Der Arzt
Von der Krankheit Glut verzehret
Lag des Königs einz’ger Sohn.
Alles, was die Kunst gewähret,
Ward zur Rettung seines Lebens
Allem sprach das Uebel Hohn.
Und der Vater saß am Bette,
Sah des Sohnes Leben fliehn:
O wer ist, der mir ihn rette?
Was er fordert soll er haben,
Nur erhalten soll er ihn!
Aber auf dem stillen Zimmer
Härmt die junge Mutter sich
Ließ um sie der Jüngling werben,
Und sie sieht den Liebling sterben,
Dessen Bild ihr nie erblich.
Und die letzten Kräfte schwanden,
Da erscheint aus fernen Landen
Noch ein Mann in weißen Haaren,
Der des Fürsten Noth erfahren,
Reich an Kunst und weisem Rath.
Und es sieht der kluge Mann,
Wenn nicht alle Zeichen trogen,
Steckt des Uebels Grund im Herzen,
Liebe machte diese Schmerzen,
Tiefer sucht er nun zu spüren;
Unter schlau erdachtem Grund
Läßt er zu dem Prinzen führen,
Reich an Reizen, alle Schönen,
Doch es giebt sich nichts ihm kund.
Nur wenn in des Sohnes Zimmer
Sich die Königinn begiebt,
Sieht er einen hellen Schimmer
Seine bleichen Wangen blühen:
Wär’ es diese, die er liebt?
Heimlich lauscht er oft verborgen,
Ob er auch die Wahrheit fand.
An des Jünglings Herzen nagen
Hoffnungsloser Liebe Plagen,
Die er nimmer noch gestand.
Doch wie einst in heissen Thränen
Da ergreifet ihn ein Sehnen,
Seine Liebe zu ergießen,
Und er sinkt zu ihren Füßen,
Sammelnd seine letzte Kraft:
Zu entweihn der Pflicht Gebot!
Doch am Ziele meiner Tage
Sprengt die Liebe diese Ketten;
Nicht mein Leben kannst du retten,
Ha! warst du nicht mir versprochen?
Wessen Arm zerriß das Band?
Deine Fesseln sind gebrochen;
Liebe hat dich mir geweihet,
Dieser Ring sey Hymens Pfand!
Nicht mehr Mutter; nein, Geliebte!
Jetzt hat uns ein Gott getraut.
Was das Leben mir verübte,
Liebe soll mich sterbend letzen,
Sterbend sey du meine Braut!
Sieh! schon öffnen sich die Thore,
Und der dunkle Hades winkt
Unsern Brautgesang erschallen?
Auf! ich will voran dir wallen,
Folge bald – er spricht’s und sinkt.
Doch von Liebe hingerissen
Und als sie mit heissen Küssen
Ihn von Hades finstern Stufen
Sucht zurück an’s Licht zu rufen,
Oeffnet schnell sich das Gemach.
Sieht die Gattinn, sieht den Sohn.
Tief in seinem Busen streitet
Ein Gewühl von wilder Regung;
Doch die edlere Bewegung
Und er wirft sich bei ihm nieder:
Höre deines Vaters Schwur!
Kehr’, o kehr’ in’s Leben wieder,
Und erhält nur dies dein Leben,
Aber leb’, o lebe nur!
Und schon an des Orkus Schwellen,
Kehrt des Jünglings Geist zurück
Zu des Lebens heitern Quellen;
Nun nicht mehr der Schmerz, die Wonne
Schließt den kaum erwachten Blick.
Doch bald strömt ein neues Leben
In die schnell geneß’ne Brust,
Sein erstarrtes Herz erwarmen
In der Vielgeliebten Armen,
Fühlt des jungen Lebens Lust.
Und zu seines Vaters Füßen
Will des Danks Gefühl ergießen:
Doch der König spricht: Zu preisen
Hast du einzig diesen Weisen;
Leben dankst du ihm und Glück.
Mir und meiner Wissenschaft;
Unsre Kunst hat enge Schranken;
Amor ist’s, der dich verwundet,
Er, durch den du jetzt gesundet: