Der Cotta'sche Musenalmanach

Textdaten
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Titel: Der Cotta'sche Musenalmanach
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 839–840
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[839] Der Cottasche Musenalmanach hat sich in der künstlerisch anmutenden Gestalt, die er bei seinem Wiederaufleben im Verlage der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger erhalten hat, so viele Freunde erworben, daß der eben erschienene fünfte Jahrgang sich von vornherein warmer Sympathien erfreuen darf. Die kritische Prüfung des schönen Bandes, der [840] wie die früheren von Otto Braun zusammengestellt ist, bestätigt die ihm entgegengebrachten Erwartungen. Die Erzählungen in Prosa eröffnen wie immer die Sammlung. „Rafaela“ von Frau Henriette Keller-Jordan hat tropische Farbenpracht; die Muse der Verfasserin ist ja in Mittelamerika zu Hause. Tropisch sind auch die Frauencharaktere. „Der edle Ferdinand“, eine Novelle von Ernst Lenbach, erinnert an die westfälischen Charakterköpfe, wie sie Levin Schücking in seinen Romanen in humoristischer Beleuchtung gezeichnet hat. Auch die Erzählung von Ernst Eckstein „Pastor Vigelius“ genießt des Vorzugs eines fein gestimmten Humors. Unter den poetischen Erzählungen und Balladen finden sich Erzeugnisse unserer beliebtesten Dichter. Georg Ebers erzählt uns ein Märchen in Versen, „Engelshilfe“, oder vielmehr eine Legende, die mit einer reizenden Vignette, den Rosengesichtern der Kinder unter dem Rosenflor des Häuschens, beginnt. Die Seele eines gestorbenen Schwesterchens wird der Schutzgeist des ihr nachweinenden Brüderchens. Es folgt ein Gedicht von Adolf Wilbrandt, „Am Kamin“, tiefsinnig und reich an genialen Wendungen; dann ein ergreifendes Gedicht: „Wie die Jugend liebt“, von Isolde Kurz, eine Heiligengeschichte mit nordischem Kolorit von Heinrich Kruse, „Die Bekehrung“, „Das Begräbnis“ von Karl Woermann, eine Künstlergeschichte in feierlichen Terzinen, „Der Prophetenschüler“ von Adolf Stern, mit mächtigem Psalmenschwung, „Guido Reni im Kerker bei Beatrice Cenci“, ein Gedicht Hermann Linggs von leidenschaftlicher Bewegtheit, und andere. Daß unter den lyrischen und vermischten Gedichten auch die höhere Kunstform vertreten und gewahrt ist, beweisen die formschönen Sonette aus Palermo von Julius R. Haarhaus, die antiken Oden von Ferdinand v. Saar und Karl Weitbrecht; doch auch sonst sind die Gedichte fast alle tadellos, im strophischen Aufbau, ini metrischen Fluß. Es sind ja auch hier unsere besten Dichter vertreten. Der „Nestor der schwäbischen Dichter“, J. G. Fischer, und sein ihm ebenbürtiger Landsmann Ed. Paulus fehlen ebensowenig wie der Sänger des Rheins, Emil Rittershaus, und der in München eingebürgerte Wilhelm Hertz, dessen gedankentiefe Apostrophe an die „Sternennacht“ diese Abteilung weihevoll einleitet. Wenn wir noch die Beiträge von Felix Dahn, Arthur Fitger, Max Kalbeck, Alb. Möser, Graf Wickenburg, Ernst Ziel, Angelika v. Hörmann, Karl Busse, Max Hartung hervorheben, so ist das Rühmenswerte damit doch keineswegs erschöpft. Wie die Ausstattung des stilschönen Seideneinbands sind auch die sechs Kunstbeilagen, teils stimmungsvolle Landschafts-, teils Figurenbilder von alten und neuen Meistern, eine treffliche Ergänzung des poetischen Inhalts. Für Freunde der Poesie ist der „Musenalmanach“ eines der empfehlenswertesten Festgeschenke.