Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 8

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Ueber die Art, wie sie die Menschen in Tiergestalten verwandeln.

Kapitel 8.

Mag aber auch der Fall, daß die Hexen durch die Macht der Dämonen, da sie denn solches hauptsächlich gern tun, in Tiergestalten verwandeln, im ersten Teile des Werkes, in der Frage, ob die Hexen solches zu tun vermöchten, genügend erklärt sein, so ist doch, weil einigen diese Frage bei ihren Argumenten und Lösungen zu dunkel sein könnte, besonders auch, weil keine Taten und Geschehnisse dazu berichtet sind, auch die Art, wie sie sich selbst so verwandeln, nicht ausgedrückt ist, die gegenwärtige Erklärung vermittels der Lösung sehr vieler Zweifel noch hinzuzufügen.

Erstens ist jener Canon Episcopi XXVI, 5 nicht so ohne weiteres von diesem Stoffe zu verstehen, wie denn auch viele Gelehrte (wenn es nur rechte Gelehrte wären!) sich täuschen lassen, sich auch nicht scheuen, öffentlich in ihren Vorträgen zu lehren, derlei gauklerische Verwandlungen könnten auf keine Weise, auch durch die Macht der Dämonen nicht, geschehen; und zwar tun sie dies durchaus zum großen Nachteil des Glaubens, wie oft gesagt ist; auch zur Stärkung der Hexen, die sich gar sehr über solche Reden freuen. Es kommt dies aber bei solchen Predigern daher, weil sie, wie oben gesagt ist, an der Schale und nicht an dem Kerne der Worte des Kanon arbeiten. Wenn der Kanon nämlich sagt: „Wer da glaubt, es könne geschehen, daß eine Kreatur in einen besseren oder schlechteren Zustand umgestaltet oder in eine andere Gestalt oder ein anderes Bildnis verwandelt werde, außer vom Schöpfer allein, der alles gemacht hat, der ist ohne Zweifel ein Ungläubiger,“ so möge hier der fromme Leser auf zwei Hauptpunkte achten: erstens auf das Wort „geschehen“, zweitens auf die Worte: „in ein anderes Bildnis verwandelt werden“. Betreffs des ersten sei er sicher, daß „geschehen“ doppelt verstanden wird: nämlich für „geschaffen werden“ und für natürliche Hervorbringung einer Sache. In der ersten Weise kommt es nur Gott zu, wie bekannt, der durch seine unbegrenzte Macht etwas aus dem Nichts schaffen kann. Betreffs der zweiten Art ist zwischen den Kreaturen zu unterscheiden, weil es entweder vollkommene sind, wie der Mensch, der Esel usw., oder unvollkommene, Schlangen, Frösche, Mäuse usw., die deshalb unvollkommen heißen, weil sie aus Fäulnis entstehen können. Es mag der Kanon immer von den ersteren sprechen; aber nicht von den zweiten, was aus dem Umstande erhellen mag, daß Albertus in dem Buche de animalibus, wo er fragt, ob die Dämonen wahre Tiere machen könnten, mit ja antwortet, jedoch nur bezüglich der unvollkommenen Tiere, auch mit dem Unterschiede, daß er nicht im Augenblicke handelt, wie Gott, sondern durch eine, wenn auch plötzliche, Bewegung, wie sich an den Hexern Exod. 7 zeigt. Man sehe, wenn es beliebt, nach, was in der erwähnten Frage, im ersten Teile des Werkes, und zwar bei der Lösung des ersten Argumentes berührt wird. –

Betreffs des zweiten Punktes, wo angeführt wird, daß sie keine Kreatur verwandeln können, sollst du sagen, daß es eine zweifache Verwandlung gibt: eine substantielle und eine akzidentielle; und zwar ist die akzidentielle wiederum zweifach: weil (sie sich kundgibt) durch eine natürliche und der erscheinenden Sache anhaftende oder eine der erscheinenden Sache nicht anhaftende Form, die dann vielmehr den Organen und Kräften des Sehenden selbst anhaftet. Von den ersteren redet der Kanon, und zwar besonders von der gestaltlichen oder washeitlichen[1] Verwandlung, wie z. B. eine Substanz in eine andere sich verwandelt, was allein Gott bewirken kann, der solcher Washeiten Schöpfer ist. – Er redet auch von der zweiten Art, die der Dämon wohl bewirken mag, insofern durch mit Zulassung Gottes geschickte Krankheiten dem Körper eine akzidentielle Form verliehen wird, z. B. daß das Gesicht aussätzig erscheint und ähnliches.

Aber weil wir davon nicht eigentlich reden, sondern von der gauklerischen Erscheinung, nach welcher sich die Dinge in andere Bildnisse zu verwandeln scheinen, so sagen wir, daß der angeführte Kanon solche Verwandlungen nicht ausschließen kann, weil sie durch Autorität, Gründe und Erfahrung zugleich festgestellt sind, nach dem, was Augustinus de civ. dei XVIII, 17 auf Grund sicherer Erfahrung berichtet, wobei er das auch durch verschiedene Untersuchungen erklärt. Denn unter anderen gauklerischen Verwandlungen führt er auch an, daß die hochberüchtigte Zauberin Kirke die Gefährten des Odysseus in Tiere verwandelt habe, und daß einige Stallmägde seine eigenen Gastfreunde in Lasttiere verhext hätten. Er berichtet auch, die Gefährten des Diomedes seien in Vögel verwandelt worden und noch lange Zeit nachher seien sie um den Tempel des Diomedes geflogen: Ferner habe Prästantius wahrheitsgetreu von seinem Vater erzählt, dieser habe selbst berichtet, er sei ein Pferd gewesen[WS 1] und habe mit anderen Tieren Getreide getragen.

Betreffs des ersten Punktes, nämlich daß die Gefährten des Odysseus in Tiere verwandelt seien, ist zu sagen, daß das durchaus nur Schein war und Augentäuschung, so daß jene Tiergestalten aus dem Aufbewahrungsorte oder dem Gedächtnisse der Gestalten nach der Vorstellungskraft herausgeführt wurden; dadurch ward ein eingebildetes Gesicht verursacht und folglich, durch den starken Eindruck auf die anderen Kräfte und Organe, glaubte der, der sie sah, Tiere zu sehen, auf die Art, wie es oben, im vorhergehenden Kapitel gesagt ist. Aber wie das durch die Kraft der Dämonen ohne Verletzung geschehen könne, soll unten erklärt werden.

Ueber den zweiten Fall, wo von Stallmägden die Gastfreunde in Lasttiere verwandelt wurden und ferner, daß der Vater des Prästantius erzählte, er sei ein Pferd gewesen und habe Säcke getragen, darüber ist zu bemerken, daß hier dreierlei Täuschungen geschahen: Erstens, daß hier Menschen durch Gaukelkunst in Tiere verwandelt schienen, eine Verwandlung, die auf die oben erwähnte Weise geschah; zweitens, daß jene Lasten, wo sie die Kräfte der Träger überstiegen, die Dämonen unsichtbar trugen; drittens, daß sie, die anderen in Tiergestalten verwandelt schienen, auch sich selbst als in Tiere verwandelt vorkamen, wie es dem Nabuchodonosor erging, da sieben Zeiten über ihn verwandelt waren, daß er Heu fraß wie ein Ochse.

Darüber aber, daß die Gefährten des Diomedes in Vögel verwandelt und noch lange um seinen Tempel geflogen seien, ist zu sagen, daß dieser Diomedes, der bei dem Auszuge der Griechen zur Belagerung der Stadt Troja zugegen war, mit seinen Gefährten, als er wieder heimkehren wollte, im Meere ertrank. Als ihm daher auf den Vorschlag eines Idols hin ein Tempel gebaut worden war, als sei er unter die Götter gezählt, flogen die Dämonen, um den Irrtum zu bestärken, noch lange als Vögel umher (und galten) als seine Gefährten. Daher war auch noch eine andere Art des Aberglaubens aus der Zahl der obengenannten Gaukeleien dabei: daß sie nämlich nicht durch Hervorführung der Sinnesgestalten zur Vorstellungskraft, sondern in angenommenen Körpern, als fliegende Vögel, sich dem Auge der Sehenden darstellten. Wenn gefragt wird, ob sie auch auf die erwähnte Weise, durch Hervorführung von Sinnesgestalten die Zuschauer hätten täuschen können, so daß die Dämonen nicht in angenommenen Körpern aus Luft, als fliegende Vögel, sich dargestellt hätten, so ist mit ja zu antworten. Denn es war auch die Meinung einiger (wie S. Thomas, Sent. II, 8, 2 erwähnt), daß die Engel, seien es gute oder böse, niemals Körper annähmen, sondern daß alles, was man in den Schriften von ihren Erscheinungen liest, durch Gaukelei geschehen wäre, oder in bloß vorgestelltem Sehen. Bei diesen Worten wird von dem heiligen Doktor der Unterschied festgestellt zwischen Gaukelei und vorgestelltem Sehen: Gaukelei kann einen Gegenstand haben, der sich von außen dem leiblichen Auge darstellt, mag er auch anders scheinen, als er ist; aber vorgestelltes Sehen verlangt derlei nicht notwendig, daß sich nämlich ein Gegenstand von außen darstellte; sondern es kann ohne diese äußere Darstellung, nur durch jene inneren Sinnesgestalten geschehen, wenn sie zur Vorstellung geführt werden.

Daher waren, wenn man der Meinung jener folgt, die Gefährten des Diomedes nicht durch Dämonen in angenommenen Körpern und Vogelbildnissen dargestellt, sondern es geschah das nur in phantastischem und vorgestelltem Sehen, nämlich durch Herausführung jener Sinnesgestalten usw. wie oben. Aber weil der heilige Doktor jene Ansicht als Irrlehre, nicht als bloße Meinung, zurückweist, (wenn auch nicht geradezu als Ketzerei, wie in Liebe geglaubt wird), da solche eingebildeten Erscheinungen bisweilen auch von guten und bösen Engeln angewendet worden seien, ohne Annahme von Körpern, die Heiligen doch, wie er ebenda sagt, übereinstimmend erklären, daß die Engel auch in körperlicher Erscheinung sich gezeigt hätten (und solche Erscheinung geschieht in angenommenen Körpern); auch der Text der Heiligen Schrift mehr für solche körperliche Erscheinungen ist als für die vorgestellten und gauklerischen: Deshalb also können wir danach für jetzt von allen Erscheinungen, ähnlich der von den Gefährten des Diomedes, sagen, daß, wenn dieselben auch durch die Macht der Dämonen im vorgestellten Sehen der Zuschauer hätten gesehen werden können nach der angegebenen Weise, doch lieber angenommen wird, daß sie durch Dämonen in angenommenen Körpern aus dem Elemente der Luft, als fliegende Vögel dargestellt wurden, oder daß andere, natürliche Vögel, getrieben von den Dämonen, jene dargestellt hätten.




  1. Ich versuche das schöne Wort quidditativa des Textes ebenso schön wiederzugeben!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gegewesen