Dem Geist der Schwere
Ihr könnt nicht fliegen? Es längst zu lernen
Gab ich euch Zeit und Rat:
In Liedern, leicht und schwebend,
– Ich sang sie nicht,
Mein Flügel flatterte sie –
That ich mein bestes Wissen auf:
Hörtet ihr besser zu,
Euch wuchsen Flügel an Armes Statt.
Nun blieben euch Arme: haltet sie fest!
Fest hält ja auch euch eines Armes Haft:
Schwer macht er die Flucht euch, schwer euch selbst,
Der Erde allliebender Mutterarm!
Auf den, ihr fluglosen Erdebelaster,
Auf euren Herrn, der Schwere Geist,
Vergönnt einem Freien, der ihm nicht fröhnt,
Ein flatterndes spielendes Spottlied!
Ja seht! so spott’ ich sein,
So flieg’ ich ihn zu Schanden,
So kehr’ ich seine Fügung um,
Sein Oben und Unten, sein Machtgebot!
Oben und Unten:
Euch ist’s beschieden, ich – schaff’ es mir;
Runder als eure ist meine Erde.
Wechsel und Wahl,
Der Schmetterlinge altes Recht,
An Blumen geübt und Blumendüften,
Mein Wille spielt mit eurem härtsten Muß …
Vor mir der Himmel, euer Himmel,
Im Rücken euer Abgrund,
Unter mir die Felsenwand,
Mit Runzeln bedeckt gleich Runen,
Meine Brücke, mein Pfad zwischen Himmel und Abgrund
Dort: jene Säule silbernen Glases, –
Ihr nennt sie Wassersturz,
Mir ist’s ein Strom, an dem ich wand’re,
Stromaufwärts, seiner Quelle zu …
Doch über mir, in jähem Mittag,
Die Sonne, eure Morgensonne;
Euren Augen schien sie nicht,
Da sie in meinem Morgen tagte!
Wie? da mit eurem Raum ich spielte,
Verspielt’ ich, verstellt’ ich mir auch die Zeit?
Erlebt’ ich eurer Träume fernsten,
Begrub, was euch lebendig dünkt?
O Geist der Schwere! enger Geist!
Der fliegend dein Gesetz verhöhnt,
Der Oben und Unten sich selber erschwingt,
So Wille als Macht, in Mitten der Welt: –
In welchen der Himmel, milchstraßen-entgürtet,
In welche der Tiefen, vom Lichte verlassen,
In welche entwölkteste Seligkeit
Wird der Freie sich selber entführen?