Der Meineid (Tucholsky)
Der Meineid
Wenn denn Jeorjen seine Fauste
in Lottchen ihre Augen sauste,
denn freute sich det janze Haus.
Indem daß alle einich waren:
die sieht jefälligst anders aus.
Na, det will ick mein –!
Von wejen: sich die Backen pudern
un nachts mit fremde Kerle ludern –
Wer Ohren hat, kann manches hören …
„Det könn wa allesamt beschwörn –
er haut ihr nachts den Buckel voll!
Frau Grimkasch sacht auch.“
die wohnt Jeorjen jejenüber,
wer richtich kieken kann, der sieht.
Frau Grimkasch sacht noch uffn Flure:
„Na, wissen Se, die olle Hure…!“
Morjens halb zehn, zweiter Stock.
Da stehn se nu wie Orjelpfeifen;
die Weiba fangen an zu keifen,
der Richter ruft: „Immer eine nur!“
von Jelben un von Sozialisten…
hier is det allens eine Tour.
Denn nischt jreift so det Herze an
wie die Sorje um den Nebenmann.
„Jawoll! Det kann ick jlatt beschwören!
Der kleene Horst stand ooch dabei!
Frau Grimkasch sacht, die Klübern hätte
die beiden überrascht int Bette –
So wahr mir Gott helfe!“
Der Richter schreibt det in die Biecher.
Der Staatsanwalt mit seinen Riecher…
Meineidsverfahren! Alle Mann.
der janze linke Seitenflüjel –
die treten alle nochmah an.
Acht Jahre Zuchthaus.
Wat nehmlich unsa Staat ist heute –:
det kann er nämich meisterlich.
A seine Deutschen Arbeit jehm
un Licht un Luft un jutet Lehm…
det kann er nich.