Der Königl. Stadt Reval Generale Kleider-Ordnung

Textdaten
Autor: Rat der Stadt Reval
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Titel: Eines Wohl Edlen und Hochweisen Rahts der Königl. Stadt Reval / Generale Kleider-Ordnung /
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Erscheinungsdatum: 1691
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Drucker: Christoph Brendeken / Gymn. Buchdr.
Erscheinungsort: Reval
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Quelle: Estnisches hist. Archiv in Dorpat
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[1]

Eines Wohl Edlen und Hoch-
weisen Rahts der Königl. Stadt
REVAL /
Generale Kleider-
Ordnung /
Wie Dieselbe Anno 1691 / mit allgemeiner
Bürgerschafft Beliebung abgefasset und
publiciret worden.



Reval / Gedruckt bey Christoph Brendeken / Gymn. Buchdr.


[2]

General Kleider-
Ordinance.

NAchdem E. Wohl Edl. und Hochw. Raht / mit recht grossem Mißvergnügen / bißhero ersehen müssen / welcher gestalt die üppige Pracht und Hoffart / in denen Kleidungen / absonderlich bey dem Frauenzimmer / dergestalt leyder! eingerissen / daß nicht allein dadurch denen ehrbahren Gemühtern groß Ärgernüß gegeben / sondern auch bey diesen gar schweren / und noch nie erlebten / nahrlosen Zeiten / unfelbahrer ruin der lieben Bürgerschafft zu besorgen;

Als hat E. Hochw. Raht / Krafft tragenden Obrigkeitlichen Ambts / obliegen wollen / nachdem alle bißherige gute und Väterliche Vermahnungen / sampt waß von denen Herren Geistlichen offters darwieder geeyfert / auch endlichen von der Ehrhafften Gemeine selbsten gesuchet worden / nicht verfangen mögen / mit Consens[1] der löblichen [3] Bürgerschafft aller Gilden / solchem Unheyle bey zeiten vorzubeugen / und solche üppige Mißbräuche ein vor alle mahl gäntzlich abzuschaffen / dahero inzwischen / biß hierinnen eine vollständige Ordnung über alles und jedes specialiter verfasset und publiciret werden kan / ad interim[2] denen verordneten Herren der Wette hiemit seriò injungiret[3] wird / daß Sie / so fort / und noch bey diesen instehenden Oster-ferien, durch gewöhnliche Executions-Mittel[4] / wieder alle und jede dieser Stadt Jurisdiction[5] unterworffene / ohne ansehen der Persohnen procediren[6] / insonderheit aber alle bißhero eingerissene kostbahre Juwelen, an Diamantenen-Rosen / Brust-Stücken und Breßgen / so wohl auffm Kopffe / als am Halse / vor der Brust oder Armen / imgleichen alle Perlen am Halse und Armen (jedoch daß den Jungfern nach dem alten / Perlen auff den Walcken zu gebrauchen erlaubet sey) bespizte und gestickte Schue / bordierte[7] Handschuen und Strümpffe / Zobelne Muffen / Zobelne Auffschläge und Zobelne Handschuen / Spitzen Schürtzen und Spitzen Nachtkappen / Spitzen Halß Tücher und Handkrausen der Manß Persohnen (Spitzen Schnuptücher aber werden Frauen und Jungfern nachgegeben / jedoch daß die Spitzen davon nicht zu kostbahr / und nicht über 4. Finger breit seyn sollen) dahingegen die mit Gold-Silber-und weissen geknüppelten Spitzen besezte Coleur Röcke / Gold und Silberne Spitzen und Borden / sie mögen schmall oder breit seyn / wie auch allerhand Fräntzen / Crepinen und Floren / unter welchen Nahmen sie kommen / item Venetianen mit Gold und Silbernen Blumen und Streifen / [4] gäntzlich und allerdings / so wohl Mannes als Frauens Persohnen / es sey / an Manteln / Röcken / Ermeln / Camisolen[8], oder woran es immer seyn mag / imgleichen die bespitzte lange Florne Halßkappen / wie auch die übermäßige Fronten, absonderlich von kostbahren Gold und Silbernen Bande / Federn / Borden / oder Litzkorn / und was sonsten zur üppigen Hoffarth von den Wiederspänstigen / so wohl in der Kirchen / als Hochzeiten und offentlichen Gelagen / zu gebrauchen / möchte erdacht werden / sampt und sonders hiermit verbohten und untersaget / mit gebührendem Ernst und Nachdruck mittelst unausbleiblicher Bestraffung zu 20. 30. 50. 100. ja 200. Rthlr.[9] nachdem die Wiederspänstigkeit / und das Verbrechen ist / cöerciren[10] und verhüten sollen.

Was die verdeckte Wagen oder so genante Schwan-Hälse berifft / so werden zwar dieselbe / weiln fast jedermann sich damit versehen / nachgegeben / Jedoch / daß aller übermüthiger Pracht daran so wohl / als an den Schlitten / absonderlich von vergöld- oder[11] versilberten Zierathen / bey nachdrücklicher Straffe gäntzlich untersaget seyn sollen.

Wie denn auch keinem erlaubet / dieselbe nach der Kirchen mit 2. Pferden zu bespannen oder die Pferde mit vergüldeten Zeigen oder Geschirre zu belegen. Und weiln auch fürnemlich in kleidung der Mägde und Dirnen ein solcher übermuth verspühret wird / daß zum theil / absonderlich in denen Kopff gepflegen / sie denen Jungfern es nachzuaffen sich untersehen dürffen;

Als sollen nicht allein / voriger Ordnung nach die Herren der Wette die Execution unaussetzlich verüben / und absonderlich [5] die Jäcke so über die Knie lang / wie auch alle mit gekrausten Spitzen und Linten / für die Stirn so wohl / als sonst übergebührliche Mützen / und feine wollene gestrickte Futterhembder auch durch offentliche Beschimpfung / verhüten;

Sondern auch dero Herren und Frauen / wann Sie daran mit schuldig seyn befunden werden / in behörige Straffe ziehen. Demnach ferner bishero wegen belohnung des Gesindes unterschiedliche Klagen geführet worden / wie selbige mit der Kleidung / so die Herrschafft ihnen gegeben / nicht friedlich;

Als soll hinführo der Gesinde Lohn / auff Geldt gesetzet werden / und zwar / daß einer vollerwachsenen Magd jährlich 20. 25. biß 30. Thlr. K. Mtz. nebst 3. Paar Schuen und 30. Ellen Leinen / nemblich 20. Ell: Heden und 10. Ell: Flächsen / einem Knechte aber jährlich 20. biß 30. Thlr. K. M. und nicht drüber / nebst einem leinen Kleide / 3. Hembden und 3. Paar Schuen und Strümpffen.

Einer Ammen hingegen ihr sonst gewöhnlicher Lohn an Kleidung / jedoch daß selbige mit der Mägden Kleider übereinkomme / und zwar kein theurer Lacken als zu 6. K. thlr: die Elle ihr gereichet / auch die Jäcke nicht länger / als biß an die Knie gemachet / alles Opffer-Geld aber / bey Mägden / Ammen und Knechten (als welche Leztere 3. Jahr zum wenigsten bey ihren Herren zu dienen schuldig / und ohne einem gültigen Attestato darüber allhier zu keinem Dienste bey der Stadt sollen angenommen werden) gäntzlich abgeschaffet seyn sollen.

Wie dann diejenige Harschafft / so vorgesezten Lohn zu übersteigern einig Opffer-Geld zu geben / oder sonsten hierinnen [6] die Verordnung zu brechen sich unternehmen wird / in der Wette Herren Willkührliche Straffe verfallen. Aldieweilen aber die bißherige Ornung nicht wenig dadurch stutzig geworden / daß / wie die Wette-Herren klagen / die Verbrecher auff viele ergangene Citationes[12], nicht allein contumacitèr[13] aussengeblieben / sondern auch die dictirte[14] Straffe / zu erlegen / sich halßstarrig verwegert;

Als ordnet / setzet und statuiret[15] E. Wohl Edl. Hochw. Raht hiemit ein vor allemahl / daß / so ferne das citirte Theil / auff gebührende Anforderung / zum ersten und andern mahl / sich der Wette nicht sistiret[16] / dasselbe allemahl in 2. Rthlr. Straffe verfallen / zum dritten mahl aber / weiln es ein Summarisch Gerichte / und keinen Weitläufftigen Process leyden kan / wieder denselben in contumatiam mit der Sentence[17] verfahren / und so ferner ohn ansehen der Persohn / entweder mittelst verarrestirung[18] der Bestrafften / beym Gerichte / wie es von Alters allewege gebräuchlich / oder auch / da sie Halsstarrig ausbleiben würden / durch auspfändung deren Güter / auff so viel / als die Sentence erfordert / mit allem Ernste / procediren sollen;

In Unterlassung dessen / und da die Herren der Wette / über Verhoffen / hierinnen säumhafftig erfunden werden solten / soll nicht allein alle Verantwortung auff Dieselbe / als denen diese Vorsorge hierinnen absonderlich committiret[19] / redundiren[20] / sondern Dieselbe auch gehalten seyn / dem Magistrat dafür gebührlich responsabel zu werden.

Immassen denn hiernach ein jeder sich zu richten und für Schaden zu hüten hat. Und damit sich Niemand mit der Unwissenheit zu entschuldigen [7] habe / soll diese General-Ordnung zum Druck befordert werden / damit ein Jeder selbige zu seiner Nachricht bekommen könne.

Publicatum Reval den 3. Aprilis Anno 1691.


Ad speciale mandatum
Amplissimi Senatus
in fidem subscipsi

L. S.

Erasmus Samuel Gottschild,
Civit. Reval. Secretarius.




Anmerkungen

  1. lat. Übereinstimmung, Beschluß
  2. lat. vorerst, inzwischen
  3. lat. ernsthaft anfügen
  4. lat. Vollstreckungs-Mittel
  5. lat. Rechtssprechung
  6. lat. vorrücken
  7. franz. eingefassten, besetzten
  8. lat. Hemden
  9. Reichstaler
  10. lat. hindern, zurückhalten
  11. Druckfehler aus Vorlage (vergöld-oder) korrigiert
  12. lat. Vorladungen
  13. lat. trotzig, widerspenstig
  14. lat. vorgeschriebene
  15. lat. beschließt
  16. lat. [sich] stellt
  17. lat. Urteilsspruch, Strafe
  18. lat. Verhaftung
  19. lat. sich vereinigen
  20. lat. wortreich