Der Jüngling Salomo
Zu seinem Lieblinge sprach einst ein gütiger König: „Bitte von mir was du willt: es soll dir werden.“ Und der Jüngling sprach bei sich selbst: „warum soll ich bitten, daß es mich meines Wunsches nicht gereuen möge? Ehre und Ansehn habe ich schon; Gold und Silber sind das ungetreueste Geschenk der Erde. Um des Königes Tochter will ich bitten: denn sie liebet mich, wie ich sie liebe; und mit ihr empfange ich alles andre. Nicht nur Ehre und Reichthum; sondern auch das Herz meines gütigen Wohlthäters: denn er wird durch dieses Geschenk mein Vater.“ Der Liebling bat und die Bitte ward ihm
gewähret.
Als Gott dem Jünglinge Salomo zuerst im Traume erschien,
sprach er zu ihm: „bitte was
[284] ich dir geben soll und ich will dirs geben.“ Und siehe der Jüngling bat nicht um Silber und Gold, nicht um Ehre und Ruhm und langes Leben; er bat um die Tochter Gottes, die himmlische Weisheit und empfing mit ihr, was er je hätte bitten mögen. Ihr also weihete er seine schönsten Gesänge und pries sie den Sterblichen an, als die einzige Glückseligkeit der Erde. So lange er sie liebte, besaß er das Herz Gottes und die Liebe der Menschen; ja nur durch sie lebet er auch nach seinem Tode noch diesseit des Grabes.