Textdaten
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Autor: A. Seitz
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Titel: Der Kiwi
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aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 34
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
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[34] Der Kiwi. (Mit Abbildung.) Als vor wahrscheinlich erst wenigen Jahrhunderten die ersten Menschen die große Südseeinsel Neuseeland betraten, sahen sie dort ungeheure Vögel, die in der Gestalt unserem Strauße ähnlich waren, diesen aber an Größe weit übertrafen. Die Ankömmlinge, die Stammeltern der heutigen Maoris, kamen von Samoa (= Reich des Moa), und es ist erklärlich, daß sie in dem Ungeheuer ihren obersten Gott zu finden glaubten und es schlechtweg Moa nannten. Von ihrer Verehrung gegen diese Tiere kamen sie aber bald zurück, und es dauerte nicht lange, so hatten sie die Riesenvögel ausgerottet, noch ehe ein Weißer sie erblickt hatte. Alle Erzählungen der Maoris, daß noch heute im Innern der Insel die Moas lebend existierten, sind leider Fabeln, wie die ähnlichen Märchen über die großen Vögel auf Madagaskar. Nur in einer Miniaturausgabe sind uns noch Verwandte des Moa auf Neuseeland erhalten geblieben, nämlich die etwa einen halben Meter großen Kiwi oder Schnepfenstrauße.

Der Kiwi.
Nach dem Leben gezeichnet von A. Meyerhof.

Seitdem es Zoologische Gärten giebt, war es ein Lieblingswunsch der Leiter derselben, einmal lebende Kiwis dem Publikum zeigen zu können. Aber der Import bot große Schwierigkeiten. Als ich 1867 von Australien zurückkehrte, reiste ich mit einem Abgesandten der Tierhandlung Reiche in Alfeld, der mit 10 Kiwis die Einführung nach Europa versuchte. Umsonst! Der letzte starb im Roten Meer, obwohl der Kapitän (der leider später mit der „Elbe“ verunglückte Kapitän v. Goessel) wie auch die Passagiere sich in hohem Grade für die seltenen Gäste interessierten und es gewiß an nichts Nötigem fehlte. Seitdem gelang aber die Einführung wiederholt, und besonders hat der eifrige Zoologe Herr Walter von Rothschild in London durch große pekuniäre Opfer sich um diese Angelegenheit verdient gemacht. Aus seiner Sammlung zu Tring stammt auch das abgebildete, im Zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. lebende Exemplar.

Durchaus flügellos, von dichtem Wollhaar umgeben, mit großem Schnurrbart und blöden Nachtaugen, macht der Vogel einen höchst sonderbaren Eindruck und rechtfertigt thatsächlich das Interesse, welches das Publikum ihm zollt. In jedem Beschauer wird der Wunsch wach, das Tier auch umherspringen und laufen zu sehen, was aber während des Tages bei dem absolut nächtlichen Gesellen nur mit Hilfe des Wärters möglich ist. Als Nahrung erhält der Kiwi feinstreifig geschnittenes Ochsenherz und Regenwürmer, die in einem Beet seines Käfigs tags über sich eingraben und die er dann des Nachts wieder hervorwühlt. In den Dämmerungsstunden springt er gleich einem Kaninchen umher und zieht sich bei Tagesanbruch in seinen Kasten zurück. In der Freiheit verbringt er den Tag in Erdlöchern am Fuß der Bäume, wo er früher gegen seine Feinde gesichert war; heute aber jagt man ihn leicht mit Hunden und in kurzer Zeit wird die Existenz des merkwürdigen Tieres der Geschichte angehören. Dr. A. Seitz.