er dieser weder im Guten noch mit Gewalt habhaft werden konnte, so grub er zuletzt, da er ohne sie gar nicht leben zu können vermeinte, unter der Erde einen Gang von seiner Burg bis nach dem Kloster, eine ganze Meile lang. Durch diesen entführte er die Nonne und ehelichte sie. Er hatte das Alles so heimlich betrieben, daß kein Mensch wußte, wo die Nonne geblieben war. Ein Bauer aus Mellenthin verrieth ihn aber endlich, und nun kam der Bruder der Nonne mit großer Heeresmacht vor die Burg des Ritters mit der goldenen Kette, um ihm sein Gemahl wieder zu entreißen. Allein der Herzog von Stettin, dem die große Liebe des Ritters gefiel, stand ihm bei, und befreiete ihn von der Belagerung. Der Ritter hat darauf mit seiner schönen Nonne noch viele und vergnügte Tage verlebt. Nachdem sie gestorben waren, hat man ihre Leichname in der Kirche zu Mellenthin beigesetzt. Das Bildniß des Ritters ist auch noch in dieser Kirche zu sehen. Der Ritter ist übrigens mit seiner goldenen Kette begraben, von der er sich nicht hat trennen mögen, und die er auch nach seinem Tode nicht von sich lassen will. Vor einigen Jahren war einmal Einer, der Gelüste nach ihr trug, und der deshalb täglich an dem stark verlötheten Sarge feilte, um [181] ihn offen zu bekommen. Nachdem der Mann aber ein Schildchen abgefeilt hatte, erschien auf einmal in einer Nacht der Frau desselben der Ritter mit der goldenen Kette; er berührte mit den großen Federn auf seinem Helme ihr Gesicht, daß sie aufwachte, und sah sie zürnend und drohend an. Seitdem hat es Keiner mehr gewagt, nach der Kette zu streben.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.