Der Geist des Junkers auf Niedegg
Sage aus dem Blauthal.
Was wimmert dort im Mondenschein
So schaurig von dem Rande
Des Waldes – hu! am Felsgestein
Ein Geist im Luft-Gewande
Und Seufzer tönen tief und schwer
Hervor aus seinem Busen!
Und traurig schaut es über’n Grund
Hinüber zu den Trümmern
Mit Aechzen und mit Wimmern
Dann hebt der Geist sich riesengroß
Schnellt von der Wehr den Bolzen los
Und – fließt in Nebel-Wolken.
So geht die alte Mähre
Der einst als Hugo Lobe san
In Macht und Glanz und Ehre
Auf Niedegg hauste felsenfest
Ins Thal herunter blickte.
Und drüben über’m engen Thal
Des Junkers Bruder Diether
Saß in dem hohen Waffensaal
Denn hören mußte er zur Stund
Von einem Mönch die arge Kund
„Daß Hugo ein Bastarde.“
Nicht länger will er nun mit ihm
Bricht aus dem Thor mit wildem Grimm
Die tiefe Schmach zu heilen –
Und nur die Burg auf Felsen-Spitz
Bleibt fürder Hugo als Besitz
Auf Arneggs Schloß Altane
Beym rauschenden Banket-Gelag
Voll froher Zech-Kumpane
Mit einem Edlen von dem Rhein
Der alte graue Diether
Wie schmetterte Trompetenschall
So lustig durch die Lüfte
So laut durch Thal und Klüfte
Und seidne Fahnen reich von Gold
Sie wehn vom Söller, wo so hold
Die Braut den Wein kredenzte.
Auf Söller und auf Mauer
Schwört Hugo, soll beim heil’gen Gott
Vergehn zur Stund in Trauer!“
Er stürtzt hinauf zur Thurmes Spitz
Von wo die Klänge schallten.
Im blauen Sammt-Gewande
Um ihn die Gäste männiglich
Da zielt der Junker – und es schwirrt
Der Bolzen, rücklings sinkt der Wirth
Verröchelnd hin zu Boden.
Drum wimmert auch im Felsenschlund
Des Waldes, wo der Wachthurm stund
Der Geist im Luft-Gewande
Drum wandelt er seit jener Zeit
So oft der Vollmond sich erneut