Der Pass von Pancorvo in Spanien
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Nicht die Breite und Tiefe des Stroms ist es, was den Ebro zum stärksten Bollwerk des spanischen Staats von jeher gemacht hat; sondern die eigenthümliche Terrainbildung seiner Ufer. Das Thal des Ebro stellt einen tiefen Einschnitt durch das Gebirge vor, der fast von einem Meere zum andern reicht. Ostwärts von diesem tiefen Stromthale sind öde, unfruchtbare und menschenleere Gebirge, nur an vier Punkten durch tiefe Querthäler durchschnitten, welche wegsam sind, und diese machen für eindringende Heere den einzigen praktikabeln Zugang zum innern Spanien aus. Da, wo diese fruchtbaren, leicht zu vertheidigenden Defileen auf das Ebrothal stoßen, werden sie durch starke Festungen vertheidigt; durch Tortosa im Süden, durch Saragossa und Tudela im Centrum und am obern Ebro durch Miranda.
Letzterer Ort beherrscht den Paß von Pancorvo, den Schlüssel zu den nördlichen Provinzen. Er ist der stärkste aller, und Wellington, der im Unabhängigkeitskampfe den Marschall Soult jeden Zoll breit Raum mit Strömen Bluts und Wunder der Tapferkeit abrang, nennt ihn die Thermopylen Spaniens.
Riesenhafteres hat die Felsennatur auf der Erde nicht, als dieser Paß in seinen vielen Windungen durch das senkrecht zerschnittene Gebirge zeigt. Tausend Fuß hoch und höher ragen die Felswände empor, und kein Baum, kein Strauch, keine Schlingpflanze verhüllt oder mildert ihr furchtbares Antlitz. Selbst der Boden, zu dem fast nie ein Sonnenstrahl dringt, ist vegetationslos. Dann und wann wird eine Seitenschlucht sichtbar; doch nur um das Furchtbare zu vermehren: denn sie sind die verrufenen Schlupfwinkel von Banditen und Guerillas, und jene Stellen nur zu häufig der Schauplatz, wo Mord und Raub ihrer Opfer lauern.