Der Hexenhammer (1923)/Erster Teil, Dreizehnte Frage

<<< Erster Teil, Dreizehnte Frage >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Der Hexenhammer (1923)
Seite: {{{SEITE}}}
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
[[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der Wikipedia]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[[Index:{{{INDEX}}}|Wikisource-Indexseite]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Es wird die Frage erklärt über die beiden Zulassungen Gottes, die er mit Recht zuließ, nämlich, daß der Teufel, der Urheber alles Bösen, sündigte und zugleich die beiden Eltern fielen, wonach die Werke der Hexen mit Recht zugelassen werden, dreizehnte Frage.

Die zweite Frage und Feststellung zugleich ist, daß Gott mit Recht erlaubt, daß gewisse Engelkreaturen, die er anders nicht zulassen konnte, wenn sie nicht sündigen konnten, auch wirklich sündigten; und daß er auf ähnliche Weise gewisse geschaffene Kreaturen durch Gnade bewahrt, und zwar vor offener Versuchung. Den Menschen aber ließ er mit Recht versucht werden und sündigen, was alles so erklärt wird.

Es gehört nämlich zur göttlichen Vorsehung, daß jedes Einzelwesen in seiner Natur gelassen und in seinem natürlichen Handeln durchaus nicht gehindert werde, weil, wie Dionysius de div. nom. 4 sagt: „Vorsehung nicht Vernichtung, sondern Erhaltung der Natur ist." Wenn dies feststeht, und da es offenbar ist, daß wie das Gute eines Volkes göttlicher ist als das Gute eines einzelnen Menschen, Eth. 1, so auch das Gute des Universums das Einzelgute jeder einzelgeschaffenen Natur übertrifft, so muß man auch beachten, daß, wenn die Sünde vollständig verhindert würde, dadurch viel [sic! viele] Grade der Vollkommenheit aufgehoben würden. Denn es würde jene Natur aufgehoben, die sündigen und nicht sündigen kann; sagte man dies, so hätte (der Mensch) diese Gabe nach dem Gesagten nach dem Wesen seiner Natur besessen.

Es wird geantwortet, wenn keine tatsächliche Sünde gefolgt wäre, sondern sofort Bestärkung, dann immer verborgen bliebe, was für Dank man Gott schuldete an dem Guten, und was die Macht der Sünde vermocht hätte und anderes mehr: Nähme man dies, so würde schlechterdings dem Universum viel entzogen. Auch gehörte es sich, daß er sündigte, ohne daß jemand von außen wirkte, sondern daß er die Gelegenheit zur Sünde aus sich selbst nahm, wie er auch tat, da er Gott gleich sein wollte, was zu verstehen ist nicht einfach und direkt, auch nicht indirekt, sondern allein nach dem was; und dies wird erklärt auf Grund der Autorität des Jesaias XIV: „In den Himmel werde ich steigen und werde dem Höchsten gleich sein;“ nämlich nicht einfach und direkt, weil er dann einen beschränkten und irrigen Verstand gehabt hätte, indem er etwas erstrebte, was für ihn unmöglich war: Denn er erkannte, daß er eine Kreatur und von Gott geschaffen sei; und deshalb wußte er, daß dem Schöpfer gleich zu werden für ihn unmöglich sei. Aber auch nicht indirekt, weil, da das ganze Gute des Engels und der Kreatur darin liegt, daß er Gott untertan ist, so wie die ganze Klarheit der Luft darin liegt, daß sie den Strahlen der Sonne ausgesetzt ist: Darum dies vom Engel nicht erstrebt werden konnte, weil er sonst gegen das Gute der Natur gestrebt hätte; sondern er erstrebte die Gleichheit mit Gott nicht absolut, sondern nach dem was; d. h.: Da Gott durch seine Natur zweierlei hat, Glückseligkeit und Gutheit, und ferner auch, daß von ihm die Glückseligkeit und Gutheit aller Kreaturen ausgeht, so wollte und erstrebte der Engel, der die Würde seiner Natur ansah, die allen Kreaturen voran war, daß von ihm auf alles Untere Glückseligkeit und Gutheit ausginge, und zwar durch seine natürlichen Kräfte, so daß er jenes zuerst hätte von seiner Natur, und die anderen Kreaturen es dann empfingen aus dem Adel seiner Natur. Und weil er das von Gott zu erhalten erstrebte, indem er auch unter Gott sein wollte, wenn er jenes nur bekäme; so wollte er also auch Gott nicht gleich sein in der Art des Habens, sondern nur nach dem was.

Bemerke auch, daß, weil er jenen Wunsch faßte, um ihn in die Tat umzusetzen, er denselben auch anderen schnell auseinandersetzte; und weil auch bei den anderen Engeln sofort das Bild des Gewünschten aufstieg und sie ihm verkehrterweise beistimmten, deshalb übertraf und übermeisterte die Sünde des ersten Engels die der anderen durch die Größe der Schuld und die Kausalität, nicht jedoch durch die Dauer. So heißt es Apocalypse 12: „Der Drachen, der vom Himmel fiel, zog den dritten Teil der Sterne mit sich.“ Er ist dargestellt in der Gestalt des Leviathan. Er ist der König über alle Söhne des Uebermutes, und König heißt nach dem Philosophen, Metaph. 5 das Haupt, insofern es durch seinen Willen und seine Herrschaft die bewegt, die ihm untergeben sind. So war auch seine Sünde die Veranlassung zur Sünde der anderen, so daß er, selbst zuerst von keinem äußerlich versucht, die anderen von außen versuchte. Und wenn gesagt ist, daß in allen jenen Engeln die Handlung augenblicklich stattfand, so wird dies aus der Sinnenwelt bewiesen: Denn zu gleicher Zeit sind Erleuchtung der Luft, Sehen der Farbe und Unterscheidung des Gesehenen. —

Dies habe ich ausführlichst behandelt, damit durch Betrachtung einer so staunenswerten göttlichen Zulassung bei den edelsten Kreaturen, wegen einer Sünde des Ehrgeizes, man sehe, wieviel mehr mit Recht er nicht die Einzelzulassungen bei den Werken der Hexen geschehen läßt, wegen der größeren Sünden bezüglich gewisser Umstände. Denn die Werke der Hexen überschreiten in verschiedener Hinsicht die Sünde des Engels und der ersten Eltern, wie sich im zweiten Teile zeigen wird.

Aber auch der Umstand, daß die Vorsehung Gottes mit Recht zuließ, daß der erste Mensch versucht würde und sündigte, kann aus dem, was von den gefallenen Engeln gesagt ist, genügend ersehen werden. Denn wie zu demselben Ende Engel und Mensch geschaffen und in der Freiheit des Willens gelassen waren, so daß sie den Lohn der Glückseligkeit nicht ohne Verdienst empfangen sollten, deshalb — wie der Engel vor dem Falle nicht bewahrt war, daß die Macht des Sündigens an dem einen und die Macht der Gnade an dem anderen zum Ruhme des Universums sich offenbarte — deshalb mußte es so auch am Menschen geschehen.

Daher sagt S. Thomas II, 23, 2: „Das, wodurch Gott lobenswert erscheint, darf durchaus nicht gehindert werden.“ Aber auch in den Sünden erscheint Gott lobenswert, da er aus Mitleid schont und mit Gerechtigkeit straft: Daher durfte die Sünde nicht gehindert werden. —

Nur kurz und rekapitulierend wollen wir zur Sache zurückgehen und sagen, daß aus vielen Gründen die gerechte Vorsehung Gottes den Menschen hierbei zuläßt: Erstens, daß Gottes Macht gezeigt werde, der allein unwandelbar ist; jede Kreatur aber ist wandelbar. Der zweite Grund ist, daß die Weisheit Gottes geoffenbart werde, die es versteht, aus dem Schlechten das Gute hervorzubringen, was nicht hätte geschehen können, wenn Gott die Kreatur nicht hätte sündigen lassen: Drittens, daß Gottes Gnade ersichtlich werde, in welcher Christus durch seinen Tod den verlorenen Menschen befreit hat; viertens, daß Gottes Gerechtigkeit gezeigt werde, die nicht nur den Guten Belohnungen, sondern auch den Bösen Strafen zuteilt; fünftens, daß der Mensch nicht in schlechteren Verhältnissen sei als die anderen Kreaturen, welche Gott alle so leitet, daß er sie nach eigenen Trieben handeln läßt; daher mußte er auch den Menschen im eigenen Willen lassen; sechstens ist es das Lob des Menschen, das Lob nämlich des Gerechten, der (das Gesetz) übertreten konnte und es nicht tat; siebentens ist es die Zier des Universums, weil, wie dreifaches Uebel gefunden wird, nämlich der Schuld, der Strafe und der Schädigung, so im Gegensatze dazu dreifaches Gut: Der Sittlichkeit, der Freude und des Nutzens. Denn durch die Schuld wird die Sittlichkeit, durch die Strafe die Ergötzung, durch den Schaden der höchste Nutzen gehoben; und dadurch ist die Antwort auf die Argumente klar.

Lösungen der Argumente.

Erstens, wenn es heißt, zu behaupten, daß dem Teufel die Macht zugestanden wurde, die Menschen zu schädigen, sei ketzerisch, so ist vielmehr das Gegenteil klar, daß, wie die Behauptung, Gott ließe nicht zu, daß der Mensch nach der Freiheit des Willens sündige, wenn er will, ketzerisch ist, ebenso auch die Behauptung, er lasse die Sünden ungerächt: Dies aber geschieht durch die Macht, den Menschen zu schaden, zur Strafe der Schlechten und zur Zierde des Universums, nach dem Worte des Augustinus, Soliloq.: „Du hast befohlen, Herr, und so ist es, daß niemals die Schmach der Schuld ohne den Ruhm der Rache sei.“

Der Beweis des Argumentes vom weisen Vorseher gilt nichts, der so viel als möglich den Mangel und das Böse ausschließt, weil es etwas anderes ist mit dem, der Einzelsorgen hat und mit dem allgemeinen Vorseher: Denn der erstere kann aus dem Bösen nicht das Gute hervorbringen, wie es der allgemeine Vorseher tut, was aus dem Vorhergehenden klar geworden ist.

Zweitens hat es sich klärlich gezeigt, daß die Macht wie die Gutheit und Gerechtigkeit Gottes daraus erhellten, daß er das Böse zuläßt. Wenn daher gesagt wird, Gott kann das Böse entweder verhindern oder nicht, so wird gesagt, er kann es, aber er braucht es nicht, nach den vorher aufgestellten Gründen. Auch gilt der Einwurf nichts, wenn es heißt, also will er, daß Böses geschehe, wenn er es verhindern kann, aber nicht verhindern will: Gilt nichts, weil, wie in den Argumenten für die Wahrheit aufgestellt ist, Gott das Böse nicht wollen kann; noch will er, daß das Böse geschieht, noch will er, daß das Böse nicht geschieht, sondern er will zulassen, daß das Böse geschehe, und zwar wegen der Vollkommenheit des Universums.

Drittens: Augustinus und der Philosoph sprechen von der menschlichen Erkenntnis, für die es aus zwei Gründen besser ist, das Böse und Gemeine nicht zu erkennen: Erstens, weil wir dadurch bisweilen von der Erwägung des Bösen abgezogen werden, und dies geschieht, weil wir nicht vieles zugleich erkennen können; und auch aus dem Grunde, weil das Erwägen des Bösen den Willen manchmal zum Bösen wendet. Dies hat aber in Gott keinen Raum, der alle Werke der Menschen und Hexer erkennt, ohne ein Fehl.

Viertens: Der Apostel will die Sorge Gottes von den Ochsen fern sein lassen, um zu zeigen: Weil die vernunftbegabte Kreatur durch den freien Willen Gewalt hat über ihre Handlungen, wie gezeigt ist, deshalb hat Gott, damit ihr etwas zur Schuld oder zum Verdienste angerechnet und ihr danach Strafe oder Belohnung zuteil würde, besondere Vorsehung walten lassen über ihr, wonach Unvernünftiges nicht der Vorsehung unterworfen ist.

Aber behaupten zu wollen, daß die Einzelwesen unter den unvernünftigen Kreaturen auf Grund jener Autorität nicht der Vorsehung Gottes teilhaftig würden, wäre Ketzerei, weil das behaupten hieße, daß nicht alles der göttlichen Vorsehung untergeben sei, gegen das Lob der göttlichen Weisheit in der Schrift, die von Ende zu Ende kräftig wirkt und alles lieblich fügt; und es wäre der Irrtum des Rabbi Moses, wie in den Argumenten für die Wahrheit klar geworden.

Fünftens, weil der Mensch nicht der Einrichter der Natur ist, sondern nur die natürlichen Handlungen seiner Kunst und Kraft zu seinem Gebrauche verwendet, deshalb erstreckt sich die menschliche Vorsehung nicht auf das Notwendige, was von Natur geschieht, wie z. B. daß morgens die Sonne aufgeht; worauf sich jedoch die Vorsehung Gottes erstreckt, weil er selbst der Urheber der Natur ist. Daher würden auch die natürlichen Fehler, auch wenn sie aus dem Laufe der Natur hervorgingen, doch der göttlichen Vorsehung unterworfen sein, weshalb auch Demokritos und die anderen Naturphilosophen irrten, die allein der Notwendigkeit des Stoffes zuschrieben, was auf Erden geschah.

Endlich, mag auch alle Strafe wegen der Sünde von Gott verhängt werden, so werden doch nicht immer die größten Sünder von Hexereien getroffen, entweder, weil der Teufel nicht will, daß er die peinige und versuche, die er mit Fug und Recht als die Seinigen ansehen kann, oder deshalb, daß sie nicht zu Gott eilen, nach dem Worte: „Vervielfältigt sind die Schwächen, danach sie (zu Gott) geeilt sind usw.;“ und daß jede Strafe von Gott wegen der Sünden verhängt wird, ist ersichtlich aus den folgenden Worten des Hieronymus: „Alles, was wir leiden, verdanken wir unseren Sünden.“

Jetzt wird nun erklärt, daß die Sünden der Hexer schwerer sind als die der bösen Engel und der ersten Eltern. Wie daher Unschuldige gestraft werden infolge der Schuld der Eltern, so werden auch viele Unschuldige geschädigt und behext wegen der Sünden der Hexer.