Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Zweite Frage, Kapitel I

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Kirchliches Mittel gegen die Incubi und Succubi.

Kapitel I.

Weil aber in den vorhergehenden Kapiteln der ersten Frage: über die Weisen, die Menschen, Haustiere und Früchte des Landes zu behexen – vor allem berührt worden ist, was die Hexen selbst bezüglich der eigenen Person betreiben: wie sie nämlich unschuldige Jungfrauen zur Mehrung ihrer Perfidie anlocken, auch welches die Art sei, sich zum Handwerk zu bekennen und die Huldigung zu leisten, auch wie sie die eigenen oder fremden Kinder den Dämonen darbringen und auf welche Weise sie örtlich ausfahren: ich sage, da dies und ähnliches zu heilen nur dadurch möglich ist, daß sie von ihrem Richter aus dem Wege geräumt oder zum mindesten zum Beispiel für alle Künftigen bestraft werden, so wird über derartige Heilmittel nicht jetzt, sondern im letzten Teile des Werkes gehandelt werden, wo die zwanzig Arten, gegen und über die Person der Hexen vorzugehen und das Urteil zu fällen, hergeleitet werden. Für jetzt jedoch ist es nötig, sich über die Heilmittel gegen ihre behexenden Wirkungen zu verbreiten, und zwar erstens, wie behexte Menschen geheilt werden, dann wie die Tiere und schließlich wie die Früchte des Landes geschützt werden. Bezüglich der Menschen aber, die hinsichtlich der Incubi oder Succubi behext sind; weil diese von dreierlei Arten sind: nämlich diejenigen, welche sich freiwillig den Incubi unterwerfen, wie es die Hexen tun; weil man bezüglich der Succubi bei Männern eine freiwillige Ausführung nicht in dem Maße findet, da sie infolge der natürlichen Kraft der Vernunft, um welche die Männer die Frauen überragen, vor derartigem mehr zurückschaudern. (Zweitens) auch diejenigen, welche von den Hexen mit den Incubi oder Succubi gegen ihren Willen zusammengebracht werden; und die dritte Art ist die, zu welcher besonders gewisse Jungfrauen gehören, die durchaus gegen ihren Willen von Incubi-Dämonen belästigt werden. Von diesen nimmt man auch häufig an, daß sie in dieser Weise von Hexen behext werden, daß nämlich auch die Dämonen auf Betreiben der Hexer, wie sie sehr häufig auch andere Krankheiten zu verhängen pflegen, sich so gegenüber jenen Personen zu Incubi zu machen haben, um imstande zu sein, sie vielleicht auch so zu ihrem Unglauben zu verlocken. Geben wir Beispiele!

In der Stadt Koblenz ist ein armer Mann in der Weise behext, daß er in Gegenwart seiner Frau den ganzen Liebesakt, wie ihn die Männer mit den Frauen auszuführen pflegen, sogar zu wiederholten Malen für sich allein ausübt und davon auch auf das Drängen und Gejammere seiner Frau hin nicht abgebracht werden kann, daß er nach Vollendung eines oder dreier Akte die Worte ausstößt: „Wir wollen wieder von vorn anfangen!“, während man doch mit dem leiblichen Auge keine Person ihm als Succubus dienen sieht; und es geschieht, daß der Arme nach täglichen derartigen Beunruhigungen auf die Erde stürzt und aller Kräfte beraubt wird. Fragt man ihn, nachdem er wieder einige Kraft bekommen hat, auf welche Weise und wieso ihm derlei zustoße und ob er eine Person als Succubus gehabt habe, pflegt er zu antworten, er sehe nichts, sei aber so der Besinnung beraubt, daß er durchaus nicht imstande sei, sich zu enthalten; und zwar gilt wegen dieser Behexung eine gewisse Frau für höchst verdächtig, daß sie es ihm angetan habe, weil sie jenem Armen unter schmähenden Worten gedroht hat, daß sie ihm schon helfen wollte, weil er ihr nicht zu Willen gewesen war. Aber es sind keine Gesetze und Diener der Gerechtigkeit da, die wenigstens auf üblen Leumund und schweren Verdacht hin zur Sühnung eines so großen Verbrechens vorgingen: da man glaubt, niemand dürfe verurteilt werden, außer wer durch eigenes Geständnis oder gesetzmäßige Stellung dreier Zeugen überführt wird; als wenn die Indizien der Tat oder die Evidenz auf Grund schwerer oder heftiger Verdachtsgründe keine Strafe verdienten! Doch über diese Arten, das Urteil zu fällen, wird weiter unten, wie vorausgeschickt ist, sich Klarheit ergeben.

Bezüglich der zweiten Art, wonach Mädchen von Incubi-Dämonen belästigt werden, selbst zu unseren Zeiten, zu berichten würde gar zu weitläufig sein, da bestimmte Geschichten von solchen Geschehnissen vorliegen. Aber mit wie großer Schwierigkeit derartiges zu heilen geht, kann man aus dem entnehmen, was Thomas Brabantinus gegen das Ende seines Werkes de apibus von einer gewissen (Jungfrau) wie folgt erzählt: „Ich habe,“ sagte er, „eine gewisse Jungfrau in frommer Haltung gesehen und bei der Beichte gehört, die erst sagte, sie habe niemals in den Beischlaf gewilligt. Dadurch gibt sie jedoch zu verstehen, daß sie damit bekannt gewesen ist; da ich es aber nicht glauben wollte, setzte ich ihr mit Gründen und harten Drohungen zu, bei Gefahr ihrer Seele (die Wahrheit zu sagen): endlich gestand sie unter Tränen, sie sei eher am Sinne als am Leibe verdorben worden; und da sie danach gleichsam zu Tode betrübt war, und an jedem Tage unter Tränen beichtete, konnte sie doch nicht durch Klugheit, Studium oder Kunst vom Incubus-Dämon befreit werden; auch nicht durch das Zeichen des Kreuzes noch durch Weihwasser, die doch besonders zur Verscheuchung der Dämonen verordnet werden, noch auch durch das Sakrament des Leibes Christi, das selbst den Engeln Schreck einflößt; bis der Dämon nach mehreren Jahren durch fromme Vornahme von Gebeten und Fasten verscheucht wurde.

Und es ist glaubhaft – unbeschadet besseren Urteiles – daß, nachdem sie im Schmerz über ihre Sünde gebeichtet hatte, der Beischlaf mit dem Dämon für sie vielmehr die Strafe für die Schuld als Schuld war.

Als diese sich in der Pfingst-Vigilie bei der frommen Nonne Christina im Tale der Herzogin von Brabant, die mir dies erzählt hat, beklagte, daß sie wegen der lästigen Beunruhigung durch den Dämon nicht wagte, zu kommunizieren, sagte ihr voll Mitgefühl Christina: „Gehe hin und schlafe sorglos; morgen wirst du teilnehmen am Leibe des Herrn; denn ich werde deine Strafe auf mich nehmen.“ Sie entfernte sich froh, schlief in Frieden, erhob sich am Morgen nach der Nacht zum Gebete, nahm in aller Ruhe die Sakramente. Christina aber, die die auf sich genommene Strafe nicht hoch anschlug, hörte am Abend, als sie sich der Ruhe hingab, auf ihrem Lager jemand gleichsam wie ein Sturm sich bewegen und gar unruhig sich gebärden; und ohne zu argwöhnen, daß es ein Dämon sei, bemühte sie sich, ihn beim Halse zu packen und zu verscheuchen, was es auch sei. Sie legte sich wieder hin, erhob sich aber voller Angst, da sie beunruhigt ward; und so mehrere Male. Endlich merkte sie und sah es an den fast umgekehrten Decken, daß sie von der Nichtswürdigkeit eines Dämons beunruhigt wurde. Sie verließ also das Bett, brachte die Nacht schlaflos zu und wollte beten, wurde aber durch einen Anfall des Dämons gepeinigt und hatte, wie sie sagte, niemals derartiges erduldet. Deshalb sagte sie am Morgen zu der vorerwähnten Frau: „Ich verzichte“, sagte sie, „ich verzichte auf deine Strafe“ und entging kaum ohne Gefährdung des Lebens der Gewalttätigkeit des schlimmsten Versuchers – Daraus kann man abnehmen, daß es schwer ist, derlei zu heilen, mag es nun mit oder ohne Behexung einem zustoßen.

Es gilt aber noch etwas, wodurch vielleicht die Dämonen in die Flucht getrieben werden; worüber auch Nider in seinem Formicarius handelt. Wenn nämlich auch, wie es dort heißt, auf fünf Weisen Mädchen und Männer befreit werden können, nämlich durch sakramentale Beichte und heilige Uebung im Schlagen des Kreuzeszeichens, oder durch den Engelsgruß; drittens durch Anwendung von Exorzismen, viertens durch gewisse Ortsveränderung und (fünftens) durch vorsichtige Exkommunikation seitens der Heiligen, von denen, wie sich aus dem Vorausgeschickten ergeben hat, die beiden ersten der Nonne nicht genützt haben – so sind sie doch deshalb nicht zu unterlassen – wenn es nämlich bei dem einen ein Heilmittel ist, so folgt daraus nicht, daß es auch bei einem anderen so wirkt, und umgekehrt – denn Geschichten berichten, daß auch Incubi häufig durch das Gebet des Herrn oder Besprengen mit (Weih)wasser oder auch durch den Engelsgruß vertrieben worden sind.

Es berichtet nämlich Caesarius in seinem Dialoge, daß, als sich ein gewisser Priester aufgehängt hatte, seine Beischläferin in das Kloster eintrat und durch einen Incubus zur Ausschweifung gereizt wurde, den sie jedoch durch das Schlagen des Kreuzes und durch Besprengen mit Weihwasser vertrieb, wenn er auch gleich danach wiederkehrte. So oft sie aber den Engelsgruß sagte, verschwand und entwich er wie ein Pfeil, kam aber bisweilen zurück, freilich ohne zu wagen, nahe an sie heranzugehen.

Item betreffs des dritten, (Heilung) durch sakramentale Beichte, ergibt es sich nach eben diesem Caesarius, welcher sagt, daß die vorerwähnte Beischläferin, als sie schon rein gebeichtet hatte, völlig vom Incubus verlassen wurde. – Derselbe berichtet, daß ein Mann in Lüttich, der von einem Incubus zu leiden hatte, nach Beendigung der sakramentalen Beichte völlig befreit wurde. – Er bringt außerdem ein Beispiel vor von einer gewissen Eingeschlossenen, die der Incubus weder infolge von Gebet, noch durch Beichte, noch wegen sonstiger geistiger Uebung verließ, daß er ihr Bett nicht bestiegen hätte. Aber als sie auf den Rat eines gewissen frommen Mannes sagte „Benedicite“, verließ sie der Dämon sofort.

Betreffs des vierten, nämlich der Veränderung des Ortes, sagt derselbe, wie vorher, daß die Tochter eines gewissen Priesters, durch einen Incubus entehrt und vor Schmerz wahnsinnig geworden, von dem Incubus losgelassen wurde, als sie über den Rhein weit weg gebracht wurde. Aber ihr Vater, der die Tochter von der Stelle geschafft hatte, wurde vom Dämon dermaßen getroffen, daß er in drei Tagen starb.

Es geschieht auch einer (Frau) Erwähnung, die, von einem Incubus häufig im Bette beunruhigt, eine fromme Genossin bat, daß sie an Stelle der Beunruhigten im Bette läge. Als sie das getan hatte, fühlte sie in der ganzen Nacht gewisse sehr schwere Beunruhigungen, während sie früher doch Ruhe gehabt hatte. – Es wird auch von Guilelmus bemerkt, daß die Incubi mehr solche Frauen und Mädchen zu beunruhigen scheinen, welche schönes Haar haben, darum, weil sie der Besorgung oder dem Schmuck derartiger Haare obliegen; oder weil sie durch das Haar die Männer zu entflammen wünschen oder gewohnt sind; oder weil sie sich dessen in eitler Weise rühmen; oder weil die himmlische Güte das zuläßt, damit die Weiber abgeschreckt werden, die Männer dadurch zu entflammen, wodurch auch die Dämonen die Männer entflammt wissen wollen.

Bezüglich des fünften, der Exkommunikation, die vielleicht manchmal dasselbe ist, wie die Exorzisation, ergibt sich Klarheit in der Legende des heiligen Bernhard. In Aquitanien nämlich war eine Frau von einem Incubus sechs Jahre lang unter unglaublichem Mißbrauch der Begierde beunruhigt worden. Die hörte, wie der Incubus ihr drohte, sie sollte sich dem heiligen Manne, der kommen wollte, nicht nähern. „Es wird dir nichts nützen“, sagte er, „aber wenn er sich entfernt, werde ich dein grausamster Verfolger sein, der ich bisher dein Liebhaber gewesen bin.“ Als sie den heiligen Mann Bernhard anrief, antwortete er: „Nimm meinen Stock und lege ihn in dein Bett, dann soll der Böse tun, was er kann.“ Als sie das getan hatte, wagte der Dämon die Kammer der Frau nicht zu betreten, sondern drohte draußen in der schrecklichsten Weise, er wolle sie verfolgen, wenn Bernhard sich entfernte. Als der fromme Bernhard das von der Frau gehört hatte, berief er das Volk, befahl allen, brennende Kerzen in der Hand zu tragen und exkommunizierte den Dämon zusammen mit der ganzen Versammlung, die dabei war, und tat das Interdikt, daß er zu jener oder einer anderen weiterhin keinen Zutritt haben sollte; und so ward sie von jener Strafe befreit.

Aber hier ist zu bemerken, daß es wunderbar erscheint, daß die Schlüsselgewalt, die Petrus und seinen Nachfolgern bewilligt ist, weil sie über die Erde schallt und nur für die Erdenwanderer die Macht der Jurisdiktion besitzt, als Mittel der Kirche zugelassen ist und daß auch Mächte der Luft durch diese Jurisdiktion gezügelt werden können. Aber man kann sagen, daß, weil die Personen, welche von Dämonen belästigt werden, unter der Jurisdiktion des Papstes und der Schlüssel stehen, es nicht verwunderlich ist, wenn indirekt derartige Mächte durch die Kraft der Schlüssel gezügelt werden, sowie der (Papst) auch indirekt die Seelen durch die Macht der Schlüssel von den Strafen des Fegefeuers befreien kann, unbeschadet der Tatsache, daß jene Macht über die Erde schallt und die Seelen unter der Erde sind.

Auch über die dem Haupte der Kirche, d. h. dem Stellvertreter Christi, verliehene Schlüsselgewalt zu disputieren ist nicht sicher, da bekannt ist, daß eine solche Gewalt von Christus der Kirche und seinem Stellvertreter verliehen worden ist, wie sie einem reinen Menschen von Gott verliehen werden könnte; und zwar zum Nutzen der Kirche.

Man kann auch frommerweise annehmen, daß, wenn die von den Hexen durch die Kraft der Dämonen angetanen Krankheiten samt den Hexenurhebern selbst und den Dämonen exkommuniziert würden, sie nicht so gegen die Kranken selbst wüten und diese schneller befreit werden würden, bei Anwendung auch noch anderer erlaubter Exorzismen außer jenen.

Es ist endlich im Gebiete der Etsch allgemeines Gerede, ebenso auch an anderen Orten, daß, wenn mit Gottes Zulassung Heuschrecken in ungeheurer Menge fliegen und Weinberge, Laub,[WS 1] Saaten und alles Grüne abnagen, sie durch derartige Exkommunikation und Verwünschung in die Flucht geschlagen und plötzlich vernichtet worden sind. Wenn man das einem heilig gesprochenen Manne und nicht der Gewalt der Schlüssel zuschreiben will, so sei es im Namen des Herrn: eins haben wir für gewiß, daß weder die Kraft der Wunder noch die Macht der Schlüssel die in Gnaden handelnde Gnade mit Notwendigkeit voraussetzen: indem beides aus der in Gnaden gegebenen Gnade hervorgeht.

Es ist auch ferner zu bemerken, daß, wo keines der vorgenannten Mittel hilft, man dann zu den erlaubten Exorzismen greifen muß, über die weiter unten sich Klarheit ergeben wird. Wenn auch diese zur Verscheuchung der Nichtswürdigkeit des Dämons nicht genügen, dann ist in der Tat eine solche Beunruhigung seitens des Dämons eine den Sünden genügetuende Strafe, falls sie, wie es sich gehört, in Liebe ertragen wird, gerade so wie andere derartige Uebel, die uns so drücken, daß sie uns treiben, zu Gott zu gehen.

Aber es ist auch zu bedenken, daß bisweilen manche Frauen in Wahrheit nicht vom Incubus beunruhigt werden, sondern nur glauben, sie würden so beunruhigt, und zwar geschieht dies vorzüglich den Frauen und nicht den Männern, da sie auch sonst furchtsam und für die Vorstellung wundersamer Bilder empfänglich sind. Daher sagt auch der oft zitierte Guilelmus: „Vieles von phantastischen Erscheinungen geschieht infolge der Melancholie bei vielen, und am meisten bei den Frauen, wie es sich bei Visionen und Enthüllungen zeigt. Der Grund dabei ist, wie die Aerzte wissen, die Natur der weiblichen Seelen selbst, darum, daß sie weit leichter und feiner Eindrücken zugänglich sind als die männlichen Seelen.“ Ebendort fügt er hinzu: „Ich weiß, daß ich eine Frau gesehen habe, welche glaubte, vom Teufel von innen erkannt zu werden, und sagte, sie fühle derartiges Unglaubliches.“

Auch scheinen ihm die Frauen niemals von den Incubi schwanger zu werden; ihre Bäuche schwellen gewaltig an, und wenn die Zeit der Niederkunft herangekommen ist, schwellen sie unter bloßer Ausstoßung vieler Windigkeit ab. Denn mit Ameiseneiern, im Getränk genommen, erzeugt man unglaubliche Windigkeit und Tumult im Bauche des Menschen; ähnliches geschieht durch die Körner des Springkrautes und durch die Körner des Baumes, der Schwarzfichte genannt wird, im Bauche. Es ist aber dem Dämon sehr leicht, ähnliches und mehr im Bauche der Menschen zu bewirken.

Dies ist hinzugefügt worden, damit man nicht gar leicht den Weibern Glauben schenkt, sondern nur dem, betreffs dessen Versuche Glaubwürdigkeit geschaffen haben, wie seitens derer, die durch Erfahrung im eigenen Bette, oder wenn sie selbst ruhten, gelernt haben, daß derlei wahr sei.





Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Laub