Textdaten
<<< >>>
Autor: Curt Mündel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Hausgeist in Walscheid
Untertitel:
aus: Volkstümliches aus dem Elsasz, in: Alemannia, Band XII, S. 104–105
Herausgeber: Anton Birlinger
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Adolph Marcus
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Bonn
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[104] 5 Der Hausgeist in Walscheid

Den 25 August 1746 erhielt ich (Calmet) einen Brief von einem achtbaren Manne, dem Curé der Pfarrgemeinde von Walscheid, einem Dorfe der Grafschaft Dagsburg in den Vogesen. In disem Briefe teilt er mir mit, daß er am 10 Juni 1740 um 8 Ur Morgens in der Küche in der Gegenwart seiner Nichte und Magd plözlich einen eisernen Topf zur Erde fallen sah, der drei oder vier Umdrehungen machte, one daß man bemerken konnte, daß in Jemand in Bewegung sezte. Einem Augenblick später wurde ein ziemlich schwerer Stein aus dem benachbarten Zimmer geworfen, one daß man sehen konnte, wer in warf. Am folgenden Tage um neun Ur Morgens wurden einige Fensterscheiben zertrümmert, durch welche mit einer fast übernatürlichen Geschicklichkeit Steine in das Zimmer geworfen wurden. Der Geist fügte keinem ein Leid zu und ließ sich nur des Tages hören. Der Curé gebrauchte die im Ritual vorgeschribenen Gebete, um das Haus zu segnen. Seit diser Zeit warf der Geist keine Fenster mer ein, aber er fur fort die Leute des Curé mit Steinen zu werfen, one sie jedoch jemals zu verlezen. Eines Tages als die Magd im Garten Kol pflanzte, riß er die Sezlinge nach und nach aus und trug sie auf einen Haufen zusammen. Die Magd hatte gut wettern, zu drohen und auf deutsch zu fluchen, der Geist fur fort mit seinen Neckereien. – Eines Tages fand man eine Schaufel ungefär zwei Fuß tief in die Erde gegraben, one daß man eine Spur erkennen konnte von dem, der sie so tief in die Erde eingerammt hatte. Auf der Schaufel fand man ein Band und daneben zwei Sousstücke, die die Magd am Abend vorher in einem kleinen Kasten verschloßen hatte. – Manchmal gefiel er sich darin, das Zinn- und Steingutgeschirr herabzunemen und es im Kreise in der Küche oder in der Kirchenhalle, ja selbst auf den Gottesacker aufzustellen und diß alles am hellen liechten Tage. Einstmals füllte er einen eisernen Topf mit Unkraut, Kleie und Blättern, goß Waßer darauf und trug in in den Laubengang des Gartens, ein andermal hieng er in über das Feuer an den Keßelhacken. Als die Magd einmal für das Abendbrot des Curé zwei Eier aufgeschlagen hatte, zerbrach der Geist hinter irem Rücken, als sie sich umdrehte, zwei andere. Als der Curé eines Tages vom Messelesen zurückkam, fand er sein ganzes Geschirr, seinen Hausrat, Brot, Milch und viles andere im ganzen Hause zerstreut. – Manchmal bildete der Geist auf dem Pflaster, bald mit Steinen bald mit Körnern oder Blättern Kreise und [105] in einem Augenblicke war vor den Anwesenden Alles durcheinander geworfen.

Dises Treibens überdrüßig ließ der Curé den Bürgermeister herbeirufen und erklärte im, daß er entschloßen sei das Pfarrhaus zu verlaßen. Inzwischen kam die Nichte des Pfarrers mit der Nachricht herein, daß der Geist die Kolpflanzen ausgerißen und in ein Erdloch Geld gelegt habe. Man gieng in den Garten und sammelte die Geldstücke; dabei stellte es sich heraus, daß diß eine Geldsumme sei, die der Curé an einem unverschloßenen Orte aufbewart hatte. – Einen Augenblick später lag das Geld vermischt mit fast wertlosen Kupferstücken in der Küche.

Als die Beamten des Grafen von Leiningen nach Walscheid kamen, giengen sie zu dem Curé und überzeugten in, daß diß alles Werk einer Hexerei sei, sie rieten zwei Pistolen zu nemen und sie in der Richtung abzufeuern, in der er irgend eine Bewegung bemerke. Zur selben Zeit steckte der Geist in die Tasche einer der Beamten zwei Silberstücke. Seit diser Zeit aber ließ der Geist nichts mer von sich hören.

Der Umstand mit den beiden Pistolen, die dem Treiben ein Ende machten, ließ dem Curé vermuten, der Kobold wäre kein anderer als ein gewißes misratenes Mitglid seiner Gemeinde, den er notgedrungen aus derselben ausgeschloßen hatte und der aus Rache dises Gaukelspiel veranstaltet hätte. Wenn dem so ist, so hat er sich unsichtbar gemacht oder besaß die Macht an seiner Stelle seinen Schuzgeist zu schicken, der wärend einiger Wochen den Curé quälte. Aber wenn er nicht körperlich in dem Hause war, wie hatte er die Pistolenschüße zu fürchten, die man auf in abzufeuern drohte und wenn er körperlich da war, wie konnte er sich unsichtbar machen?

Calmet I p. 194.