Der Riesenstein
Wo lockend das edele Heidelberg liegt,
Sich gastlich am grünlichen Neckar hin schmiegt;
Da lagern viel stattliche Berge gethürmt,
Von brausenden Winden und Wettern umstürmt.
Nur’s Städtlein sich thalwärts zum Neckar ergoß.
Die milderen Lüfte, das üppige Grün,
Das Rauschen der Wasser, im Thale das Blühn,
Das hatte den Riesen gelockt und verführt,
Und als er zum erstenmal hält seine Rast,
Sieht’s Städtlein mit Graun den unheimlichen Gast;
Er steht auf der Kuppe des Berges dort,
Den Sohn auf dem Rücken an sicherem Ort.
Gar seltsame Pflanzen trug seine Hand;
Mit Nägeln gar scharf gräbt er ihnen ein Grab,
Und senket die Wurzeln der Reben hinab.
Es wandert der Alte oft einsam aus,
Der thut dann zum lustigen Zeitvertreib
Den Schiffern im Neckar viel arges Leid.
So oft sich ein Segel den Bergen naht,
Da sinnt schon der Erzschelm auf bösen Verrath;
Und schleudert ihn leicht in der Wasser Schooß.
Wenn hoch sich die Woge dann kräuselt und schäumt,
Empor gleich dem Rosse der Kahn sich bäumt;
Dann fühlet der Knabe die fröhlichste Lust,
Vergnüget sich so manch einsamen Tag,
Treibt’s Spielwerk den Schiffern zur Noth und Plag.
Er stauet mit Steinen den Neckar so voll,
Daß öfters aus seinen Ufern er quoll;
Als ob eine Brück’ er den Städtern schlug. –
Einst kehrt von der Wandrung der Alte nach Haus,
Er hatte bestanden den rühmlichsten Strauß.
Es jauchzt ihm das Herze, als hoch auf den Höhn,
„Ihr ziehet die Stirne stets finster und kraus,
Herr Vater, so oft Ihr nur wandert hinaus;
„Doch kehret Ihr wieder zur Heimath zurück,
Dann strahlet so freudenverklärt Euer Blick.
Aufwirbeln nur seh’ ich vom Städtlein den Dampf.
„Herr Vater versucht es und nehmet mich mit,
Zufrieden seyn sollt Ihr mit meinem Ritt!“ –
„Was kommt dir zu Sinnen, du winziger Daus?
„Herr Vater, so prüfet nur einmal die Kraft,
Die weichlich durch Müßiggang endlich erschlafft!“ –
„Und willst du denn opfern den Frieden zu Haus
Dem Kampf mit dem Zwergen, dem nächtlichen Graus:
Das selbst deinem Vater nicht dünket ein Spiel;
„Und lösest vielleicht du’s in Jahresfrist,
Dann mögest du wandern nach eignem Gelüst!“
Los reißt nun der Alte den riesigsten Stein
Er schleudert ihn hoch und es brauset die Luft,
Wild braust es das Echo durch Thäler und Kluft;
Erst jenseits des Neckar’s der Urgranit
Mit Donnergepolter herniederglitt.
Vor Freude sein ganzes Wesen erglüht;
Er reißt einen Felsblock sich lachend los,
Noch einmal so schwer, noch einmal so groß,
Und schleudert ihn hoch – daß die Gegend erbebt –
Als nun dieses Wunder der Vater erschaut,
Vor’m eignen Sohne dem Alten es graut.
Nachdem er noch einmal gemessen den Sohn,
Dreht stumm er den Rücken und schreitet davon.
Zieht jubelnd der Sohn in die weite Welt,
Wohin die beiden Riesen gewallt,
Die Kunde davon wohl nirgends erschallt.
Nur beide Felsen im kühlen Grund