Der Geist des Junkers auf Niedegg

Textdaten
Autor: C. W.
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Titel: Der Geist des Junkers auf Niedegg
Untertitel:
aus: Leyer-Klänge. Eine Sammlung Balladen, Romanzen, Legenden und Volkssagen aus der Vorzeit Ulms und seiner nächsten Umgebung.
S. 23-26
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1834
Verlag: Fr. M. Mangold
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Erscheinungsort: Blaubeuren
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Sagenballade zu Burg Neideck/Neidegg im Blautal unter Verwendung des Motivs der feindlichen Brüder
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[23]
Der Geist des Junkers auf Niedegg

Sage aus dem Blauthal.

Was wimmert dort im Mondenschein
     So schaurig von dem Rande
Des Waldes – hu! am Felsgestein
     Ein Geist im Luft-Gewande

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Mit einer Armbrust schleichts umher

Und Seufzer tönen tief und schwer
     Hervor aus seinem Busen!

Und traurig schaut es über’n Grund
     Hinüber zu den Trümmern

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Wo einst die Veste Arnegg stund

     Mit Aechzen und mit Wimmern
Dann hebt der Geist sich riesengroß
Schnellt von der Wehr den Bolzen los
     Und – fließt in Nebel-Wolken.

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Der Schatten g’hört dem Junker an

     So geht die alte Mähre
Der einst als Hugo Lobe san
     In Macht und Glanz und Ehre
Auf Niedegg hauste felsenfest

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Das wie ein steiles Adler-Nest

     Ins Thal herunter blickte.

Und drüben über’m engen Thal
     Des Junkers Bruder Diether
Saß in dem hohen Waffensaal

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     So finster und so bitter

Denn hören mußte er zur Stund
Von einem Mönch die arge Kund
     „Daß Hugo ein Bastarde.“

Nicht länger will er nun mit ihm

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     Der Ahnen Güter theilen

Bricht aus dem Thor mit wildem Grimm
     Die tiefe Schmach zu heilen –
Und nur die Burg auf Felsen-Spitz
Bleibt fürder Hugo als Besitz

35
     Vor seines Feindes Waffen. –


[25]
Da feyerte nach Jahr und Tag

     Auf Arneggs Schloß Altane
Beym rauschenden Banket-Gelag
     Voll froher Zech-Kumpane

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Die Hochzeit seines Mägdleins fein

Mit einem Edlen von dem Rhein
     Der alte graue Diether

Wie schmetterte Trompetenschall
     So lustig durch die Lüfte

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Wie wirbelten die Paucken all

     So laut durch Thal und Klüfte
Und seidne Fahnen reich von Gold
Sie wehn vom Söller, wo so hold
     Die Braut den Wein kredenzte.

50
„Ha dieser Jubel mir zum Spott

     Auf Söller und auf Mauer
Schwört Hugo, soll beim heil’gen Gott
     Vergehn zur Stund in Trauer!“
Er stürtzt hinauf zur Thurmes Spitz

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Späht lauernd nach der Freude Sitz

     Von wo die Klänge schallten.

[26]
In mitten saß Herr Dieterich

     Im blauen Sammt-Gewande
Um ihn die Gäste männiglich

60
     An der Altane Rande

Da zielt der Junker – und es schwirrt
Der Bolzen, rücklings sinkt der Wirth
     Verröchelnd hin zu Boden.

Drum wimmert auch im Felsenschlund

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     So schaurig von dem Rande

Des Waldes, wo der Wachthurm stund
     Der Geist im Luft-Gewande
Drum wandelt er seit jener Zeit
So oft der Vollmond sich erneut

70
     Und schnellt den Pfeil vom Bogen. –