Der Hexenhammer (1923)/Dritter Teil, Einunddreißigste Frage

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Einunddreißigste Frage. Über (die Art, das Urteil zu fällen über) einen, der überführt und ertappt ist, jedoch alles leugnet.

Die zwölfte Art, einen Glaubensprozeß abzuschließen und zu beendigen, ist es, wenn der wegen ketzerischer Verkehrtheit Angezeigte nach sorgfältiger Erörterung der Werte des Prozesses zusammen mit einem guten Rate von im Recht Erfahrenen als in der Ketzerei durch die Evidenz der Tat oder gesetzmäßige Vorführung von Zeugen, jedoch nicht durch eigenes Geständnis überführt befunden wird; und zwar liegt dieser Fall vor, wenn der Angezeigte gesetzmäßig irgend einer ketzerischen Verkehrtheit überführt wird, entweder durch die Evidenz der Tat, weil er nämlich öffentlich Ketzerei getrieben hat, oder durch gesetzmäßige Zeugen, gegen die der Angezeigte gesetzmäßig nicht hat Einwendungen machen können. Dennoch aber verharrt er, so überführt und ertappt, fest beim Leugnen und sagt standhaft aus, nach den Bemerkungen von Hostiensis, in seiner Summa, tit. de haer., § qualiter quis in haeresim deprehendatur, et patuit supra qu. XXXIV.

Bezüglich eines solchen ist folgende Praktik zu beobachten: Ein solcher ist in hartem Gefängnis in Fußschellen und Ketten zu halten und häufig von den Offizialen zusammen und einzeln, für sich und durch andere nachdrücklich zu ermahnen, daß er ihnen die Wahrheit enthülle, wobei sie ihm andeuten, daß, wenn er es tut und seinen Irrtum gesteht, er zur Barmherzigkeit zugelassen wird, indem er zuvor jene ketzerische Verkehrtheit abschwört; wenn er es aber nicht will, sondern beim Leugnen verharrt, er schließlich dem weltlichen Arme überlassen wird und dem zeitlichen Tode nicht wird entgehen können.

Wenn er, schon längere Zeit bescholten und beobachtet, beim Leugnen bleibt, sollen der Bischof und die Offizialen bald zusammen, bald einzeln, jetzt für sich, dann durch andere rechtschaffene Männer, bald den einen Zeugen, bald den anderen zu sich kommen lassen und ihn belehren, daß er beachten solle, was er ausgesagt hat, und ob er wahr geredet hat oder nicht, damit er nicht sich selbst ewig, und den anderen zeitlich verdamme; und wenn er sich scheue, solle er es ihnen wenigstens heimlich sagen, damit nicht der Angezeigte ungerechterweise sterbe; und zwar sollen sie sich bemühen, solche Worte zu reden, daß sie klar sehen, ob sie die Wahrheit gesagt haben oder nicht. Wenn die Zeugen, so wie sie belehrt sind, bei der Bejahung und der Angezeigte beim Leugnen verharren, mögen der Bischof und die Offizialen auch daraufhin noch nicht sogleich das Geschäft durch Urteilsspruch beschließen und ihn als solcherweise Ertappten dem weltlichen Arme übergeben, sondern sollen ihn noch länger festhalten, indem sie jetzt den Angezeigten zur Bejahung, dann die Zeugen, jedoch einzeln, zur rechten Durchmusterung ihres Gewissens zu bringen suchen; und besonders sollen der Bischof und die Offizialen auf denjenigen Zeugen ihre Aufmerksamkeit richten, der, wie sie sehen, besser zum Guten veranlagt ist und ein besseres Gewissen zu haben scheint. In ihn sollen sie länger dringen, ob die Sache sich so verhalten hat, wie er ausgesagt hat, oder nicht, indem sie sein Gewissen belasten; und wenn sie sehen, daß ein Zeuge schwankt oder sonst Indizien gegen ihn vorhanden sind, um derentwillen er verdientermaßen für verdächtig gehalten wird, eine falsche Aussage gemacht zu haben, sollen sie ihn nach dem guten Rate Erfahrener verhaften und vorgehen, wie die Gerechtigkeit es raten wird. Denn man hat häufiger und häufiger in Erfahrung gebracht, daß ein so durch glaubwürdige Zeugen Ertappter, nachdem er lange beim Leugnen verharrt hatte, seine Verkehrtheit enthüllt und die Wahrheit, die er schon länger geleugnet hat, dann von freien Stücken gesteht, wenn er zum Herzen zurückgebracht und besonders, wenn er wahrheitsgemäß belehrt wird, daß er nicht dem weltlichen Arme übergeben werden, sondern zur Barmherzigkeit zugelassen wird; und häufig hat man gefunden, daß Zeugen, von Bosheit getrieben und von Feindseligkeit überwunden sich gegenseitig zusammengetan haben, um einem Unschuldigen ketzerische Verkehrtheit nachzusagen; und später, auf die häufige Belehrung seitens des Bischofs und der Offizialen hin, durch die Gewissensbisse ermüdet und von Gott aus inspiriert widerrufen, was sie gesagt haben, und gestehen, daß sie ihm boshafterweise eine solche Schandtat nachgesagt hätten. Daher muß man mit dem Urteile über einen solchen, so Ertappten nicht eilen, sondern man muß auf ihn längere Zeit warten, ein Jahr oder mehrere, bevor er so dem weltlichen Gerichtshofe übergeben wird.

Wenn der also Angezeigte, gesetzmäßig Ertappte, nachdem man diese angemessene Zeit auf ihn gewartet und gebührenden Eifer (ihn umzustimmen) angewendet hat, seine Schuld anerkannt und gerichtlich gestanden hat, daß er zur vorgenannten Zeit in ketzerischer Verkehrtheit verstrickt gewesen ist und einverstanden ist, diese und (überhaupt) jede Ketzerei abzuschwören und als sowohl durch eigenes Geständnis als durch gesetzmäßige orführung von Zeugen Ertappter eine entsprechende Genugtuung nach dem Gutdünken des Bischofs und Inquisitors zu leisten, soll er als bußfertiger Ketzer alle Ketzerei öffentlich in der Form abschwören, von der in der oben stehenden achten Art, einen Glaubensprozeß abzuschließen, gehandelt wird, wo von solchen (Delinquenten) gehandelt wird.

Wenn er aber so gestanden hat, daß er so in Ketzerei verfallen ist, aber in ihr mit hartnäckigem Sinne stehen bleibt, soll er als unbußfertig dem weltlichen Arme überlassen und mit ihm in der Weise verfahren werden, über die oben in der zehnten Art, einen Glaubensprozeß abzuschließen, gehandelt wird, wo von solchen (Delinquenten) gehandelt wird.

Wenn aber der Ertappte selbst beständig beim Leugnen bleibt, aber die Zeugen selbst von ihrer Bejahung zurücktreten, indem sie ihr Zeugnis widerrufen und ihre Schuld anerkennen, daß sie, von Ränkesucht und Haß getrieben oder durch Bitten resp. Bestechung geleitet, einem Schuldlosen eine so große Schandtat nachgesagt haben, sollen sie, während der Angezeigte selbst als schuldfrei vom Richter entlassen wird, als falsche Zeugen, Ankläger oder Angeber bestraft werden, wie Paulus zu c. multorum und zwar über das Wort illos am Anfang de haer. bei Clemens bemerkt; und es soll das Urteil oder die Pönitenz gegen sie nach dem Gutdünken des Bischofs und der Richter gefällt werden, indem auf jeden Fall jedoch solche falschen Zeugen zu lebenslänglichem Kerker verurteilt und bei Wasser und Brot für die Tage ihres Lebens gebüßt werden, indem sie auch auf der Treppe vor den Türen der Kirche aufgestellt werden etc. Die Bischöfe sollen jedoch die Macht haben, die Strafe nach Jahr und Tag zu mildern oder auch zu verschärfen, in der Form folgenden Wortlautes.

Wenn aber ein solcherweise Ertappter, nachdem man ein Jahr oder länger oder eine andere längere, passende Zeit auf ihn gewartet hat, andauernd beim Leugnen und die gesetzmäßigen Zeugen beim Bejahen verharrt haben, sollen sich der Bischof und die Richter zurechtmachen, ihn dem weltlichen Arme zu überlassen, indem sie ihm einige rechtschaffene Männer schicken, Gaubenseiferer [sic! Glaubenseiferer] und besonders Fromme, die ihm nicht unangenehm, sondern vertraut und angenehm sind und ihm zu verstehen geben sollen, daß er dem zeitlichen Tode nicht entgehen kann, während er so beim Leugnen bleibt, sondern daß er an dem und dem Tage als unbußfertiger Ketzer der Macht des weltlichen Gerichtshofes übergeben werden soll. Nichtsdestoweniger schicke der Bischof und Offizial an den Landvogt resp. die Macht des weltlichen Gerichtshofes, daß er an dem und dem Tage und zu der und der Stunde an den und den Ort, jedoch außerhalb der Kirche, mit seiner Schar komme, um einen unbußfertigen Ketzer in Empfang zu nehmen, den sie ihm übergeben wollen; auch solle er öffentlich durch Ausruf an den Stellen, wo gewöhnlich auch die anderen Bekanntmachungen ausgerufen werden, bekannt machen lassen, daß alle an dem und dem Tage, zu der und der Stunde, an dem und dem Platze sein sollen, um die Predigt zu hören, die der Prediger über den Glauben halten wird, und daß der Bischof und Offizial dem weltlichen Arme einen hartnäckigen Ketzer übergeben wird. Wenn aber der vorgenannte Tag herankommt, der zur Fällung des Urteilsspruches bestimmt ist, sollen der Bischof und der Offizial an dem vorgenannten Orte sein, um den ebendort auf erhöhtem Standorte befindlichen Delinquenten, damit er von allen recht deutlich gesehen werde, nach Versammlung des Klerus und in Gegenwart des Volkes der Macht des weltlichen Gerichtshofes zu übergeben, die vor dem zu Übergebenden steht. Nachdem sich diese versammelt haben, soll das Urteil auf folgende Weise gefällt werden:

„Wir N. N., durch die göttliche Barmherzigkeit Bischof der und der Stadt oder Richter in den Ländern des und des Herrn, in Beachtung, daß du N. N., aus dem und dem Orte der und der Diözese und wegen der und der ketzerischen Verkehrtheit angezeigt worden bist (— es werde namhaft gemacht —) und wir uns vergewissern wollten, ob das, was uns über dich und gegen dich gesagt worden war, sich auf irgend eine Wahrheit stützte, und ob du in der Finsternis wandeltest oder im Lichte, sind wir dazu verschritten, uns zu unterrichten, die Zeugen recht sorgfältig zu vernehmen, dich vorzuladen und häufiger unter Eid zu verhören, Verteidigungen anzubringen und alles und jedes zu tun, was wir gemäß den kanonischen Bestimmungen tun mußten. Aber da wir deine gegenwärtige Sache mit dem gebührenden Ende abschließen wollten, haben wir einen feierlichen Rat von sowohl in der theologischen Fakultät als auch im kanonischen und bürgerlichen Rechte Erfahrenen sich vor uns versammeln heißen; und nachdem die Werte des Prozesses und alle und jede in gegenwärtiger Sache vorgeführten, hergeleiteten, behandelten und verhandelten (Punkte) besehen und sorgfältig erörtert worden sind, haben wir nach dem gleichermaßen gut verdauten und reifen Rate Vorgenannter, als gegen dich gesetzmäßig bewiesen gefunden, daß du so und so lange Zeit von ketzerischer Verkehrtheit angesteckt gewesen bist; und nun finden wir, daß du das und das getan und das und das gesagt hast (— es werde ausdrücklich genannt —), auf grund dessen es sich offenkundig ergibt, daß du gesetzmäßig in vorgenannter ketzerischer Verkehrtheit ertappt bist. Freilich, da wir wünschten, so wie wir es noch wünschen, daß du die Wahrheit geständest, von der vorgenannten Ketzerei abließest und zum Schoße der heiligen Kirche und zur Einheit des heiligen Glaubens zurückgebracht würdest, damit du so deine Seele rettetest und dem Höllentode sowohl der Seele als des Leibes entgingst, indem wir sowohl für uns als auch durch andere unseren Fleiß darauf verwandten und auf dich lange Zeit warteten, hast du, einer verworfenen Gesinnung preisgegeben, es doch verschmäht, dich an unseren gesunderen Rat zu halten; hast vielmehr bei hartnäckiger und störriger Leugnung verharrt und verharrst noch dabei mit verhärtetem Gemüte, was wir beklagend berichten und berichtend beklagen. Aber da die Kirche Gottes so lange Zeit gewartet hat, daß du abließest, indem du deine eigene Schuld erkenntest, du es aber nicht gewollt hast und nicht willst, sie auch weiter nichts weiß, was sie dir zu Dank und Lohn tun kann, deshalb, damit du den übrigen ein Beispiel seist und andere von derartigen Ketzereien abgehalten werden und so große Schandtaten nicht ungestraft bleiben, schließen, erklären und urteilen wir Erwähnten, Bischof und Richter in der Glaubenssache, sitzend vor dem Tribunal nach Art urteilender Richter, während die hochheiligen Evangelien vor uns liegen, damit im Angesichte Gottes unser Urteil ergehe und unsere Augen die Billigkeit sehen, indem wir Gott allein und den Ruhm und die Ehre des heiligen Glaubens vor Augen haben, daß du N. N., in unserer Gegenwart an diesem Tage, zu dieser Stunde und an dieser Stelle persönlich erschienen, die zur Vernehmung des endgiltigen Urteils bestimmt worden sind, ein unbußfertiger Ketzer und als solcher dem weltlichen Arme zu übergeben oder zu überlassen bist; und durch unseren Spruch verwerfen wir dich als einen hartnäckigen, unbußfertigen wirklichen Ketzer von dem geistlichen Forum und übergeben oder überlassen dich dem weltlichen Arme und der Macht des weltlichen Gerichtshofes, indem wir ebendiesen weltlichen Gerichtshof nachdrücklich bitten, daß er mit Bezug auf dich seinen Spruch so mäßigen möge, daß er diesseits der Blutvergießung und Todesgefahr bleibt. Gefällt ist dieser Spruch (etc.)“.

Es können aber der Bischof und die Richter bestimmen, daß einige rechtschaffene Männer und Glaubenseiferer, die dem dem [sic! die dem] weltlichen Gerichtshofe Überlassenen nicht unangenehm, sondern vertraut und angenehm sind, sich mit genanntem Überlassenen zusammentun, während der weltliche Gerichtshof an ihm seine Pflicht ausübt, die ihn trösten und noch dazu bringen sollen, daß er von seinen Irrtümern abläßt, indem er die Wahrheit gesteht und seine Schuld anerkennt. Wenn er vielleicht nach (Fällung des) Urteils und schon als Überlassener an den Ort geführt, wo er verbrannt werden soll, sagt, er wolle die Wahrheit gestehen und seine Schuld anerkennen, und so tut und bereit ist, eine derartige und jede andere Ketzerei abzuschwören, so kann zwar angenommen werden, daß er dies mehr aus Todesfurcht als aus Wahrheitsliebe tut; ich möchte aber glauben, daß er aus Barmherzigkeit als bußfertiger Ketzer angenommen und auf Lebenszeit eingemauert werden könne, nach der Glosse zu c. ad abolendam, § praesenti und dem Worte audentia, und nach c. excommunicamus II, de haer., wiewohl streng nach dem Gesetz auch einer solchen Bekehrung von den Glaubensrichtern nicht viel Vertrauen zu schenken ist, sie im Gegenteil ihn wegen der Antuung zeitlicher Schädigungen immer bestrafen können.