Der Ring des Polykrates
des Polykrates.
Er stand auf seines Daches Zinnen,
Er schaute mit vergnügten Sinnen,
Auf das beherrschte Samos hin.
Dieß alles ist mir unterthänig,
Gestehe daß ich glücklich bin.
Du hast der Götter Gunst erfahren!
Die vormals deines Gleichen waren,
Sie zwingt jetzt deines Scepters Macht.
Dich kann mein Mund nicht glücklich sprechen,
So lang des Feindes Auge wacht.
Und eh der König noch geendet,
Da stellt sich, von Milet gesendet,
„Laß, Herr, des Opfers Düfte steigen,
Und mit des Lorbeers muntern Zweigen
Bekränze dir dein festlich Haar.
Getroffen sank dein Feind vom Speere,
Dein treuer Feldherr Polydor.“
Und nimmt aus einem schwarzen Becken
Noch blutig, zu der Beiden Schrecken,
Ein wohlbekanntes Haupt hervor.
„Doch warn’ ich dich, dem Glück zu trauen,
Versetzt er mit besorgtem Blick.
Bedenk, auf ungetreuen Wellen,
Wie leicht kann sie der Sturm zerschellen,
Und eh er noch das Wort gesprochen,
Hat ihn der Jubel unterbrochen,
Der von der Rhede jauchzend schallt.
Mit fremden Schätzen reich beladen,
Der Schiffe mastenreicher Wald.
Der königliche Gast erstaunet:
Dein Glück ist heute gut gelaunet,
Doch fürchte seinen Unbestand.
Bedräuen dich mit Kriegsgefahren,
Schon nahe sind sie diesem Strand.
Und eh ihm noch das Wort entfallen,
Da sieht mans von den Schiffen wallen,
Von Feindesnoth sind wir befreyet,
Die Sparter hat der Sturm zerstreuet,
Vorbey, geendet ist der Krieg.
Das hört der Gastfreund mit Entsetzen:
Doch, spricht er, zittr’ ich für dein Heil!
Mir grauet vor der Götter Neide,
Des Lebens ungemischte Freude
Ward keinem Irdischen zu Theil.“
Bey allen meinen Herrscherthaten
Begleitet mich des Himmels Huld,
Doch hatt ich einen theuren Erben,
Den nahm mir Gott, ich sah ihn sterben,
Drum, willst du dich vor Leid bewahren,
So flehe zu den Unsichtbaren,
Daß sie zum Glück den Schmerz verleyhn.
Noch keinen sah ich frölich enden,
Die Götter ihre Gaben streun.
Und wenns die Götter nicht gewähren,
So acht’ auf eines Freundes Lehren,
Und rufe selbst das Unglück her,
Dein Herz am höchsten mag ergetzen,
Das nimm und wirfs in dieses Meer.
Und jener spricht, von Furcht beweget:
„Von allem, was die Insel heget,
Ihn will ich den Erinnen weihen,
Ob sie mein Glück mir dann verzeihen“
Und wirft das Kleinod in die Flut.
Und bey des nächsten Morgens Lichte
Ein Fischer vor den Fürsten hin:
Herr, diesen Fisch hab ich gefangen,
Wie keiner noch ins Netz gegangen,
Dir zum Geschenke bring ich ihn.
Herbey der Koch erschrocken eilet,
Und ruft mit hoch erstauntem Blick:
„Sieh Herr, den Ring, den du getragen,
Ihn fand ich in des Fisches Magen,
Hier wendet sich der Gast mit Grausen:
„So kann ich hier nicht ferner hausen,
Mein Freund kannst du nicht weiter seyn,
Die Götter wollen dein Verderben,
Und sprachs und schiffte schnell sich ein.