Der Frauenfeind
[51] Der Frauenfeind. Mit offenem Visir tritt er vor die Frauenwelt, geharnischt von Kopf zu Fuß, und nur ein leises Lächeln, das um seine Lippen spielt, beweist, daß er es doch nicht ganz so schlimm meint, wie es den Anschein hat. Wir sprechen von einer neuen Monatsschrift, von Ferdinand Groß herausgegeben, welche diesen Titel führt. Freilich hat der Herausgeber Recht, wenn er meint, es sei ihm jede Aussicht geraubt, nach seinem Tode als armer Frauenlob von weiblichen Händen zu Grabe getragen zu werden; dagegen hofft er, daß die vernünftigen Frauen sich um seine Fahne scharen werden; denn es gelte ja nur den Kampf gegen den maßlos angewachsenen Frauenkultus – und darum wendet sich die Zeitschrift sogar in erster Linie an die Leserinnen und bittet um ihre Zustimmung. Nicht gegen das Weib, ruft Max Nordau, der jedenfalls auch in anderer Weise begraben werden wird als Frauenlob, richtet sich der Zorn der Wahrheitsfreunde, sondern gegen den Mann, der den lächerlichen und blödsinnigen Weiberkultus treibt. Gleichwohl rathen wir auch den Frauen, diesem dem Anschein nach so wohlwollenden Gegner aus dem Wege zu gehen; denn er versetzt wahre Keulenschläge den Vergötterern des Weibes; die Hälfte davon geht aber daneben und trifft das Weib selbst. Nun, deutlich genug ist der Strohwisch auf dem Titel der Zeitschrift, um die Frauen zu warnen, daß sie nicht Pfade wandeln, wo ihnen solch eine ungalante Begegnung mit einigen Rippenstößen den Weg versperrt.
Am schlimmsten ergeht es den schriftstellernden Frauen: die Blaustrümpfe
werden in Vers und Prosa arg mitgenommen. Die litterarische
Frauenarbeit wird als eine weibliche Handarbeit geschildert, die
meist verderblich wirke. Glücklicher Weise werden Ausnahmen zugelassen;
es ist von den „wenigen talentvollen Schriftstellerinnen“ die Rede, und
diese seien zum Theil gerade in Oesterreich zu Hause. Der in Wien
erscheinende „Frauenfeind“ sichert sich wenigstens gute Nachbarschaft.
Nun, die erfolgreichsten Schriftstellerinnen leben nicht an der blauen
Donau – das wenigstens ist eine Thatsache. Ueberhaupt muß doch
jedes litterarische Werk für sich selbst sprechen: es kommt zunächst nicht
darauf an, ob es einen Verfasser oder eine Verfasserin hat. Wir haben
geistreiche Schriftstellerinnen wie die George Sand und die Fanny Lewald;
wir haben andere, die mit der Lust zu fabuliren eine lebendige Phantasie
und ein gefälliges Darstellungstalent vereinigen, wie die Schriftstellerinnen
der „Gartenlaube“. Ein Roman soll das Lesepublikum fesseln: das gehört
mit zu den Eigenschaften, welche auch die strenge Kritik von ihm
verlangen darf. Und wenn das den Schriftstellerinnen besser gelingt als
vielen Schriftstellern: ist denn das ein Unglück, welches der Litteratur
Verderben bringt? Man schimpft auf die Blaustrümpfe: nun, so mache
man’s besser als sie. Der „Frauenfeind“ darf freilich vor dem weiblichen
Talent nicht salutiren, sonst würde er ja fahnenflüchtig werden. Immerhin
bleibt seine Aufgabe schwierig, immerfort mit grimmer Miene und
in herausfordernder Stellung dem „ewig Weiblichen“ gegenüberzustehen,
das ja unsern großen Dichter „hinangezogen“ hat. †