Der Phönix und die Turteltaube
[151]
Laß den Vogel hellster Lieder, –
Der in Arabien haus’t allein –
Schwermuthsvollen Herold sein,
Folg’ ihm dann, ein keusch Gefieder!
Jedes Unglücksfalls und Leidens,
Er, der Bote nahen Scheidens,
Keinen Platz im Zuge find’ er!
Dem Vereine fern soll stehn
Nur des Adlers Königshaupt
Soll die Feier mitbegehn.
[152] Und der Schwan, als Priester, singe,
Weiß gekleidet, Trauerlieder
Und das Requiem erklinge.
Bleibe dreifach alte Krähe, –
Der ein schwarz Geschlecht erzielt
Athem, den sie giebt und stiehlt, –
Nun beginnt der Trauerchor:
Lieb’ und Treu’ ist ausgegangen,
Taub’ und Phönix, ach, sie schwangen
Sich in Flammengluth empor!
Doch die Liebe war nur eine,
Zwei Gestalten, – Trennung keine,
Es verschwand die Zahl in Liebe.
In den Herzen, nicht erkennen
Zwischen Taub’ und Phönix nur
Darf man das kein Wunder nennen!
So war ihre Liebe gleich,
Daß für Jedes alles Licht
[Jen]es war im Andern reich.
[153] Und das Eigenthum erblich,
Weil das Selbst sich nicht gehörte;
In des Andern Namen hörte
Der Verstand, in sich verwirrt,
Sah die Trennung sich vereinen,
Jedes nur das Andre scheinen,
In einander so verirrt,
"Daß sich Zwei in Eins hier banden!
"Lieb’ allein nur hat’s verstanden,
"So Getrenntes zu vereinen!“
Diese Trauermelodie
Taub’ und Phönix, die nun ferne,
Macht’ er drauf als Chor für sie:
Schönheit, Treue, Seltenheit,
Anmuth in Bescheidenheit,
Ist’s, was diese Asche beut.
Todt ist nun des Phönix Lust,
Sterben hat auch sie gemußt!
[154] Kinder thun ihr Lob nicht kund,
Doch nicht Schwäche war der Grund,
Nein, der Ehe Keuschheitsbund.
Schönheit prahlt, es ist nur Schein,
Treu’ und Schönheit im Verein
Ruhen hier! Hieher laßt gehn
Sie, die treu sind oder schön,